Britische Spitäler

«Viele betagte Patienten könnten länger leben»

Britische Ärzte setzen bei schwerkranken Betagten Infusionen und Wasser ab und lassen sie sterben, obwohl sie noch zu leben hätten. Der Neurologe Prof. Patrick Pullicino hat diese Praxis als «Todespfad» an den Pranger gestellt.
Patrick Pullicino: «Ohne sorgfältige Untersuchung» würden Menschen auf den «Todespfad» geschickt.

Jährlich sterben in britischen Spitälern 130'000 Menschen auf dem so genannten Liverpool-Behandlungspfad (Liverpool Care Pathway, LCP). Laut Patrick Pullicino, Professor für klinische Neurologie an der Universität Kent, setzen Ärzte manche Patienten auf den LCP, der innert Tagen zum Tod führt, ohne sie sorgfältig untersucht zu haben. Der Bettenmangel in den Kliniken und Schwierigkeiten, verwirrte und unruhige Betagte zu pflegen, trügen nicht selten zum Entscheid bei.

Ohne Wasser und Nahrung

Pullicino sprach am 18. Juni 2012 vor der Royal Society of Medicine in London. Laut der Zeitung Daily Mail, die darüber berichtete, kommt der LCP-Behandlungspfad, in den 1990er Jahren in Liverpool entwickelt, in über 300 Spitälern, 130 Hospizen und 560 Pflegeheimen Grossbritanniens zur Anwendung. Dabei können betagten Patienten, die als nicht mehr therapierbar gelten, Wasser- und Nahrungsinfusionen vorenthalten werden und sie erhalten sedierende Medikamente.

Oberflächliche Diagnose

Pullicino berichtete von einem 71-jährigen Mann, den er selbst aus dem LCP herausgeholt hatte. Der behandelnde Arzt hatte ihm nur noch Stunden zu leben gegeben. Infolge Pullicinos Bemühungen (die Angehörigen hatten dem LCP nicht zugestimmt) konnte er jedoch vier Wochen später das Spital verlassen und lebte weitere 14 Monate.

Euthanasie statt Pflege

Der Professor betonte in London, es sei wissenschaftlich nicht gerechtfertigt, den Eintritt des Todes in einer Zeitspanne von drei oder vier Tagen vorauszusagen. Die Ansichten von Ärzten und Pflegenden über die Aussichten und vermutliche Lebensqualität eines Patienten gäben allzuoft den Ausschlag. Wenn aber keine objektiven Gründe fürs Einleiten des LCP vorlägen, werde aus dem Behandlungspfad ein Todespfad (assisted death pathway).

Pullicino folgerte: «Sehr wahrscheinlich werden durch den LCP viele betagte Patienten getötet, die deutlich länger leben könnten … Wenn wir den LCP akzeptieren, akzeptieren wir, dass Euthanasie zu den normalen Sterbeweisen gehört, da er nun mit 29 Prozent der Todesfälle im staatlichen Gesundheitsdienst NHS in Verbindung gebracht wird.»

Datum: 22.06.2012
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet

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