«Menschen am Bahnhofplatz»

Randständige als Schauspieler auf der Musical-Bühne

«Wir erlebten drei wundervolle Tage und wir hatten dreimal Full-House», freut sich Daniela Fleischmann vom Sozialwerk «Hope» in Baden über das vergangene Wochenende. Randständige standen beim Musical «Menschen am Bahnhofplatz» auf der Bühne,
Musical «Menschen am Bahnhofplatz» von «Hope» Baden
Szene aus dem Musical

umrahmt von einem Gospelchor. Mit dabei waren die Rapper Sent und Alvin.«Die Besucher spürten, dass es echt ist, keine Show, sondern Realität», blickt Daniela Fleischmann, Geschäftsleiterin von «Hope – Christliches Sozialwerk» in Baden, im Gespräch mit Livenet auf das vergangene Wochenende zurück. «Die Texte waren echt. Auf Videos wurden Lebensberichte gezeigt. Diese machten betroffen. Viele Menschen wussten nicht, was geschieht, bis jemand an einem solchen Punkt angekommen ist.»

Eine Person lebt beispielsweise seit zwei Jahren im Keller. «Ich sagte zu den Leuten, dass man es ihnen nicht ansieht. Sie leben unter uns.»

Den Tränen nahe

Das Musical-Team stand mit Herzblut dahinter. «Von den Leuten auf der Gasse hatten wir sicherheitshalber Aufnahmen gemacht. Eine Person fiel aus, weil es ihr nicht gut ging.» Sein Part wurde als Aufnahme eingespielt. «Die anderen vom Team hatten Tränen in den Augen, weil sie wissen, dass er erst 30 Jahre alt ist und wie schlecht es ihm geht. Auch die Besucher waren den Tränen nahe.»

Die Auswirkungen liegen in Gottes Händen. «Wir müssen nicht alles sehen. Was er daraus macht, dafür sagen wir ihm 'Danke'. Ich beobachte, dass er wirklich Herzen bewegt hat. Und Veränderungen geschehen durch bewegte Herzen. Das ist eines der ganz grossen Dinge, die wir sehen. Ob wir nun eine Bewilligung schneller erhalten oder eine Unterstützung, wissen wir nicht.» Gott arbeitete auch an den Herzen der Mitwirkenden. Die Musical-Sänger sagten immer, dass es einen Engel geben müsse, weil sonst der Joe (die Hauptperson im Musical, die durch den Pantomimen Tommi Zeuggin verkörpert wurde) schon länger gestorben wäre.

Bewahrt geblieben

Mit dem Spoken-Word des Rappers Sent wurde zudem die Haltung hinter dem Anlass gezeigt und welchen Wert die beteiligten Menschen haben.

Das Ziel war auch, Ideen zur Verbesserung der Lage zu sammeln. «Der grösste Rücklauf erfolgte am Samstagmorgen, wo ich es am wenigsten erwartet hatte. Das werten wir nun aus.»

Eindrücklich sei auch die Bewahrung gewesen. «In der Nacht von Freitag auf Samstag waren Vandalen unterwegs. Über der Kupplung des Technik-Anhängers war ein Sicherheitsschloss angebracht. Dieses wurde zerstört. Dazu war viel Kraft notwendig. Aber im Zelt drin war nur ein Orangensaft ausgelehrt worden, Stellwände waren umgestossen, etwas von der Deko heruntergerissen und der Inhalt der Apotheke war etwas verstreut. Das konnte schnell behoben werden: Aber die Technik-Kabel wurden nicht berührt. Es entstand keine schwierigere Situation. Das waren Leute mit Kraft, die hätten einiges zerstören können. Wir hatten eine riesige Bewahrung.» Ebenfalls habe das Team von Gott Kraft erhalten: «Unser Werk mit dreissig Bewohnern und den Mitarbeitern lief alles weiter.» Dennoch gab es die Kraft, um den Anlass durchzuführen.

Neben dem Musical gab es am Donnerstag ein Nachtessen für 120 Personen, am Freitag wurde ein Apéro von einem Gassenarbeiter und «Gassenleuten» angeboten und am Samstag erfolgte für das Publikum ein Brunch.

Vermutlich einmalig

Mit einer jährlichen oder regelmässigen Durchführung eines solchen Musicals ist nicht zu rechnen: «Es wird eine einmalige Sache gewesen sein. Unsere Arbeit liegt darin, dass wir für die Menschen sind. Das Musical war ein Lobby-Projekt, es war gut. Aber wir legen nun keinen Fokus auf diese Schiene… doch sag niemals nie.»

Das Projekt entstand durch einen Sponsor, der auf dem Herzen hatte, etwas zu spenden. «Er sagte, ich soll etwas nennen, das ich nicht ins Budget zu nehmen wage. Das war ein kultureller Anlass, davon träumte ich schon lange.» Dadurch erfolgte die Zusage. Die Beachtung war gross. Und: «Es bewirkte vieles!»

Zur Webseite:
Hope Baden

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Datum: 02.07.2018
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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