Ausgangspunkt für das neue Projekt war laut Projektleiterin und Kirchenpflegerin Eva Häuselmann die eigene Betroffenheit: Mitglieder der Kirchenpflege hatten im eigenen Familien- und Bekanntenkreis miterlebt, welche Belastung die Stellenlosigkeit auch für gut ausgebildete, hochmotivierte Berufsleute darstellt: Ziele, die mit grossem Einsatz verfolgt wurden, waren plötzlich total in Frage gestellt. Die eigenen Anstrengungen galten nichts mehr. Dazu kamen Erfahrungsberichte von betroffenen Personen über ihre Isolation, Ohnmacht und Unsicherheit. Das ging unter die Haut. So wurde entschieden, speziell für diese Personengruppe ein Projekt zu lancieren. Mitzuhelfen, dass diese Menschen wieder Boden unter die Füsse bekommen und die schmerzliche Situation bewältigen, wurde zum visionären Vorhaben, dem nach ausführlichen Vorabklärungen in Expertenkreisen konkrete Taten folgten. „Kompass“ gliedert sich in vier Module, welche die Stellensuchenden auch einzeln besuchen können. Angeboten werden jeweils am Montagmorgen vier Zeiteinheiten: Zeit für Begegnung mit andern Mitbetroffenen, Zeit für Stille und Besinnung, Zeit für Orientierung und schliesslich kurz vor Mittag Zeit, gemeinsam zu kochen und zu essen. Leiter des „Kompass“ ist Peter Baumgartner: Der selbständige Ausbildungsleiter und Autor des Buches „Lebensunternehmer“ weiss aus eigener Erfahrung, wie hart die Jobsuche werden kann, wenn scheinbar alle Stricke gerissen sind und die versuchte Rückkehr in die Welt der Arbeit „wie ein Streifzug durch eine widersprüchliche Landschaft“ empfunden wird. Für den Unternehmer kann - im Bild gesprochen - der Aufbruch zu neuen Ufern aber nur gelingen, wenn sich Stellensuchende wieder auf sich selber, auf ihre Ressourcen, Wünsche und Visionen zurückbesinnen. Peter Baumgartner behauptet sogar kühn: „Wenn Sie Ihrem Herzenswunsch folgen, werden Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt steigen“. Es geht im evangelisch-reformierten Arbeitslosenprojekt von Thalwil also nicht darum, wie in üblichen Arbeitslosen-Coachings die Bewerbungsunterlagen zu optimieren oder Fachkenntnisse zu pauken. Es versteht sich vielmehr als niederschwellige Plattform, um unter kundiger Leitung längst Verschollenes zu üben: Etwa naheliegende Chancen in der Hektik nicht zu übersehen, die Botschaft für das eigene Leben im Hier und Jetzt zu verstehen, sich neu zu orientieren, zu entspannen, die Isoliertheit zu überwinden und „Herzenswünschen“ wieder Raum zu geben. „Kompass“ will eine Möglichkeit schaffen, um der Arbeitslosigkeit ganzheitlich entgegenzutreten. Im Modul „Zeit für Begegnung“ und „Zeit für Orientierung“ werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor allem Peter Baumgartner begegnen. In der „Zeit für Stille und Besinnung“ wird die Thalwiler Pfarrerschaft im Raum der Stille im reformierten Kirchgemeindehaus alternierend einen Impuls gestalten. Neben Kopf und Herz hat im „Kompass“ auch die Hand ihren Platz: Unter Leitung von Vroni Zwygart, Kochlehrerin unter anderem bei Betty Bossi, wird beim Zubereiten von Mahlzeiten das Gesellige und Sinnliche wichtig werden, wobei selbstverständlich auch Anfängerinnen und Anfänger willkommen sind. Projektleiterin Eva Häuselmann sagt ganz generell: „Unser Angebot richtet sich in erster Linie an Menschen, die für ihre berufliche Laufbahn viel Zeit, Geld und Kraft investiert haben und durch die plötzliche Stellenlosigkeit aus der Bahn geworfen wurden. Der Kompass gibt Impulse, um diese Auszeit auch als Chance zu nutzen.“ Das Angebot, für das die Kirchgemeinde Thalwil einen grossen Betrag investiert, ist gratis. Die Module können auch einzeln besucht werden. Eine Anmeldung ist nicht nötig. (Ausnahme: Für den Kochkurs wird um Anmeldung gebeten und ein Unkostenbeitrag erhoben). Das Pilotprojekt ist vorläufig auf vier Monate befristet. Autor: Viviane SchwizerEigen Betroffenheit
Selbstfindung und Neuorientierung
Dem eigenen Herzenswunsch folgen
Kostenlos und ohne Anmeldung
Datum: 13.10.2003
Quelle: Kipa