Ein Rennen auf Leben und Tod

Wenn die Entscheidung für den Gentest in der Schwangerschaft zur Routine wird, ist zu erwarten, dass sich das Bild von Krankheit und Behinderung ändert".

Mittels verschiedenster Methoden können Ärzte heute bereits während der Schwangerschaft feststellen, ob ein Kind gesund und normal ist. Wenn nicht, kommt unweigerlich Abtreibung zur Sprache. Denn oft fehlt es der Medizin an geeigneten vorgeburtlichen Therapien. Führt der Wunsch nach einem gesunden Kind zur Menschenselektion und in der Folge zur Diskriminierung von Mitmenschen, die nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechen? Das wäre nichts anderes als Eugenik. Ein Thema das aufgrund der neusten Entwicklungen in der Gentechnologie aktueller denn je ist!

"Aus dem Wunsch zum gesunden Kind ist heute ein gesellschaftlicher Zwang geworden, schreibt Werner Bartens. "Wenn die Entscheidung für den Gentest zur Routine wird, ist zu erwarten, dass sich das Bild von Krankheit und Behinderung ändert".

Schwangerschaft auf Probe

Die Zeiten, wo jedes Baby nach seiner Geburt einen Klaps auf den Hintern erhielt und dann zum ersten Mal untersucht wurde, sind vorbei. Ultraschall gehört heute zum Standard in gynäkologischen Praxen. Bei Verdacht auf Anomalie des ungeborenen Kindes werde einer schwangeren Frau Methoden wie die Fruchtwasser-punktion oder Chorionzottenbiopsie empfohlen, schreibt Peter Höhn vom Christlichen Zeugnis. Beide Verfahren ermöglichen es, aus der Gebärmutter spezifische Zellen zu entnehmen, die dasselbe genetische Muster wie das ungeborene Kind haben. Diese Zellen werden auf Chromosomenschäden und Erbkrankheiten hin untersucht. Man wolle feststellen, ob "beim Kind alles in Ordnung sei". Schliesslich solle es den bestmöglichen Start bekommen.

Für die meisten Embryonen allerdings entpuppt sich die vorgeburtliche Untersuchung gemäss "Christlichem Zeugnis" als Test auf Leben und Tod. Denn zwischen 80 und 90 Prozent aller schwangeren Frauen, denen der Arzt die Geburt eines behinderten Kindes in Aussicht stellt, entscheiden sich für eine Abtreibung.

Vorgeburtliche Diagnostik

Doch während immer mehr Krankheiten vorgeburtlich festgestellt werden können, bleiben die Möglichkeiten zur Therapie äusserst begrenzt. "Dem Immer-mehr-Wissen steht kein Immer-mehr-Können in der Behandlung gegenüber", schreibt der medizinische Wissenschaftsjournalist Werner Bartens und weist auf eine zusätzliche Schwierigkeit hin: Durch die Erkenntisfortschritte in der Genforschung ist die Differenzierung zwischen genetisch bedenklich und unbedenklich hinzugekommen. Diese Unterscheidung stimmt nach Bartens nicht immer mit der Unterscheidung von krank und gesund überein.

Es gebe beispielsweise genetisch bedingte Krankheiten, die ausbrechen können, aber nicht müssen. Und falls sie ausbrechen, ist weder der Zeitpunkt noch ihr Schweregrad vorhersagbar. Ähnlich sei es mit den körperlichen Merkmalen. Trotz genetischen Anlagen kommt es nicht immer zu einer Behinderung oder Fehlentwicklung. Die vorgeburtliche Untersuchung kann in vielen Fällen nur Wahrscheinlichkeitsgrade angeben, mit denen eine Krankheit eintreten wird, so "Christliches Zeugnis". Wie soll eine werdende Mutter mit solchen Diagnosen umgehen?

Der Zwang gesund zu sein

Im Kern geht es bei der Eugenik immer um dieselbe Frage: Welches sind die "guten" Erbeigenschaften und welches die "schlechten"?. Schlechte Gene wurden stets bei anderen festgestellt, nämlich bei Ungebildeten, Verarmten, Behinderten, Delinquenten und zuletzt bei Angehörigen einer missliebigen Rasse. Zu welchen Resultaten die Eugenik gerade an diesem letzten Punkt in Europa geführt hat, weiss jedes Schulkind.

"Von solch drastischen Tönen sei die heute aufklingende Form der Eugenik natürlich weit entfernt", so Höhn." Im Schaufenster der Versprechungen stehen gesunde Babys, glückliche Eltern, ja ganz allgemein die hübschen, intelligenten, starken und leistungsfähigen Menschen der Zukunft. Wer möchte schon einem solchen Glück zumal dem seiner Kinder im Weg stehen? Vergessen gehe dabei, dass der Erwartungsdruck an Ungeborene steigt und steigt."

Die Menschenwürde wahren

Die Menschenwürde ist zum fragilen Gut geworden. Das Wissen des Menschen über seine Erb(Anlagen) steigt stetig. Aber wie wird er damit umgehen? Wird der Mensch es verwenden, einen erbarmungslosen Ausscheidungskampf gegen Schwächere einzuleiten?, fragt Höhn. Wird er Angehörige anderer Rassen fortweisen, Leistungsschwächere sich selbst überlassen, Kranke und Behinderte beiseite schieben und noch mehr ungeborenes Leben vernichten?

Eugenisches Denken hat viele Formen, so der Kommentar von Peter Höhn und Stefan Goldbach im "Christlichen Zeugnis". Aber es folgt einem Grundmuster. Es definiert ein Ideal, das es anzustreben gilt. Wer das nicht erreichen kann oder "will" wird zum Hindernis für den "Fortschritt" erklärt und auf die eine oder andere Art bekämpft. Eugenik hat im Auge, was sie für erstrebenswert ansieht. Sie wird sich nie bemühen Wege zu sichern, auf denen Schwächere, Behinderte und Andersdenkende glücklich werden. Sie will funktionelle Effizienz, materiellen Profit und letztlich persönliche Bequemlichkeit. Abwerten, ausgrenzen, isolieren, vernichten, das sei das Prinzip.

Jesus aber verfolgte ein anderes Ziel: Wertschätzen, zurückgewinnen, integrieren, lieben. Seine grösste Aufmerksamkeit und Anstrengung galt denen, die in den Augen der Gesellschaft am wenigsten Wert haben. Dies wurde schon vor Jesu Geburt angekündigt. "Das geknickte Rohr zerbricht er nicht und den glimmenden Docht löscht er nicht aus", sagte der Prophet Jesaja (Jesaja, Kapitel 42, Vers 3). "Die Hilfe, die ihr meinen geringsten Brüder verweigert habt, die habt ihr mir verweigert". (Matthäus Kapitel 26, Vers 31 und 46).

Redigiert und gekürzt: Livenet, Antoinette Lüchinger

Quelle: Christliches Zeugnis, Livenet

Datum: 02.01.2004
Autor: Antoinette Lüchinger

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