Wohin driftet die deutsche Diskussion ums Klonen?
Der ehemalige SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel bedauerte die Entwicklung in Grossbritannien. Es sei mit dem im Grundgesetz verankerten Schutz des menschlichen Lebens nicht vereinbar, wenn Embryonen erzeugt würden, um sie zu vernichten, sagte der Politiker im Deutschlandfunk. Vogel ist Mitglied im Ethikrat, der Empfehlungen zur Frage einer Zulassung des Forschungsklonens vorlegen will.
"Keine einheitliche Stellungnahme"
Vogel betonte, der Ethikrat werde keine einheitliche Stellungnahme und kein Mehrheitsvotum veröffentlichen. Das sei auch nicht seine Aufgabe, da es sich nicht um ein parlamentarisches, sondern um ein Beratungsgremium handele. Es gebe im Ethikrat grundlegende Meinungsverschiedenheiten über den Status des Embryos und darüber, ob er bereits mit der Verschmelzung von Ei und Samenzelle den vollen Status der Menschenwürde geniesse. Deshalb werde der Ethikrat lediglich verschiedene Argumente und Denkweisen darlegen. Eine Entscheidung über das therapeutische Klonen sei Aufgabe des Parlaments.Grenze überschritten
Als "biopolitischen Weichmacher des Bundeskanzlers" kritisierte die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Maria Böhmer (CDU), den von Gerhard Schröder berufenen Ethikrat. Er überschreite bewusst Grenzen, um ethisch problematische Entwicklungen zu legitimieren, erklärte sie in Berlin. Damit behindere das Gremium die zukunftsgerichtete Diskussion über medizinisch attraktive und ethisch unbedenkliche Wege in der Stammzellforschung.
Nach Böhmers Auffassung nimmt der Ethikrat die Bedeutung der adulten Stammzellen, der Stammzellen aus Nabelschnurblut und aus Fruchtwasser nicht ausreichend wahr. Die Mitglieder des Gremiums seien nicht auf dem neuesten naturwissenschaftlichen Stand.
FDP will Lockerung des Verbots
Die deutsche FDP bekräftigte ihre Forderung nach einer Lockerung des Verbots des therapeutischen Klonens. (Im vergangenen Jahr hat sich im Bundestag eine grosse Mehrheit von SPD, Union und Grünen für ein weltweites Verbot jeglicher Formen des Klonens ausgesprochen.) Die Bioethik-Expertin der Liberalen, Ulrike Flach, begrüsste in Berlin zugleich, dass es entsprechende Stimmen auch im Nationalen Ethikrat gebe. Dies zeige, dass verschiedene Experten mit hoher ethisch-moralischer Integrität zu völlig verschiedenen Ergebnissen kommen könnten.
Während das reproduktive Klonen (das technische Erzeugen von Menschen) auf grundsätzliche Ablehnung stösst, sprachen sich einige Mitglieder des Rates in den vergangenen Tagen für eine Liberalisierung des so genannten therapeutischen Klonens oder eine erneute Bundestagsdebatte hierüber aus. Flach bewertete es als richtig, dass der Rat in der Frage keine formale Abstimmung vornehmen wolle. Ethische Fragen eigneten sich nicht für Zahlenspiele.
Embryonenverbrauch gegen Hoffnung auf Therapie-Erfolg
Für die Gegner des therapeutischen Klonens ist das Verfahren nicht mit der Menschenwürde zu vereinbaren, weil dabei menschliche Embryonen produziert und nach der Entnahme nutzbaren Materials vernichtet werden. Ferner machen sie geltend, dass bisher keine Therapie-Erfolge nachzuweisen seien. Sie befürworten die ethisch unbedenkliche Forschung an Stammzellen von lebenden Menschen. Die Befürworter erhoffen sich aus dem Verfahren langfristig Therapien gegen Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson.
Embryonenverbrauch – brechen die ethischen Dämme?
www.livenet.ch/www/index.php/D/article/151/7527/
Datum: 21.08.2004
Quelle: Kipa