«Meine Zeichnungen sollen Lust auf die Bibel machen!»
Livenet: Heiner Schubert, wann entstand Ihre Leidenschaft für Comics?
Heiner Schubert: Als mein Vater den ersten Asterix-Band nach Hause brachte, war es um
mich geschehen. «Heftli lääse» war zwar bei uns verpönt, weil Verblödung
befürchtet wurde, aber Asterix war irgendwie nicht betroffen von diesem Verbot.
Lesen Sie heute immer noch gerne Asterix & Co?
Na klar, ausserdem «Le chat du rabbin», «Isaac le pirate», «Tintin» und
jede Menge Graphic Novels…
Wie reagieren die Leute, wenn Sie während einer Predigt anfangen,
biblische Comics zu zeichnen?
Mit ganz wenigen Ausnahmen sehr gut. Einzelne stören sich daran, wenn
ich biblische Geschichten beim Zeichnen noch mehr ausschmücke und Details
ausmale: wenn zum Beispiel der Jünger, der Hunger hat, unentwegt auf die Uhr schaut,
weil sein Magen so knurrt…
Was ist Ihr Ziel dabei? Welche Chancen bietet diese Art zu predigen?
Die beste Reaktion ist, wenn jemand sagt: «Ich habe die Geschichte
nachher nochmal in der Bibel nachgelesen.» Mein Zeichnen soll Lust auf die
Bibel machen. Ich lebe, seit ich denken kann, mit und irgendwo auch in den
Geschichten. Die Bibel ist die beste Begleiterin durchs Leben, die man sich
denken kann.
Haben Sie eine besondere Zielgruppe im Blick?
Diese Art, die Bibel zu zeichnen, funktioniert für jedes Alter. Es gilt,
ein paar Regeln zu beachten. Es geht zum Beispiel nicht, die Geschichten ins
Lächerliche zu ziehen oder sie so zu erweitern, dass die neue Erzählung der
ursprünglichen Absicht der Geschichte zuwiderläuft.
Welche Rolle spielt der Humor in der Predigt?
Das ergibt sich aus dem Abschnitt, den ich auslege. Es gibt Teile der
Bibel oder Situationen, in denen Humor fehl am Platz ist. Grundsätzlich halte
ich ihn aber für sehr wichtig. Nehmen Sie das Johannesevangelium. Ich gehe
davon aus, dass die ersten Christen teilweise laut lachten, wenn sie die lustigen
Antworten der Leute hörten, die mit Jesus sprachen. Als Beispiel kann Nikodemus
dienen, der allen Ernstes fragt, wie man als Erwachsener in den Mutterleib
zurückkriechen kann (Johannes Kapitel 3).
Wie muss eine Predigt heute sein, damit die Zuhörer sie spannend finden
und sich angesprochen fühlen?
Die Leute müssen vorkommen. Es hat keinen Zweck, Geschichtsvorträge zu
halten oder die Ergebnisse der Exegese vorzutragen. Das ist ja das Grossartige
an der Bibel: Wir kommen darin vor. Als Prediger bin ich sozusagen der
Spürhund, der diesen Trüffel finden muss.
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Datum: 04.11.2019
Autor: Meike Ditthardt
Quelle: Livenet