Kritik am Lehrplan 21

Beurteilungen werden ungerecht sein

Der Zürcher Bildungspolitiker und Sekundarlehrer Hanspeter Amstutz beurteilt den Lehrplan 21 kritisch – besonders im Blick auf die Sekundarstufe. Er schlägt Veränderungen vor.
Hanspeter Amstutz, engagierter Lehrer und Bildungspolitiker

Der Lehrplan 21 kommt beim Zürcher Bildungspolitiker Hanspeter Amstutz nicht gut an. Der EVP-Politiker war Mitglied des Bildungsrates des Kantons und zuvor Kantonsrat. Nun engagiert er sich im «Forum Kindgerechte Schule».

Ihn stört bereits der Umfang des Reformwerkes von 200 Seiten. «Ein guter Rahmenlehrplan sollte auf 20 Seiten Platz haben und klare Eckwerte sowie stoffliche Zielvorlagen ... formulieren», konstatiert er in einem Interview mit der Weltwoche Nr. 27/13. «Lieber schlank und verbindlich als ein detaillierter Papiertiger», meint der Praktiker.

Modisch, aber ungeeignet

Der Lehrplan 21 will einen «kompetenzorientierten» Unterricht einführen. Dieser Begriff sei zwar sehr in Mode, sagt Amstutz, doch Kompetenzen seien schwer zu beschreiben und noch schwerer zu beurteilen. Die Beurteilungen werden ungerechter sein, ist der Bildungspolitiker überzeugt. Der Grund: Gymnasiasten und Sek C-Schüler werden nach dem gleichen Massstab beurteilt, was gerade für schwache Schüler sehr frustrierend sein werde.

Weniger ist mehr

Eine Schwäche des neuen Lehrplans sei, dass er einerseits Minimalziele definiere, die möglichst alle Schüler erreichen sollten, doch die Fächerzahl sei noch ausgebaut worden. «Ein konzeptioneller Fehler». Amstutz: «Der schwache Schüler soll Abwahlmöglichkeiten haben und sich neben den Kernfächern auf jene Bereiche konzentrieren können, die ihm liegen. Wenn ein schwacher Schüler Maurer werden will und ein gewisses Faible für Geometrie hat, dann soll er dort einen Schwerpunkt bilden können und sich nicht mit einer zweiten Fremdsprache herumplagen müssen.» Ausserdem schlägt der Sekundarlehrer vor, das Gewicht in der Primarschule auf nur eine Fremdsprache zu legen und die zweite fakultativ anzubieten.

Gesunder Menschenverstand

Kritisch steht Amstutz auch Begriffen wie «Gleichstellung», «Genderfragen» und «interkulturelles Verständnis» im Vorschullehrplan gegenüber. Für Amstutz genügt hier eine Formulierung wie: «Man begegnet Mitmenschen und der Natur mit Respekt.» Hier sei einfach der gesunde Menschenverstand gefragt. Er sieht hinter den neuen Formulierungen die Vorstellung, die Schule könne «die ganze Welt verändern», indem sie alle Probleme der Gesellschaft löse. «Das geht aber nicht. Unser Grundauftrag ist ein anderer: In einer guten Schule lernen die Kinder, konzentriert zu arbeiten und elementare Bildungsinhalte aufzunehmen.» Das sei gerade heute angesichts der vielen Ablenkungen besonders wichtig.

Datum: 10.07.2013
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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