Martin Gallimore

Herzensangelegenheit

Martin Gallimore
Martin Gallimore ist begeisterter Triathlet. Die Diagnose einer seltenen Herzerkrankung zwang ihn, acht Jahre auf Leistungssport zu verzichten. Wie durch ein Wunder wurde er drei gesundheitliche Hindernisse los und konnte endlich wieder trainieren.

Aufgewachsen ist Martin Gallimore in St. Albans, England. Als er sieben Jahre alt war, starb seine Mutter überraschend im Schlaf. Die Obduktion ergab, dass die 44-Jährige an einer seltenen genetischen Herzkrankheit gelitten hatte. Der Vater zog seine drei Kinder zwischen fünf und neun Jahren allein auf. Der Architekt und Bauingenieur schöpfte dabei Kraft aus seinem Glauben. Die Familie erlebte, dass Gott sie durch die schwere Zeit begleitete und sie lehrte, auszuhalten. «Krisen sehe ich seither als Herausforderungen, die ich angehe, ich habe gelernt zu kämpfen», bekräftigt Martin. Er wurde Musiker und engagierte sich als Schlagzeuger in der Band seiner Kirche. Dazu spielte er als Profi in verschiedenen Rock-'n'-Roll-Bands und erteilte Schlagzeugunterricht.

«Krisen sehe ich seither als Herausforderungen, die ich angehe, ich habe gelernt zu kämpfen»

Zu gefährlich…

Neben Musik liebt Martin Velofahren und Laufen. 2010 meldete er sich für einen Ironman Triathlon an. Doch während der Velostrecke begannen seine Füsse derart zu schmerzen, dass er während des Laufs aufgeben musste. Zwei Monate später spürte der damals 23-Jährige beim Klettern, dass sein Herz nicht mitmachte. Er ging zum Arzt und die Kontrolle ergab, dass er am gleichen Problem litt wie seine Mutter. Seine Lebenserwartung sei auf etwa 45 Jahre beschränkt, erfuhr er von den Ärzten. Sie rieten ihm dringend davon ab, weiter Ausdauersport zu betreiben. Die Anstrengung könnte tödlich enden, warnten sie. «Nun konnte ich nur noch spazieren, wandern, und ab und zu schwimmen – alles andere lag nicht mehr drin», bemerkt Martin trocken. Als er beim Schlittenfahren mit einer Kollegin kollidierte, war es auch mit dem Schwimmen vorbei. Wegen seiner lädierten Schulter musste er in die Schmerztherapie.

«Nun konnte ich nur noch spazieren, wandern, und ab und zu schwimamen – alles andere lag nicht mehr drin.»

Schmetterlinge flattern

2013 lernte Martin in Manchester die Primarlehrerin Céline kennen und lieben. Die 24-jährige Schweizerin arbeitete als Deutschassistenzlehrerin an einer Englischen Schule. Nach einem gemeinsamen Jahr in England zogen die beiden in die Schweiz. 2015 fand in Diessenhofen die zivile und in Manchester die kirchliche Trauung statt. Der vielseitig begabte und interessierte Mann entschied sich 2017 zu einem Karrierewechsel: von der Musik ins Ingenieurwesen. Das Paar zog nach Buchs und Martin begann ein Studium als Software-Engineer. «Mit meinen Deutschkenntnissen hätte ich damals keinen Schlagzeugunterricht erteilen können», sagt er und schmunzelt. Zusammen mit Céline und mit Freunden betete er immer wieder für seine Heilung. Dazu sagt seine Liebste: «Ich spürte eines Tages, dass Gott ihn heilen wird. Ich wusste nur nicht, wann.»

Das Wunder

Lang mussten sie nicht warten. 2018 stellte ein Kardiologe fest, dass Martins Herzrhythmusstörungen verschwunden waren. Der Arzt erklärte ihn für gesund. Innerhalb eines Monats wirkte die Schultertherapie und auch die Schmerzen in den Füssen waren plötzlich verschwunden. Gott hatte ein Wunder getan! Glücklich begann Martin wieder mit dem Lauftraining. 2019 absolvierte er den Olympischen Triathlon in Bregenz. Danach steigerte er die Trainingseinheiten auf 10 bis 15 Stunden pro Woche. Sein Ziel: ein Ironman im Sommer 2020. Wegen Covid wurden jedoch alle grösseren Sportveranstaltungen abgesagt.

Martin beim Ironman in Thun BE

5 cm tiefe Bauchwunde

Ein Gallimore lässt sich nicht bremsen. Am 4. Juli 2020 organisierte Martin einen privaten Ironman. «Es war ein Zufall, dass das Datum auf den Amerikanischen Unabhängigkeitstag fiel. Wir fanden jedenfalls, dass ‹Independent Man› während Covid gut passte», sagt der Athlet verschmitzt. Im Neoprenanzug schwamm er 3,8 km im Walensee, wollte dann von Walenstadt via Kerenzerberg, Rickenpass und Bodensee 180 km nach Buchs radeln und von dort 42,2 km nach Sevelen laufen. Doch sein Supportteam fand ihn blutend neben dem Velo am Boden liegend. Er war gestürzt und hatte sich eine 5 cm tiefe Bauchwunde zugezogen. Sie musste im Spital behandelt werden. «Zwei Millimeter tiefer – und die Bauchhöhle wäre aufgerissen ...», erinnert sich Céline. Martin erholte sich rasch und neun Wochen später wiederholte er den privaten Ironman. Dieses Mal nannte er ihn «Unstoppable Man», voller Dankbarkeit, dass Gott ihm den Sport wieder ermöglicht hat. Dazu liess er sich ein Trikot bedrucken mit dem Bibelvers aus Philipper, Kapitel 4, Vers 13: «Doing all things through Christ who strengthens me» – «Ich kann alles erreichen durch Christus, der mich stark macht.»

 «Ich kann alles erreichen durch Christus, der mich stark macht.»

9 Minuten vor Cut-off

Als einer von 250 Teilnehmenden absolvierte Martin im vergangenen Sommer den Extremtriathlon Swissman, seinen dritten Ironman in zwei Jahren. Der Sportler startete um 5 Uhr in der Früh auf den Brissago Inseln im Lago Maggiore, von wo aus er nach Ascona schwamm. Danach überquerte er mit dem Velo Gotthard-, Furka-und Grimselpass und fuhr nach Brienz. Zuletzt lief er von Brienz nach Grindelwald, wo er nur 9 Minuten vor dem Cut-off den letzten Checkpoint erreichte. Von da aus konnte er die letzten 9 km erschöpft, aber entspannt bis zur Kleinen Scheidegg wandern, wo er um 00.38 Uhr ankam. «Es hat mich überrascht, dass der Lauf nach Grindelwald, nach einer anstrengenden Velofahrt mit Unterbruch, so gut nach Plan verlief», blickt Martin zurück. «Ich bin so glücklich, dass ich solche Wettkämpfe wieder bestreiten und geniessen darf !»

Der Software-Ingenieur hat mit seiner Liebsten inzwischen ein Haus in Grabs bezogen, mit wunderbarer Aussicht auf die Berge und das Schloss Werdenberg. «Nochmals ein Geschenk Gottes!», freuen sich Martin und Céline. Ein weiteres Geschenk wäre für die beiden, ihr Zuhause mit eigenen Kindern zu teilen. Martin lächelt: «Dann muss ich die Trainingszeit wohl wieder anpassen…»

Zur Person:

Einer meiner Lieblingsplätze in Grabs:
Mit dem Velo unterwegs auf dem Grabserberg

Meine Lieblingsbeschäftigung an verregneten (Sonntag-)nachmittagen:
Schlafen oder Brettspiele spielen

Meine Lieblingsmusik:
Meine Pre-Race Playlist – Eye of the tiger, Livin on a Prayer usw.

Meine Lieblings-App:
BBC Sport

Datum: 17.11.2022
Autor: Mirjam Fisch
Quelle: HOPE-Regiozeitungen