Norbert Valley vor Gericht

Wenn nötig bis vor den Gerichtshof für Menschenrechte

Diese Woche findet der Prozess gegen den freikirchlichen Pfarrer Norbert Valley statt, der einem abgewiesenen Flüchtling selbstlos Zuflucht gewährt hatte. Er will seinen Fall notfalls bis zur letzten Instanz durchziehen.
Norbert Valley (Bild: Screenshot swissinfo.ch)

Norbert Valley ist eine kantige Persönlichkeit mit einem grossen Herz und hohen Führungsqualitäten. Er hat unter anderem die Evangelische Allianz in der Westschweiz (Réseau Evangélique Suisse) und Interaction, den Verband der evangelischen Hilfswerke, präsidiert.

Nun steht er diese Woche wegen seiner Grossherzigkeit vor dem Regionalgericht La Chaux-de-Fonds. Er soll dafür bestraft werden, dass er einem abgewiesenen afrikanischen Flüchtling den Schlüssel zum Gemeindelokal gegeben hatte, damit er sich dort notfalls verköstigen und übernachten konnte. Dem betroffenen Flüchtling tut es heute leid, dass er den Pastor dafür in die Bredouille gebracht hat. Er hatte sich deswegen kürzlich sogar telefonisch in eine Pressekonferenz eingeschaltet.

Freiwillige Helfer und Menschenhändler im gleichen Topf

Die Chancen, dass Norbert Valley für seine uneigennützige Hilfeleistung durch ein Schweizer Gericht freigesprochen wird, sind klein. Denn das so genannte Solidaritätsdelikt wird in der Schweiz vorläufig nicht verschwinden. Der Nationalrat hat sich letzte Woche geweigert, die bestehende Regelung aufzuweichen. Dies hatte eine parlamentarische Initiative von Lisa Mazzone, aktuell Genfer Ständerätin (Grüne), gefordert. Die Sozialdemokratin Samira Marti hatte im Nationalrat beklagt, das Gesetz mache keinen Unterschied zwischen professionellen Schleppern und solchen, die aus humanitären Gründen handeln würden, Aktivisten und Kirchenangehörige würden mit Menschenhändlern in einen Topf geworfen. Sie erwähnte dabei den Fall von Norbert Valley. Dieser sei angeklagt worden, weil er einem Mann ohne Papiere erlaubt hatte, in der Kirche zu schlafen, als dieser keine andere Lösung finden konnte.

Die Angst der Politiker

Die Angst, renitenten abgewiesenen Asylbewerbern ein Hintertürchen zu öffnen, wiegt bei der bürgerlichen Ratsmehrheit offensichtlich schwerer als das Risiko, hilfsbereite Menschen, die sich eines Notleidenden annehmen, ins Gefängnis zu werfen. Ein Spiegel der aktuellen Mentalität und Gemütslage in der Schweiz, wenn es um Flüchtlinge und Migranten geht, die verzweifelt eine neue Existenz suchen.

Bereit, für Straflosigkeit von Nächstenliebe zu kämpfen

Der Prozess findet statt, weil Norbert Valley den Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Neuenburg nicht akzeptiert hatte. Dass man für eine solidarische Geste bestraft werden soll, findet er schockierend, wie Kari Kälin in der AZ festhält. Valley ist überzeugt, dass sein Handeln durch die Bundesverfassung gestützt ist, die Menschen in Not ein würdiges Dasein garantiere. Valley will notfalls bis vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte für seine Unschuld kämpfen.  

Warten auf Strassburg?

Valley weiss sich darin auch von Amnesty International unterstützt, die in Bern letzte Woche gefordert hat, Flüchtlingshelfer, die aus humanitären Gründen und ohne finanzielle Gegenleistung handeln, nicht länger zu kriminalisieren. In einem Bericht stellte die Menschenrechtsorganisation fest, die Schweiz stelle gerade in Bezug auf die Strafbarkeit der Nächstenliebe einen Sonderfall dar. Während in vielen europäischen Ländern – etwa allen Nachbarstaaten ausser Liechtenstein – Personen straffrei bleiben, wenn sie aus ehrenwerten Motiven handeln. Der Nationalrat hat jetzt die Position der Schweiz bekräftigt. Man darf gespannt sein, ob er demnächst von Strassburg zurückgepfiffen wird.

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Datum: 10.03.2020
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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