Christliche Schweizer Klinik leistet Pionierarbeit
leistet hier Pionierarbeit. Chefarzt René Hefti erklärt die neue Methode im Gespräch mit Livenet.
Stress kann gemessen werden durch das Analysieren der Herzraten-Variabilität (HRV).
Am Donnerstag 10. November 2011 stellt die Klinik diese Methode der Öffentlichkeit vor.
Wie misst man Stress genau?
René Hefti: Die Herzraten-Variabilität ist eine Methode, bei der man den
Puls misst. Und der Puls verändert sich von Schlag zu Schlag. Die Zeit
zwischen einem Herzschlag und dem nächsten ist also von einem Schlag zum
nächsten unterschiedlich und sie geben Auskunft über den Zustand des
Körpers. Genau genommen misst man das vegetative Nervensystem, den
Sympathikus und den Parasympathikus.
Wie misst man diese Sekundenbruchteile?
Das geschieht mit normalen EKG-Elektroden während 24 Stunden. Man beobachtet, wie sich die Werte verändern.
Weshalb laden Sie nun zu dieser Tagung?
In der Schweiz ist noch kaum bekannt, dass man mit dieser Methode sehr
genau messen kann, wie der Stresszustand des Körpers ist und dass man
die Leute durch diese Ergebnisse besser beraten kann. Im klinischen
Einsatz ist diese Anwendung in manchen Ländern seit etwa zehn Jahren, im
wissenschaftlichen Kontext wird sie schon seit 30 Jahren verwendet.
Seit wann wenden Sie diese Methode in der Klinik SGM an?
Wir wenden sie seit rund einem halben Jahr an. Sehr interessant ist die
Anwendung bei Burn-Out-Zuständen, denn mit dieser Methode kann man sehr
gut analysieren, in welchem Grad von einem Burn-Out sich jemand
befindet, ob es ein leichtes ist, ein mittelschweres oder sogar ein
schweres. Das ist sehr wichtig für die Massnahmen.
Die Stiftung hat einen christlichen Hintergrund, ist das mit ein Grund, dass Sie früh damit begonnen haben?
Ja, weil wir von Beginn weg einen ganzheitlichen Ansatz praktizieren.
Und Stress ist ein ganzheitliches Phänomen. Er betrifft Körper, Seele
und Geist.
Wird dieser Einsatz als Pionierarbeit bewertet?
Das möchten wir, wir wollen ein Kompetenzzentrum für die HRV-Messung
aufbauen, damit Ärzte ihre Patienten zu uns schicken können, damit wir
solche Messungen vornehmen.
Gibt es auch Überraschungen, dass sich Leute, die sich gestresst sehen, es gar nicht sind, oder umgekehrt?
Das ist das Spannende bei dieser Methode. Denn es ist sehr schwer zu
beurteilen, wie stark jemand gestresst ist. Wenn man dann die Auswertung
hat, die Zahlen und die farbigen Spektralbilder – sieht man, ob und wie
die eigene Einschätzung mit dem Signal des Körpers übereinstimmt.
Und Sie selber haben sich auch schon getestet?
Ja, das habe ich auch gemacht, ich war interessiert zu sehen, wie mein
Stresszustand als gestresster Arzt ist. Das Ergebnis aber will ich noch
nicht verraten, da ich das in einem Vortrag beleuchte, zum Thema «50
Jahre jung, was sagt die HRV».
Wenn jemand sehr gestresst ist, wie lange dauert es, bis man den Stress los wird?
Was man nun aus den Verläufen weiss, ist, dass sich der Körper nicht so
schnell ändert. Bei einem mittelschweren bis schweren Burn-Out kann es
drei bis neun Monate bis zur Genesung dauern. Das Interessante an der
neuen Methode ist auch, dass man prüfen kann, ob die therapeutischen
Massnahmen greifen.
Sie nennen in einem anderen Zusammenhang Studien, laut denen
Menschen, die gläubig sind, länger leben. Gilt dies auch für den Stress –
nämlich dass man durch den Glauben auch die Stress-Symtpome schneller
abtragen kann?
So einfach ist es nicht. Der Glaube kann durchaus auch Stress
verursachen. Durch den klinischen Einsatz wollen wir den Menschen in
ihrem Stressmanagement helfen. Im wissenschaftlichen Kontext machen wir
Untersuchungen, zum Beispiel ob Christen resistenter gegen Stress sind.
Gibt es da schon Resultate?
In einem Projekt testeten wir, wie stark eine Person mit dem Blutdruck
reagiert, wenn man sie mit standardisierten Stresstests stresst. Man
erkennt dadurch auch, wie gross die Gefahr ist, dass sich Bluthochdruck
entwickelt. Dabei entdeckten wir, dass Menschen, die religiös verankert
sind, im Durchschnitt resistenter sind und ihr Blutdruck weniger
ansteigt. Das ist ein wissenschaftlicher Hinweis, dass religiöse Leute
resistenter sind. Sie schütten weniger Stresshormone aus. Derzeit führen
wir drei weitere Forschungsprojekte aus.
Welche Krankheiten können Sie mit dieser Methode messen?
Sie kann sehr breit eingesetzt werden, von der Cardiologie, also der
Herzmedizin, bis hin zur Psychiatrie, weil die Stresszustände überall
sind. In einer Depression leidet auch der Körper und das ist messbar.
Wenn der Stress zu lange andauert, ist das für den Betroffenen nicht
günstig.
Hinweis:
Die Fachtagung «Herzratenvariabilität (HRV) – ein Schlüssel zur
Stressmessung?» wird in einer allgemein verständlichen Sprache
durchgeführt. Sie findet statt am 10. November 2011, nachmittags von
13.30 bis 18 Uhr, in der Klinik SGM in Langenthal. Anmeldeschluss ist
der 4. November 2011.
Webseiten:
Klinik SGM Langenthal
Flyer zur Fachtagung «Herzratenvariabilität (HRV) – ein Schlüssel zur Stressmessung?»
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Datum: 31.10.2011
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Jesus.ch