«Gottes Spuren sieht man erst im Rückblick»
Ernst Knupp stammt aus dem «Wilden Westen». So nennt man in Herisau die Gegend, in der die Eltern ein Appenzeller Stöckli hatten. Er ist ein Nachzügler, seine drei Schwestern sind deutlich älter als er, und so wächst er eigentlich als Einzelkind auf. «Es gibt Prägungen, die sich durch mein ganzes Leben ziehen», sagt er dazu. Zum Beispiel sein guter Zugang zu älteren Menschen. Bei seiner Geburt ist der Vater von Ernst 54, die Mutter 43.
Die Exotin
Ernst erinnert sich, dass der Vater Gottlieb hiess und viel Gotthelf las und dass Religion im Hause Knupp keine besondere Rolle spielte. Das ändert sich auch nicht, als seine Schwester Dora sich für ein Leben mit Jesus entscheidet. «Dadurch wurde sie zur Exotin in unserer Familie», sagt Ernst. Er habe sie zwar bewundert in ihrer Standfestigkeit und ihren Glauben nicht belächelt, aber ihre neue Ausrichtung löst damals nichts aus in ihm. «Ich war Gott gegenüber nicht abgeneigt und rückblickend hatte ich immer wieder kleine Begegnungen mit ihm», erklärt Ernst. So geschehen auch einmal Mitte der 90er-Jahre, als er bei Zügelvorbereitungen alte Papierunterlagen in seinem Kachelofen verbrannte und plötzlich das Vaterunser in den Händen hielt. «Ich konnte das Gebet nicht mehr auswendig aufsagen. Das hat mich schon nachdenklich gemacht…» Bis Gott im Leben von Ernst eine Rolle spielen würde, sollten noch etliche Jahre vergehen.
Ein Arbeitstier
Nach der Kanti beginnt er Betriebswirtschaft zu studieren. Doch nach sechs Semestern bricht er ab und steigt 1991 im Kinderspital St. Gallen als rechte Hand des Direktors ein. «Ich musste bereits als Kind zu Hause viel helfen – ich weiss, wie man arbeitet!», bemerkt der intelligente Mann und lacht. Er arbeitet viel. «Viel zu viel», präzisiert Ernst, der bis 2011 im Kinderspital als Verwaltungsdirektor wirkte.
Immer wieder der Kopf
Als Kind hatte Ernst eine starke Gehirnerschütterung und mit 16 Jahren bei einem Verkehrsunfall ein Schädelhirntrauma erlitten. Damit war – so kann er es rückblickend einordnen – auch eine Nahtoderfahrung verbunden. Im Erwachsenenalter beginnt mit einem starken Kribbeln im Kopf eine lange Phase mit Angstzuständen und Panikattacken. Mehrere Jahre kann er deshalb nicht mehr Auto fahren. Die Ärzte finden jedoch keine Ursache.
Kein normaler Sonntag
Es ist eigentlich ein normaler Sonntag, dieser 4. Januar 2009. Am Vormittag spielt Ernst mit seinem Sohn Tennis, am Nachmittag findet der Sport im Fernsehen statt. Dario Cologna ist in Top-Form, als Ernst mit 43 Jahren einen heftigen epileptischen Anfall erleidet. In der Neurochirurgie wird ein Hirntumor mit WHO-Grad 2 festgestellt. Die Operation verläuft gut. Schon bald kann Ernst seine Arbeit wieder aufnehmen.
Die Stimme auf der Bank
2011 zeigt sich bei der Kontrolluntersuchung : Der Tumor ist zurück. Eine weitere Operation steht an, da schickt ihm eine Freundin eine SMS. Es gäbe da in Brasilien einen Geistheiler, der schon viele Menschen geheilt habe. Nach einer kurzen Absprache mit seiner Frau Cony fliegen die beiden nach Brasilien. «Dort wird sehr offen über den Glauben gesprochen, so ganz anders als in der Schweiz», sagt Ernst.
Der Geistheiler kann ihm nicht direkt helfen, aber als er im Park des Zentrums auf einer Bank sitzt, vernimmt er eines Mittags eine innere Stimme: «Bist du bereit, mir zu folgen? Schenke deine Liebe einer ganzen Stadt. Dann ist Heilung möglich.» Ernst erinnert sich: «Ich sah vor meinem inneren Auge das Logo der ‹Stami›, einer Freikirche in St. Gallen!»
Auf Wolke sieben
Bevor sie wieder in die Schweiz fliegen, sucht die Reisegruppe mit Ernst eine Pilgerkirche auf. Da durchströmt plötzlich eine erfüllende Liebe seinen ganzen Körper. «Ich sass später im Flieger wie auf Wolke sieben!», berichtet Ernst und fährt fort: «Mir war klar, wenn wir wieder in der Schweiz sind, gehe ich in die Stami St. Gallen.» Am darauffolgenden Sonntag besucht er den Gottesdienst und staunt, wie oft von Jesus gesprochen wird. Er fragt den damaligen Pastor, Gust Ledergerber: «Eine Begegnung mit Gott habe ich schon gehabt, aber wer ist Jesus?» Gust erklärt es ihm und am 5. April 2012 lädt Ernst Jesus, den Sohn Gottes, in sein Leben ein. Cony folgt ihm viereinhalb Jahre später. «Es hat mich gedrängt, Nägel mit Köpfen zu machen», erklärt Ernst. Er wird Mitglied der Stami und lässt sich taufen. In der Folge ist Ernst Knupp in verschiedene Projekte in St. Gallen involviert, unter anderem als Gründungsmitglied im OK bei der Weihnachtsreise St. Gallen.
Hiobsbotschaft
Rund um seine Taufe 2012 erfährt Ernst, dass der Tumor trotz des Brasilienaufenthalts weitergewachsen und eine erneute Operation unumgänglich ist. Das ist kurzzeitig ein Schock für Cony und Ernst. Als die beiden nach der Hiobsbotschaft auf einem Bänkli im Spitalpark darüber nachdenken, spürt Ernst Gottes Gegenwart ganz stark. Er berichtet: «Jesus machte mir klar, dass er mich an der Hand nehmen werde. 'Ich bin bei dir und es ist richtig so', sagte er zu mir.» Die Operation verläuft gut.
Der Bibelvers aus Römer, Kapitel 5, Vers 3 stärkt Ernst besonders. Darin erklärt der Apostel Paulus aus eigener Erfahrung : «Denn Leid macht geduldig, Geduld aber vertieft und festigt unseren Glauben, und das wiederum stärkt unsere Hoffnung.» Abschliessend sagt er: «Gottes Spuren sieht man erst im Rückblick. Ich bin dankbar für mein Leben.»
Datum: 17.11.2022
Autor:
Mirjam Fisch
Quelle:
HOPE-Regiozeitungen