Lehrerin baut mit am jüngsten Staat der Welt
«Erst wollte ich eigentlich gar nicht», sagt Simone Illi rückblickend, «aber dann dachte ich, es gibt wohl nichts Besseres, als im Willen Gottes zu leben.» Ihr Entschluss führte sie in eines der unsichersten, aber auch hoffnungsvollsten Länder Afrikas. Statt in einem soliden Haus nach schweizerischem Standard wohnt sie in einer Strohhütte im Südsudan, ohne fliessendes Wasser - «dafür mit einem Gaskocher».
Immer eine «Attraktion»
Das bescheidene Domizil befindet sich auf dem Campus des «Yei Teachers Training College». An der christlichen Schule werden Primarlehrer ausgebildet. Die Ausbildungsstätte wurde 2001 von der Nicht-Regierungsorganisation «Across» gegründet, welche von «TearFund» unterstützt wird. Simone Illi unterrichtet dort Englisch und Mathematik und leitet eine Mentorengruppe. Als einzige Nichtafrikanerin sei sie immer eine «Attraktion», was manchmal etwas anstrengend sei. Trotzdem hat sich die 30-Jährige inzwischen ganz gut eingelebt.
«Life-Skills» vermitteln
2008 reiste Simone Illi zum ersten Mal in den Sudan, um Nachforschungen für ihre Masterarbeit zu machen. Feuer und Flamme für die Mission war sie deswegen aber noch lange nicht: «Ich wusste danach nicht, wie es weitergeht, nur dass ich nicht immer am gleichen Ort bleiben wollte.» Es brauchte noch viele Gebete und Gespräche, bevor sich Simone Illi im November 2010 auf das Abenteuer Afrika einliess.
Heute ist sie sicher, dass es die richtige Entscheidung war. Ihre Arbeit könnte kaum spannender sein. Wann hat man schliesslich die Möglichkeit, einen ganz neuen Staat mitzuprägen? Simone Illi versteht sich als Multiplikatorin, die Leute ausbildet, die dann selbst Ausbildner werden. Es gehe nicht nur darum, Wissen zu vermitteln, sondern «Life-Skills» weiterzugeben. Themen wie: Konfliktschulung, richtiger Umgang mit Geld, Aidsprävention und nicht zuletzt der christliche Glaube.
Neues Selbstvertrauen
Hier einen Beitrag leisten zu können, ist für Simone Illi ein absolutes «Privileg». Durch die neue Unabhängigkeit herrscht eine seltene Euphorie im Land. Studenten, die noch vor Kurzem nicht wussten, ob sie «in einem Jahr noch leben», entwickeln langsam eine Perspektive, gewinnen Hoffnung und Selbstvertrauen. Immer wieder gibt es kleine Erfolgserlebnisse. Einige wollten die Schule schon aufgeben, weil sie nur Arabisch konnten. Inzwischen trauen sie sich sogar, englische Texte laut vorzulesen.
Bürgerkrieg nicht lange her
Allerdings ist die allgemeine Lage alles andere als gefestigt. Die junge Nation hat noch einen langen Weg vor sich, die Herausforderungen sind riesig. 90 Prozent der Bevölkerung leben von weniger als einem US-Dollar am Tag. Immer wieder kommt es zu Überfällen auf Dörfer, Menschen kommen um und werden entführt.
Dennoch fühlt sich Simone Illi sicher. Ausser nachts bewegt sie sich völlig frei in der Stadt Yei. «Man darf heute sogar Fotos von Militär und Polizei machen, was früher unmöglich war.» Aber auch sie weiss, dass eine gute Zukunft von vielen Faktoren abhängt. Besonders von mutigen Menschen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und sich für andere einzusetzen. Simone Illi geht mit gutem Beispiel voran.
Ein neuer Staat
Nach Ende des Bürgerkriegs wurde 2005 ein Friedensabkommen unterzeichnet. Der Sudan erhielt eine gemeinsame Nord-Süd-Regierung. Nach einer Abstimmung wurde am 9. Juli der souveräne Staat ausgerufen. Nach wie vor ist die Sicherheitslage angespannt. Bewaffnete Überfälle erschweren den Einsatz der Hilfsorganisationen, teilt das Entwicklungs- und Nothilfewerk TearFund mit.
Dieser Artikel wurde uns freundlicherweise von Idea zur Verfügung gestellt.
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Webseiten:
Across - Sudan
TearFund
Datum: 20.09.2011
Autor: Christof Bauernfeind
Quelle: idea