Ein Hotelier aus Wengen im Porträt
«Wir erschraken schon, wie abrupt damals im März 2020 die Wintersaison abgebrochen wurde», blickt der Hotelier Daniel Eisenegger auf diese turbulente Zeit zurück. Natürlich waren die Nachrichten voll vom neuartigen Coronavirus, welches den Weg von China über Norditalien bis in die Schweiz gefunden hatte. Die Konsequenzen waren damals nicht absehbar. Was würde dies für das Hotel Edelweiss in Wengen konkret bedeuten?
Aus früheren Krisen gelernt
Wie für die meisten Unternehmer, war die aufkommende Pandemie für Daniel und seine Frau Susanne ziemlich bedrohend. Bald erkannten die beiden aber den Wert ihrer Erfahrung mit früheren Krisen. Als die Wirtschaftskrise 2008 hereinbrach, standen die beiden in leitender Funktion eines grossen Werks in England. «Das war eine schwierige Zeit», blickt Daniel zurück. «In der Folge begannen wir vertieft nach biblischen Prinzipien für ein Unternehmen zu forschen.» Eines nahmen sie sich vor: «Wir wollten uns persönlich nie in einem solchen Ausmass verschulden und uns damit von einer Bank abhängig machen.»
Wenn Gott ein Hotel anvertraut…
2009 waren Eiseneggers zum ersten Mal im Hotel Edelweiss. «Wir hätten die Hotelleitung gerne übernommen», erzählt Daniel. «Doch dann hatten wir den Eindruck, dass Gott uns noch in England haben wollte.» Dort blieben sie dann auch und brachten ihr Engagement zu Ende.
«Als wir 2012 in die Schweiz zurückkehrten, war das Hotel längst verkauft. Trotzdem spürten wir, dass wir dort hingehören und riefen die neuen Eigentümer an.» Der damalige Besitzer schien wie vorbereitet. Er sagte nur: «Ich habe den Anruf erwartet.»
Wie Eiseneggers 2015 Besitzer des Hotels wurden, ist eine Geschichte für sich. Ohne beachtliches Vermögen kauften sie das Hotel ohne die Unterstützung einer Bank. Zahlreiche Darlehen wurden überraschend angeboten. «Wir erhielten Darlehen von Menschen, deren Namen wir nie zuvor gehört hatten.» Gott hatte es ihnen einfach aufs Herz gelegt.
«OFT HANDELTEN WIR NICHT UNSEREM GLAUBEN GEMÄSS, SONDERN LIESSEN UNS VON FINANZIELLEN ASPEKTEN UND SORGEN LEITEN.»
Ein Hotel von und für Gott
Eigentlich war der verfrühte Abbruch der Wintersaison 2019/2020 keine grosse Tragödie. «Wir hatten bis dahin einen sehr guten Winter gehabt und bereits 90 Prozent des üblichen Umsatzes erwirtschaftet.» Trotzdem bestimmte der wirtschaftliche Kampf Eiseneggers Denken. Obwohl sie das Ganze 2009 bereits einmal durchgelebt und dabei viel gelernt hatten, fielen sie teilweise in alte Verhaltensmuster zurück. «Oft handelten wir nicht unserem Glauben gemäss, sondern liessen uns von finanziellen Aspekten und Sorgen leiten.» Es brauchte Zeit, bis sie ihren Fokus wieder vermehrt auf Gott richten konnten.
Im Mai und Juni 2020 brach der Umsatz um 95 Prozent ein. «Um den Schaden in Grenzen zu halten, setzten wir unser Personal auf Kurzarbeit.» Susanne und Daniel arbeiteten oft alleine und sehr hart. «Durch die alltäglichen Sorgen und Nöte lastete der Fokus zu stark auf den Finanzen, anstelle von Beziehungen und Teamgeist.» In der Folge setzten sie die Prioritäten richtig und investierten wieder vertieft in ihr Team.
Finanzielle Herausforderung, aber gute Kontakte
Dann wurde von einer zweiten Welle gesprochen. Würde die Wintersaison 20/21 überhaupt durchgeführt werden können? «Immer wenn ein weiteres Land Quarantänebestimmungen gegenüber der Schweiz erliess, wurden Buchungen storniert.»
Von den positiven Berichten, Schweizer würden ihre Ferien in der Schweiz verbringen, spürte das autofreie Wengen weniger als andere Destinationen. Der Tagestourismus lief zwar sehr gut – dies hatte aber wenig Einfluss auf die Übernachtungen. Diese Verteilung ist bis heute, wenn auch je nach Covid-Situation auf höherem Niveau, geblieben. «Am meisten leiden Hotels in den Städten wie Zürich, Genf oder Basel», sagt Daniel Eisenegger, der in der Hotelbranche natürlich gut vernetzt ist.
Finanziell gesehen laufe es seit Beginn der Pandemie nicht gut, berichtet Daniel weiter. Der Umsatz sei auf ca. 50% eingebrochen und erholt sich nur sehr zögerlich. Trotzdem freut er sich über die Möglichkeiten, die Gott ihnen schenkt: «Wir haben nun mehr Zeit für den einzelnen Gast, wodurch sich viele gute Gespräche ergeben.» Viele Gäste sind an Eiseneggers Geschichte mit dem Hotel Edelweiss und ihrer Einstellung zu Finanzen interessiert. «Da erzählen wir natürlich gerne und sind dann auch schnell bei unserem Glauben angekommen.» Die Menschen sind offen und haben viele Fragen.
Gott schickt die richtigen Menschen vorbei
Das Hotel Edelweiss ist nicht so belebt wie üblich. «Es geht aber darum, genau den Menschen zu dienen, die zu uns kommen.» Menschen fliehen aus dem Homeoffice in das schöne Bergdorf, andere brauchen einfach ein paar Tage Erholung und geniessen die familiäre Atmosphäre und die traumhafte Aussicht. Trotz schlechter wirtschaftlicher Prognose ist Daniel zuversichtlich: «Wir blicken vorwärts und wollen uns von Gottes Kreativität inspirieren lassen. Er hilft uns, das Hotel wieder neu aufzurichten. Wir beten, dass wir sämtliche Darlehen abbauen können – trotz Corona.»
«WIR HABEN NUN MEHR ZEIT FÜR DEN EINZELNEN GAST, WODURCH SICH VIELE GUTE GESPRÄCHE ERGEBEN.»
Aus Krisen lernen
«Krisen sind Chancen», hält Daniel fest. «Sie helfen uns, die Tiefe unseres Glaubens zu erkennen und bereiten uns auf zukünftige Krisen vor.» Corona ist nicht die letzte Krise, dessen ist Daniel überzeugt. «Die Bibel spricht von Wehen, von denen noch weitere kommen werden.» Seine Herausforderung während Corona ist, bei Gott zur Ruhe zu kommen und bei ihm Weisheit zu suchen. Je mehr dies gelingt, desto mehr erkennt er das Gute, das Gott gerade in dieser Zeit für sie bereithält.
Datum: 15.07.2022
Autor:
Markus Richner-Mai
Quelle:
Hope-Zeitungen