Im Zeichen des grossen Lichts: Eigen-Konferenz im Emmental

Ruth und Samuel Wyssen: eindrücklicher Familiengottesdienst (Fotos: Thomas Jordi, Huttwil)
Die Scheune des Hofs oberhalb von Grünenmatt
Jung und alt: Man trifft sich auf dem Eigen

Das gibt's nur einmal im Jahr, einmal in der Schweiz, dass 1'500 Personen sich fernab der Stadt versammeln, um Bibelauslegungen zu hören und ihr Leben zu überdenken. Am Sonntag ging die 95. Eigen-Konferenz auf dem gleichnamigen Bauernhof ob Grünenmatt im Emmental mit einem eindrücklichen Familiengottesdienst und Schlussreferaten zu Ende.

Den Rahmen der viertägigen, vom prachtvollen Sommerwetter begünstigten Konferenz bildeten vier Ansprachen des bekannten Theologen Rudolf Bohren zum Gesamtthema: ‚Jesus Christus - das Licht der Welt'. Die Veranstalter, ein Team des Evangelischen Gemeinschaftswerks (EGW), liessen zahlreiche weitere Pfarrer und Prediger zu Wort kommen, auch eine Gruppe von Diakonissen vom Ländli im Oberägeri und den Zürcher Bezirksrichter und EVP-Politiker Peter Schäppi.

In der Bibel nichts über die Nachtflugsperre - aber Leitplanken für eine Politik für Menschen

Schäppi sprach mit Beispielen aus seiner Praxis die Spannungen an, denen sich Christen im politischen Leben und im Justizbereich (etwa in Asylfragen) aussetzen, und meinte, eine christliche Politik gebe es nicht. "Es gibt nur eine von Christen geprägte Politik. Die Bibel gibt uns nämlich keine Antwort auf die politischen Tagesfragen." So sage sie nichts zum Ende der Nachtflugsperre oder zur Höhe der Kinderzulagen. "Gott lässt uns Menschen vielmehr freie Hand bei der Ausgestaltung der gesellschaftlichen Ordnung."

Aber die Werte der Bibel und ihr Menschenbild sind laut Schäppi "sehr wohl verlässliche Leitplanken bei der Ausgestaltung eines politischen Programms. So ist es sicher kein Zufall, dass die Familien- und die Sozialpolitik bei der EVP zu oberst auf der politischen Agenda stehen. In den letzten Jahren ist auch die Umweltpolitik nach oben gerückt." (Livenet dokumentiert morgen Auszüge des Referats von Peter Schäppi.)

‚Es geht um Gott, nicht um mein Wohlbefinden'

Der Hauptreferent Rudolf Bohren, vor seiner Pensionierung Professor für praktische Theologie in Heidelberg, wies in seinen vier Referaten immer wieder auf das Wesentliche hin: Es geht im Christsein um Gott, es geht nicht um "mich", um unser Wohlbefinden. Bestes Beispiel dafür, so Bohren, ist das Unser-Vater-Gebet. Hier kommt zuerst drei Mal "Dein": dein Reich, dein Wille, dein Name - dann viermal "unser" - und dann wieder dreimal "Dein": deine Kraft, dein Reich, deine Herrlichkeit!

Bohren wandte sich in seiner Schlussansprache auch gegen allzu viel "Pützerle" an der Seele. Ein heiteres Gemüt zu haben sei zwar schön, aber keine Voraussetzung, um Gottes Herrlichkeit zu spiegeln. In seiner ersten Ansprache hatte der durch seine Predigtlehre international bekannte Rudolf Bohren unterstrichen, dass Gnadengaben nie Privatsache seien. In seiner markigen Art betonte er, dass Gott nie jemand "hinters Licht" führe, sondern ins Licht. Auch wenn die Wege dazu nicht immer schön und mit Steinen bespickt seien und manchmal durch die Nacht führten. Zum Schlüsselsatz "Wer Jesus Christus nachfolgt, der hat das ewige Leben" sagte Bohren, das Licht von Christus mache uns zu "hablichen" Menschen (hablich = alter berndeutscher Ausdruck für "reich sein").

Lernen bei Familie Hase

Am Sonntagmorgen machten Ruth und Daniel Wyssen vom Semaja-Verlag (Worb) mit den 1'500 Besuchern einen Besuch im Wald bei Familie Hase. Hier lebt das Häschen Beni, das von seiner Familie Schattenhase genannt wird. Der Schatten ist Beni nicht egal, und er versucht ihn auf jede erdenkliche Weise loszuwerden: durch Verkaufen, durch Ignorieren, durch Davonrennen, durch Versenken im Schmutz und mit Abarbeiten - vergeblich. Er ist unglücklich, beschuldigt die Sonne, die ihm den Schatten verpasst. Ausserdem findet er es ungerecht, dass nur er Schattenhase genannt wird.

Nach langen Irrungen und Fehlversuchen hilft ihm seine Schwester, den Schatten loszuwerden: Sie stellen sich beide in das helle Licht der Mittagssonne und lassen sich von oben voll beleuchten: ein Happyend. Die niedliche Tiergeschichte - als Zeichnungen an die Leinwand projiziert und erzählt - unterhielt die Kinder bestens; den Erwachsenen diente sie als Gleichnis, wie Christen mit ihrem Schatten umgehen sollen: die Sonne - das Licht - suchen und sich erhellen lassen.

Datum: 16.07.2003
Autor: Peter Schmid

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