Portrait

«Viele öffnen sich mit der Zeit okkulten Mächten»

Sie wollten kosmische Kraft. Suchten Erleuchtung in indischen Ashrams und im New Age. Wurden zu spirituellen Therapeuten. Heute arbeiten sie als Pastorenehepaar. Ein Besuch bei Martin und Elke Kamphuis im hessischen Breitscheid.

Obwohl ich den beiden Absolventen der freien theologischen Hochschule in Korntal noch nie begegnet bin, weiss ich schon eine ganze Menge über sie. In meinem Gepäck steckt ein Buch, das Martin Kamphuis während seines knapp dreijährigen Studiums zum Teil gemeinsam mit seiner Frau geschrieben hat, und das jetzt Anlass meines Besuches ist. Sein Titel: "Ich war Buddhist".

"In Korntal haben mir viele Freunde dazu geraten, meine Lebensgeschichte einmal zu veröffentlichen", wird mir Martin Kamphuis später erzählen. "In Angriff genommen habe ich das Buch aber erst nach zwei Verlagsanfragen aufgrund eines Leserbriefes und meines Engagements bei einer christlichen Aufklärungsveranstaltung während des Besuches des Dalai-Lamas in Norddeutschland."

Die lange Suche

Zeitweise richtige Probleme hatten die Kamphuis nach dem Erscheinen ihres autobiographischen Buches. Nicht alle Gemeindemitglieder konnten mit den offen geschriebenen Erfahrungsberichten umgehen. Das Ehepaar, das es sich zur Gewohnheit gemacht hat, jeden Tag wenigstens 45 Minuten miteinander zu beten, hatte sich durch das gemeinsame Interesse an fernöstlichen Meditationspraktiken und Therapieformen kennengelernt und erst nach ihrer Bekehrung zu Jesus Christus 1991 geheiratet. "Beide waren wir früher unterwegs in Ashrams, buddhistischen Klöstern und Selbsterfahrungsgruppen", so erzählen sie mir. "Wir befassten uns mit Bachblütentherapie, Yoga und sexualmagischen Tantraübungen, mit Reiki, Geistheilern und anderen Methoden des New Age, immer auf der Suche nach spiritueller Erfahrung und innerer Erleuchtung."

In Erwachsenenbildungsstätten vermittelte Elke Kamphuis Kursteilnehmerinnen das "positive Wissen der Hexen", stolz auf eigene mediale Fähigkeiten, die sie damals als Zeichen ihrer fortgeschrittenen spirituellen Entwicklung ansah. "Die wenigsten Menschen ahnen, dass New Age, Esoterik und Buddhismus auch sehr viel mit Magie zu tun haben", sagt Martin Kamphuis, der in einem eigenen Therapiezentrum als Psychologe und spiritueller Therapeut arbeitete. "Es fällt nur nicht so auf, weil es heute unter psychologischen und helfenden Gesichtspunkten praktiziert wird. Die meisten Menschen steigen auf der Ebene von meditativen Entspannungsübungen oder alternativen Heilungsmethoden in die spirituelle Welt ein und öffnen sich mit der Zeit nicht selten okkulten Mächten."

Verzicht auf Therapie

Bewusst verzichten Martin und Elke Kamphuis heute deshalb auf ihr erlerntes Handwerkszeug als alternative Therapeuten. "Therapie ist sicherlich hilfreich für Menschen, die nicht im Glauben stehen und auch nichts davon wissen wollen. Und auch in der christlichen Seelsorge sollte man nicht das Kind mit dem Bad ausschütten. Aber man muss wissen, dass Therapien keine Schulfrage lösen, weil sie mit der Methode der Annahme arbeiten", sagt Elke Kamphuis dazu, und ihr Mann ergänzt: "Wir haben es verlernt, Probleme im natürlichen, seelsorglichen Umfeld miteinander zu lösen, bevor sie zu einem ernsthaften Problem werden. Dann glaubt man, nur noch Spezialisten könnten hier helfen..."

Fragwürdig: Mandala malen

Was denkt ein ehemaliger Buddhist über das Mandala malen? Man spürt ab, wie wichtig ihm gerade dieser Punkt Martin Kamphuis ist: "Beim Mandala malen kommen die Kinder zur Ruhe", sagt er, und das zeigt, dass das Mandala eine Wirkung hat. Jeder findet diese Wirkung gut, aber niemand fragt danach, warum es wirkt. Im Buddhismus sind alle Methoden, auch das Mandala malen, darauf ausgerichtet, Zugang zum Nirwana zu eröffnen oder zu einer Annäherung beizutragen. Mandalas sind so kreiert, dass man zu einem Mittelpunkt gelangt und - spirituell gedacht - durch diesen Mittelpunkt in ein unsichtbares Reich. Es wäre falsch, das Mandala malen, wie es zum Beispiel in Kindergärten oder Schulen praktiziert wird, unreflektiert zu dämonisieren. Aber ob bewusst oder unbewusst angewendet: Man öffnet sich letztlich buddhistisch-spirituellen Elementen und nähert sich magischen Konzepten von Hilfe und Heilung der Persönlichkeit an. Und dann ist der Weg oft nicht mehr weit, um sich auch anderen Praktiken dieser Religion zu öffnen: dem autogenen Training, dem Yoga oder Meditationen für kosmische Mächte."

Viele Vortragsdienste

Zum Abschluss des Besuches sehe ich mir noch das Wohnhaus an. Antike Möbel bilden einen warmen Kontrast zu leuchtend hellen Tapeten. Hier und da haben die Kamphuis liebe Erinnerungsstücke in der Wohnung integriert. Eine alte holländische Lampe im Wohnzimmer gehört dazu, auch ein von einer guten Bekannten gemaltes geistliches Bild. Unübersehbar die dicken Bücher aus der Zeit des Studiums. Buddhistische Symbole sehe ich keine. "Die Zeit der Haustempel liegt endgültig hinter uns!", sagt Elke Kamphuis, die zusammen mit ihrem Mann von der Gemeinde monatlich für zwei Vortragsdienste zum Buddhismus freigestellt ist. "Und Fenster putzen ist auch nichts mehr, bei dem ich symbolisch meine Herzenstür reinige, um den spirituellen Prozess zu fördern!"

Die Fenster strahlen trotzdem. Genauso wie die Augen von Martin und Elke Kamphuis, als ich mich wenig später verabschiede. Ich selbst schaue eher etwas trüb in die Zukunft: Im Einkaufsmarkt zu Hause werde ich die hervorragenden holländischen Waffeln wohl nicht kaufen können.

Datum: 29.03.2002
Autor: Günther Kress
Quelle: Chrischona Magazin

Werbung
Livenet Service
Werbung