Kommentar: Die Niederlage der „stillen Diplomatie“

Irans Präsident Mahumd Ahmadinejad (Foto: Daniella Zalcman).

Einen Monat nach seiner umstrittenen Wiederwahl droht der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad dem Westen mit grosser Härte und schlaflosen Nächten. „Sobald die mit zehnmal mehr Autorität und Macht ausgestattete neue Regierung im Amt ist, wird sie die Weltbühne betreten und die globale Arroganz niederringen." (DRS 1)

Es ist die Niederlage der stillen Diplomatie. Sei es der weltweiten oder jener der Schweiz. Innerhalb weniger Monate trafen sich zwei Schweizer Bundesräte mit „dem Irren von Teheran" (O-Ton Bild). Micheline Calmy-Rey mit Kopftuch und später Hans-Rudolf Merz hofierten beim respektive mit dem Holocaustleugner. Man habe ja auch die Menschenrechtslage angesprochen, „stille Diplomatie" lautet das Zauberwort. Das klingt gut. Bloss es hilft nicht.

Eines der jüngsten Beispiele: Ahmadinejad bestellt europäische Botschafter ein und beklagt, an der G8-Konferenz seien die Demonstranten zu hart angefasst worden. Und gegen Deutschland stellt sich der Regent UN-Sanktionen vor, weil in einem Dresdner Gericht die Ägypterin Marwa E. erstochen wurde. Nicht etwa das der grimmige Machthaber plötzlich eine tiefe Liebe zu Menschenrechten entdeckt hätte. Scheinheilig schlachtet er den Mord an Marwa für politische Zwecke aus. Wie egal ihm Menschenleben sind, zeigte das Niederknüppeln andersdenkender Demonstranten in den Strassen Teherans.

Längst ist der Westen in einer Zuschauerrolle, aus der er kaum noch herauskommt. Am deutlichsten zeigt dies das iranische Atomprogramm. Einzig friedlich werde dieses benutzt, so die Beteuerung. Dennoch plappert Ahmadinejad wie ein Kind, das ein freudiges Ereignis nicht für sich behalten kann, davon, dass Israel bald von der Landkarte verschwinden werde. Und während der Bundesnachrichtendienst (BND) die Vermutung äussert, dass der Iran in sechs Monaten erste, unterirdische Atombombentests durchführen könnte, teilt der Mann, der keine Krawatte trägt, weil diese ein Zeichen des Westens sind, erfreut mit, dass seine Regierung bald zehnmal stärker sein wird.

Jahrelang hat es der Iran geschickt verstanden, den Westen hinzuhalten. Jahrelang wurde in einem Monat versprochen, das Atomprogramm nun doch zu verhandeln, nur um dies im nächsten wieder zu verschieben. „Wir laufen an der Leine Teherans", sagte Wladimir Orlow vor vier Jahren als Direktor des russischen Instituts für strategische Fragen. Daran hat sich nicht geändert. Mit einem Unterschied, inzwischen steht der Iran kurz vor der Vollendung seines Atomprogramms.

Die G8 fordert eine Lösung des Problems, als Ultimatum wurde der September 2009 genannt. Fast umgehend kündete der Iran neue Gespräche an. Es wird freilich nicht das erste Ultimatum sein, dass die „stillen Diplomaten" ausmanövriert sehen werden.

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Datum: 18.07.2009
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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