Was landeskirchliche Evangelikale und Charismatiker eint und trennt

Taube

Stetten. Zwischen Evangelikalen in den Landeskirchen und freien charismatischen Gemeinden gibt es mehr Gemeinsames als Trennendes. Das stellten Vertreter beider Bewegungen bei einer Begegnung in Echterdingen-Stetten bei Stuttgart fest.

Gemeinsam sei ihnen der Wunsch, Menschen mit dem christlichen Glauben bekanntzumachen; ferner eine sie das Vertrauen zur Bibel und das Wissen, dass das Reich Gottes grösser ist als eine einzelne Kirche. Für die jeweiligen Leitungsgremien sei es selbstverständlich, dass man sich nicht auf Kosten anderer Gruppen profiliere, stellte der EKD-Synodale und Vorsitzende der württembergischen Ludwig-Hofacker-Vereinigung, Pfarrer Volker Teich, fest. Volkskirchliche Traditionen und charismatische Aufbrüche seien verschiedene Wege zum gemeinsamen Ziel, Gott zu loben. Unterschiede gebe es beispielsweise in der Art zu evangelisieren und in der Bedeutung von Krankenheilungen. Gelegentlich erweckten Charismatiker den Eindruck, dass ein grosser Glaube körperliche Gesundung garantiere. Dem hielt Teich entgegen: “Auch im Leiden kann sich Gottes Liebe zeigen.”

Der Leiter des württembergischen Amtes für Missionarische Dienste, Pfarrer Werner Schmückle, warf Teilen der charismatischen Bewegung verletzende Darstellungen der Landeskirchen vor. Kritik übte er daran, dass die meisten Neuzugänge von charismatischen Gemeinden aus den Landeskirchen kämen. Die freien Gemeinden sollten sich ihre Mitarbeiter woanders holen.

Krankenheilungen werden unterbetont

Repräsentanten der charismatischen Bewegung wiesen die Kritik als “viel zu pauschal” zurück. Deutschlands grösste freie Gemeinde, die “Biblische Glaubensgemeinde” (BGG) in Stuttgart mit durchschnittlich 2.500 Gottesdienstbesuchern an den Wochenenden, nehme Mitarbeiter von anderen Gemeinden nur auf, wenn deren Leiter dem Wechsel zustimmten, sagte BGG-Leiter Peter Wenz. Man pflege freundschaftliche Beziehungen zur Evangelischen Allianz und sei Gastmitglied in der örtlichen Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen. Wenz, der auch dem bundesweiten Kreis Charismatischer Leiter angehört, bedauerte die Unterbetonung von Krankenheilungen in den deutschen Kirchen. Aus diesem Grund hätten esoterische Gruppen enormen Zulauf. In anderen Kontinenten rechneten Christen viel selbstverständlicher mit der heilenden Macht Jesu Christi.

Der Leiter der “Werkstatt für Gemeindeaufbau”, Pastor Michael Winkler, räumte ein, dass die meisten neuen Mitglieder von charismatischen Gemeinden vorher in einer anderen Kirche waren. “Wir haben zu wenig Neubekehrungen”, sagte er. Die Aufbruchstimmung in den 80er und 90er Jahren sei vorbei, und Gemeindegründungen seien selten geworden.

Datum: 20.02.2003
Quelle: idea Deutschland

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung