Neuer alter Trend

Partnerschaft mit klaren Rollen

In der modernen Partnerschaft sind die Rollen wieder klarer verteilt. Der Trend geht zurück zu einem traditionelleren Rollenverhalten, wenn auch nicht zum früheren Zustand. Vielen Frauen ist es recht so.
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Nicht nur die Zunahme von Singlehaushalte liegt im Trend. Treue und deutlicher ausgeprägtes Rollenverhalten von Frau und Mann scheint wieder an Terrain zu gewinnen. Acht von zehn Personen sind laut Statistiken in irgendeiner Form liiert. Birgit Schmid hat in der Neuen Luzerner Zeitung (NLZ) über eine Untersuchung berichtet.

Die Zweierbeziehung liegt wieder im Trend. Die Spassphase scheint vorbei zu sein und eine neue Verbindlichkeit wieder gefragt. Laut der NLZ waren wir von der 68er-Generation, die der Paarbeziehung den Tod erklärte, damit Frau sich emanzipieren konnte, nie weiter entfernt als heute: Wir nehmen, was an bisherigen Errungenschaften da ist, sagt sich das heutige Paar. Dann ziehen wir uns auf die Beziehungsinsel zurück und machen daraus, was wir wollen. Emanzipation, das ist die freie Wahl einer Lebensform.

Zufrieden mit der Aufgabenteilung

Dabei übernimmt auch in den neuen Partnerschaften weiterhin die Frau den grösseren Teil der Haus- und Familienarbeit. Eine laufende Untersuchung am Ausbildungsinstitut für systemische Therapie und Beratung in Meilen, bei der 800 junge Paare in der Schweiz, in Österreich und Deutschland zu ihrem Beziehungsalltag befragt wurden, kommt zum Befund: Es wird die pure Ungleichheit praktiziert. Sie sortiert die Wäsche, schrubbt den Boden, wechselt Windeln; er repariert den tropfenden Wasserhahn, unterhält das Cheminée, managt das Grillfest, fährt samstags im Auto zum Grosseinkauf und wäscht dieses dann mit Inbrunst. Und, was niemand gedacht hätte: Zwei Drittel der Frauen und über drei Viertel der Männer sind zufrieden mit der Aufgabenteilung.

„Emanzipation ist kein linearer Modernisierungsprozess mit einem Endziel“, sagt der deutsche Soziologe und Studienleiter Bruno Hildenbrand dazu. Vergessen ginge beim Anstreben der besten aller Welten, die man zwischen Wickelkissen und Herd installieren will, dass es universelle Grundbedürfnisse gebe. Autonomie und Individualität in der Paarbeziehung seien wichtig – aber es gebe auch die Bindungsseite, die dem Gleichheitstotalitarismus zuwider laufe. Das heisst auch Null Toleranz beim Fremdgehen: Für 80 Prozent ist Treue eine unbedingte Forderung.

Geschätzt werden „Gegenseitigkeit“, „Geborgenheit“ und „Zuverlässigkeit“; dass man „einen Anker“, „ein Zuhause“, „eine sichere Insel im Sturm“ hat; man empfindet sich als „Team“ mit gemeinsamen Plänen und Zielen, stellt auch die Paartherapeutin Rosmarie Welter-Enderlin fest.

Trotzdem: Der Mann als alleiniger Ernährer der Familie hat ausgedient. Frau wie Mann (73 Prozent der Befragten) ist es wichtig, dass beide einen Beitrag zum gemeinsamen Einkommen beisteuern. Dass der Beitrag der Frau kleiner ausfällt, weil sie schlechter verdient oder Teilzeit arbeitet, stört viele Paare hingegen nicht.

Schmid fragt nach den Gründen für „die Hartnäckigkeit der Ungleichheit im häuslichen Bereich“ und kommt zum Schluss: Die Liebe steht dem Prinzip der Gleichheit entgegen, da sie auf Freiwilligkeit und Unbedingtheit basiert. Zum Glück sei die Zeit vorbei, als jedes Gespräch Beziehungsarbeit war und alles gegenseitig ausgehandelt werden musste.

Talent einsetzen

„Paare sind keine Unternehmen“, sagt Rosmarie Welter-Enderlin. Und sie findet auch das Ideal der Fifty-fifty-Gleichverteilung Unsinn. Frauen sagen: „Wenn ich besser koche als mein Mann, will ich doch nicht, dass er kocht! Er soll statt dessen anderes erledigen.“

Geschlechterrollen sind nicht ausrottbar, so der Befund der Paartherapeuten. Mann und Frau, so emanzipiert ein Paar auch ist und ungeachtet der strukturellen Benachteiligung von Frauen in vielen Bereichen, tragen wesentlich zu dieser Ungleichheit bei. Könnte doch etwas dran sein an der kulturanthropologischen These vom Familienkult via Hauswirtschaft? Demnach ist es auch in modernen Gesellschaften Sache der Männer, Geld zu verdienen. Sache der Frauen sei es, Geld in Liebe zu verwandeln.

Datum: 28.06.2004
Quelle: SSF

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