«Wer Menschen tötet, kann sich nicht auf Jesus berufen»
Der Amokläufer Anders Breivik tötet 2011 76 Menschen. Er sah sich selbst als Christ und Kreuzritter, der gegen Islam und Marxismus kämpft. In Uganda kostet ein Bürgerkrieg der «Lords Resistance Army» 100'000 Menschen das Leben. Ihr Anführer Joseph Kony hält sich für das Sprachrohr Gottes. Es sind zwei der fünf Beispiele eines ZDF-Videos, das im Internet unter dem Titel «Töten für Jesus: Christlich motivierter Terrorismus» kursiert.
Autor Konstantin Flemming nennt zudem noch den Kuklux-Klan als fundamentalisitisch-protestantische Organisation. Ausserdem spricht er von Indien, wo bewaffnete christliche Gruppen einen eigenen Staat im Norden und Nordosten des Landes fordern und dem Libanon, wo bis zum Ende des Bürgerkriegs 1990 christliche Milizen Massaker an Muslimen verübten. Aufgrund der sehr plakativen Darstellung in dem ZDF-Video hat pro bei OpenDoors nachgefragt - einer Organisation, die sich um verfolgte Christen kümmert.
pro: Herr Greve, wie sind Sie auf den Beitrag «Töten für Jesus» aufmerksam geworden?
Ado Greve:
Als Mitarbeiter im Pressebüro von Open Doors lese ich täglich relevante
Beiträge zum Thema Christenverfolgung, sowohl online als auch in
Printmedien. Eine Zeitung hatte zum Wochenende darüber berichtet,
deshalb wurde ich auf das Video «Töten für Jesus» von ZDF-Info
aufmerksam.
Wie haben Sie reagiert?
Ich
war bestürzt, als ich das Video sah. Öffentlich-rechtliche Sender sind
angehalten, die demokratischen und rechtsstaatlichen Werte hochzuhalten
und zu fördern. Ausserdem haben sie mit Blick auf die Gesellschaft einen
Bildungsauftrag. Dafür werden sie mit entsprechenden Mitteln gefördert.
Sie sollen den Zuschauern ermöglichen, sich eine freie Meinung zu
unterschiedlichen Themen zu bilden. Der ZDF-Beitrag verdreht jedoch die
gesamte neutestamentliche Botschaft der Nächstenliebe, indem Mörder und
Sektierer undifferenziert als Christen dargestellt werden. Unfassbar,
dass sowas beim ZDF durchgeht.
Kritiker werden sagen, dass Christen Menschenleben auf dem Gewissen haben. Was entgegnen Sie Ihnen?
Jesus
hat uns ein Beispiel gegeben, wie wir handeln sollen. Er hat sein Leben
hingelegt, um andere zu retten. Das ist das Wesen und der Kern des
christlichen Glaubens. Wer Menschen tötet, kann sich nicht auf Jesus
berufen. An vielen Stellen, wie in der Bergpredigt, stellt er sich klar
gegen das Töten: «Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du
sollst nicht töten» und verstärkt sogar noch dieses Gebot.
Manche Zuschauer haben eine Programmbeschwerde beim ZDF eingelegt. Wurde mit dem Beitrag die Wahrheit mit Füssen getreten?
Ich frage mich, welches Ziel der Redakteur hatte? Um Wahrheit ging es ihm nicht.
Ist es möglich, ein so komplexes Thema in einem 90-Sekunden-Video behandeln?
Ein
so komplexes Thema braucht eine ausgewogene Herangehensweise, dazu
gehört die Darstellung unterschiedlicher Sichtweisen. Das ist sicher
nicht in 90 Sekunden zu machen. Dieses Video ist ein einseitiges
antichristliches Propagandavideo. Ich hinterfrage nochmals die
Zielsetzung der Redakteurs und damit des ZDF.
Christen
werden als Zwangsmissionare und Vergewaltiger dargestellt. Sie merken
in ihrer Arbeit immer wieder das genaue Gegenteil. Die Rechte von
Christen werden mit Füssen getreten.
Das
Video will provozieren. Deshalb brauchen die Aussagen im Video keinen
weiteren Kommentar. Von Gegnern des christlichen Glaubens werden gerne
die Kreuzzüge als Beleg für die Gewaltbereitschaft von Christen
angeführt. Doch damals wie heute haben Menschen im Namen der Kirche die
biblische Botschaft verdreht, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen. Das
haben Vertreter der Kirchen jedoch deutlich verurteilt und für diese
Taten stellvertretend um Vergebung gebeten, denn Zwangsmissionierung
entspricht nicht dem Geist des Evangeliums und widerspricht der Lehre
von Jesus. Open Doors steht verfolgten Christen in etwa 60 Ländern zur
Seite. Leider erhalten wir aus etlichen dieser Länder Berichte, dass
insbesondere christliche Mädchen und Frauen vergewaltigt und zu einer
anderen Religion gezwungen werden. Vergewaltigung ist ein abscheuliches
Verbrechen, ganz gleich welches Mädchen aus welcher Religion betroffen
ist.
Hat Open Doors vor, sich zu dem Video zu positionieren?
Ich
denke, unsere Position wird in diesem Interview sehr deutlich. Wir sind
froh zu hören, dass bereits verschiedene Personen Beschwerde beim ZDF
eingereicht haben. Hoffentlich werden es noch mehr. Wir konzentrieren
uns in unserer Arbeit auf die Länder, in denen Christen laut
Weltverfolgungsindex am stärksten verfolgt werden. Anders als in diesen
50 Ländern haben wir in Deutschland Meinungs- und Religionsfreiheit und
genügend beherzte Christen, die sich gegen eine Diskriminierung und
Diffamierung des christlichen Glaubens durch Medien wehren. Geschehnisse
wie das vorliegende registriert Open Doors jedoch aufmerksam. Das ZDF
und die Verantwortlichen sollten dieses Video schnellstmöglich aus ihrer
Mediathek nehmen und sich gemeinsam mit der Chefredaktion dafür
entschuldigen.
Hier das ZDF-Video «Christlich motivierter Terrorismus»:
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Datum: 28.06.2018
Autor: Johannes Blöcher-Weil
Quelle: Christliches Medienmagazin pro | www.pro-medienmagazin.de