Obwohl einige Flugzeugteile auf Strassen, in Vorgärten von Wohnhäusern und in der Nähe einer Behinderteneinrichtung einschlugen, gab es am Boden keine Verletzten. Für die entsetzte und trauernde Bevölkerung ist es ein Wunder, dass nicht noch Schlimmeres passierte. Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) dankte in den Medien Gott dafür, dass der Unfall nur in der Luft stattgefunden habe. Der Leiter des Ministerbüros des baden-württembergischen Kultusministeriums, Norbert Lurz (Stuttgart), bezeichnete das Unglück als Mahnung an die Überlebenden, zu sehen, dass ihr Leben in Gottes Hand liege. Man solle nicht nur nach Schuldigen für die Katastrophe suchen, sondern diese zum Anlass nehmen, nach Gott zu fragen. Menschen hätten erlebt, “dass auch im Sumpf schlimmster Unglücke Pflanzen des Trostes und der Hoffnung blühen können”. Mit einem ökumenischen Gottesdienst im Überlinger Münster und einem weiteren an einer der Hauptabsturzstellen gedachten mehrere tausend Menschen der Opfer. Später soll auch ein Dankgottesdienst stattfinden, kündigte Pfarrer Reinhard Schacht (Owingen) an. Auch nach Ansicht des Pressesprechers der Evangelischen Vereinigung für Bibel und Bekenntnis in Baden, Pfarrer Martin Kugele (Bretten bei Karlsruhe), muss das Unglück zu einer verstärkten Besinnung auf Gott führen. Wie die Attentate in New York und Washington und das Schulmassaker in Erfurt zeige auch dieser Flugzeugabsturz, wie wenig Sicherheit es im Leben gebe. Dies fordere die Kirche zu geistlichen Stellungnahmen heraus. Pfarrer müssten den nachdenklich gewordenen Menschen deutlicher sagen, dass sie in der von Unheil und Tod bedrohten Welt inneren Halt im Glauben an Gott und ewiges Leben durch eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus finden können. Kugele zufolge hielt Gott bereits zum zweiten Mal seine schützende Hand über Baden. Am 17. April 1990 stiessen zwei kanadische Militärjets über Karlsruhe zusammen. Als die brennenden Wracks über der Innenstadt abstürzten, wurden zwei Passanten verletzt. Laut Kugele ist es zu kurz gedacht, bei derartigen Unglücken nur nach den Schuldigen zu fragen. Die Bibel bezeichne solche Katastrophen als Aufforderung, “zu Gott umzukehren, solange es noch Zeit ist”. Menschen sollten aus der Gleichgültigkeit aufwachen und ihre Verantwortung vor Gott erkennen. Unter die Seelsorger und Psychologen, die den 550 freiwilligen Helfern von Feuerwehr, Rotem Kreuz und Technischem Hilfswerk sowie der entsetzten Bevölkerung zur Seite standen, mischten sich auch Mitglieder der vom Verfassungsschutz beobachteten Scientology-Organisation. Die Tageszeitung “Südkurier” (Konstanz) berichtete, dass elf Scientology-Mitglieder in gelben T-Shirts Anwohner der Unglücksstelle angesprochen und ihnen die “rettende Lösung für alle seelischen und körperlichen Schwierigkeiten” **angeboten hätten. Die betroffenen Gemeinden, die Bergungsmannschaften und die christlichen Notfallseelsorger hätten laut Südkurier den “dauergrinsenden” Scientologen jedoch “unmissverständlich klar gemacht, dass ihre Hilfe nicht erwünscht sei”. Der Krisenstab des Bodenseekreises habe die gesamte Bevölkerung vor den ungebetenen Helfern gewarnt. * * Scientology wünscht dazu folgende Gegendarstellung: „Weder wurden den Anwohnern die rettende Lösung für alle seelischen und körperlichen Schwierigkeiten angeboten’, noch wurde je eine Hotline der Polizei veröffentlicht. Auch hatten sich am 11.9.2001 Scientologen nicht unter die Helfer gemischt, sondern waren mit 700 Helfern eine offiziell anerkannte und von der Stadt New York belobigte Task-Force.“ ** wird von Scientology Zürich bestritten *** Die Scientologen präsentieren dafür ein anerkennendes Schreiben des Chefs der New Yorker Polizei, der den Einsatz verdankt.1990 stiessen zwei Militärjets über Karlsruhe zusammen
Unerwünschte “Hilfe” durch Scientologen
Für den Fall weiterer Kontaktversuche veröffentlichte die Zeitung eine Telefonhotline der Polizei. ** Auch nach den Attentaten des 11. September 2001 *** in den USA sowie dem Massaker im Erfurter Gutenberg-Gymnasium hatten sich Scientology-Mitglieder unter die freiwilligen Helfer gemischt. Die Bundesregierung schätzt die Zahl der deutschen Scientologen auf 5.000 bis 6.000, die Organisation selbst gibt 30.000 Mitglieder an.
Datum: 11.07.2002
Quelle: idea Deutschland