Daniel Zindel

Bergweisheiten für das Gute Leben im Tal

Daniel Zindel, 64 Jahre, wohnt in Igis
Pfarrer Daniel Zindel aus Igis leitete bis Ende Februar 2022 das Sozialunternehmen «Gott hilft». Im Buch «Hüttenzeit» schreibt er über seine Lebens- und Leitungserfahrungen. Er zieht Bilanz und zeigt auf, wie er Gottes Kreativität erlebt hat.

Eine Hütte in den Schweizer Bergen, fernab vom Alltagstrubel. Einsam, Ort der Ruhe. Dorthin zieht sich der vierfache Familienvater Daniel Zindel oft allein zurück. Manchmal begleitet ihn seine Frau Cathy, manchmal treffen sie Freunde und Familie. Mit seinem Team führte er hier oben Sitzungen durch.

Die Stille in der Natur, das Innehalten nahe am Herzen Gottes tun ihm gut, erklärt der 64-Jährige. Hier reflektiert er, lässt sein Leben Revue passieren. Hier kommt er zur Einkehr, stellt sich auch unbequemen Fra-gen, macht ermutigende Entdeckungen und tankt Kraft für das Leben im Tal.

Verpasste Chance

In einem Nachbarsdorf hatte er damals immer wieder den Eindruck, er solle bei einer bestimmten Wohnung anklopfen. Doch er übergeht den Gedanken, einen Besuch zu machen. Seine Argumente: «Sie gehören nicht zu meiner Gemeinde. Sie sind vielleicht katholisch. Ich bin kein geistlicher Hausierer.» Später muss er für eine Beerdigung die Vertretung übernehmen. Sie führt ihn genau in jenes Haus. «Das ist jetzt eigenartig, dass Sie kommen», meinte die Witwe. «Mein Mann hat vor ein paar Wochen gesagt, vielleicht könnte Pfarrer Zindel mir helfen.» Ihr Mann hatte Suizid begannen. «Das war eine absolut tragische verpasste Situation, weil ich nicht geistesgegenwärtig genug war, den Impulsen des Heiligen Geistes zu trauen», stellt Zindel klar. «Das Schöne war, dass Gott in der Familie bei dieser Abdankungsfeier Dinge heil werden liess.

»Nicht nur mit den Ohren hören

Das war ein einschneidendes Schlüsselerlebnis für den Seelsorger. Es führte dazu, dass er seither innerlich gut zuhört, auch bei Management-Aufgaben. «Geistesgegenwärtig zu führen, ist mein Leitsatz geworden», hält er fest. «Gott kann aus unserem Scheitern etwas Gutes entstehen lassen.» Dietrich Bonhoeffer hat es so formuliert: «Gott kann aus unseren Irrtümern und Fehlern oft mehr machen als aus unseren vermeintlichen Guttaten.» Zindel ermutigt Leitende, darauf zu vertrauen, dass aus ihrem Scheitern Segensreiches entstehen kann. «Die Bibel zeigt uns so viele Leiter, die gescheitert sind.» Scheitern und Zerbruch sind Themen, die Daniel Zindel aus dem eigenen Erleben kennt. Sich und anderen zu vergeben, schaffe Frieden. «Dies liegt einerseits in unserer Verantwortung, andererseits möchte uns Gott dort hineinführen.»

«Machen wir das Beste aus dem Tatsächlichen, anstatt in Wunschträumen hängen zu bleiben.»

Die Kunst der Intimität

«Mann und Frau passen nicht einfach zusammen», stellt Zindel klar. Wo wird trotz der Unterschiedlichkeit Ergänzung möglich? «Tendenziell bedrängen wir Männer unsere Frauen eher sexuell, sie bedrängen uns emotional. Aber Intimität muss sich ereignen, sie lässt sich nicht erzwingen», so seine Erfahrung. «Wie gelingt es, dass wir voneinander lernen, dass es zur Ergänzung kommt, nicht zu einem Machtkampf ?» Wie kommunizieren wir, wie leben wir sexuelle Bedürfnisse?» Wenn seine Frau wissen möchte, wie es ihm geht, was ihn beschäftigt, reagiere er nicht immer verständnisvoll. Wann nimmt sich wer zurück oder setzt sich durch – «das ist die grosse Kunst des Paarlebens», findet Zindel.

Jasskarten

Als Bild fürs Leben bedient sich Zindel der Jasskarten: «Wir versuchen, das Beste zu machen aus den Karten, die uns zugeteilt wurden». Er vergleicht die Karten des Lebens mit denen des Spiels. «Gott hat uns verschiedene Karten zugespielt, Trümpfe, ab und zu auch eine Arschkarte», nimmt der mehrfache Grossvater den Faden auf. «Wenn wir mit einem Partner spielen, erhöht das unsere Chancen. Ein gelungenes Zusammenspiel macht Spass.» Manchmal vermassele der eine Partner jedoch das Spiel. «Und manchmal nimmt Gott uns das Set auch wieder aus der Hand und mischt die Karten neu – er ist da sehr schöpferisch unterwegs mit uns», so die Erfahrung des Jassers. Das Blatt wendet sich. «Ich will damit sagen: Machen wir das Beste aus dem Tatsächlichen, anstatt in Wunschträumen hängen zu bleiben.»

Gott bleibt treu

Das nächste Beispiel stammt aus der Bibel. Zindel erzählt: «Das Leben von Josef war eine Achterbahn. Zuerst hat er beste Karten als Lieblingssohn des Vaters. Dann verkaufen ihn seine Brüder. Er steigt die Karriereleiter hoch, bis die Frau seines Chefs ihn verleumdet und er im Gefängnis landet. Doch in all diesen Irrungen und Wirrungen verfolgt Gott sein Ziel mit dieser dysfunktionalen Familie. Die Brüder entschuldigen sich bei Josef. Dieser sagt: 'Ihr hattet Böses vor, aber Gott hat es zum Guten gewendet.' Seine Position im Ausland rettet schliesslich das ganze Volk und seine Tiere. Dort wo Menschen Busse tun, umkehren, gibt uns Gott neue Karten in die Hand», ermutigt der Pfarrer.

«God helps Uganda»

Sehr riskant war es, 1995 für Aids-Waisen in Afrika ein Netz von Pflegefamilien und später Kinderheime aufzubauen. «Vor kurzem habe ich mich verabschiedet von 40 Mitarbeitenden, die in Uganda für Waisen sorgen.» Gestartet hat Zindel dieses Unter-nehmen mit einigen Männern und Frauen im Gebet. In der Stille vor Gott hörten sie auf seine Impulse. Danach beschlossen sie, eine Machbarkeitsstudie durchzuführen. Und dann brachen sie auf in ein Land, das sie überhaupt nicht kannten, gründeten «God helps Uganda». «Das war ein Risiko», gesteht Zindel. «Aber es hat sich gelohnt!»

«Führung hat immer einen Aspekt der inneren Selbstführung.»

«Unsere Hütte ist unser Herz»

Der abgetretene Leiter zitiert den weisen König Salomo: «Mehr als alles andere behüte dein Herz. Denn daraus quillt das Leben». Zindel erklärt: «Führen hat damit zu tun, welche Treiber mich bestimmen.» Angst sei ein schlechter Treiber, auch der Ehrgeiz, der Coolste zu sein. Angst oder Stolz können zu Fehlentscheidungen führen. «Es ist gut, seinen Wert zu kennen. Aber es braucht auch Demut», stellt Zindel klar. «Führung hat immer einen Aspekt der inneren Selbstführung.» Dies gelte auch für sein beendetes Engagement für die Stiftung «Gott hilft». Er hätte anderswo mehr Pres-tige erlangen, mehr verdienen können. Doch er hat sich für «Gott hilft» entschieden. Er stellt seine Lebenserfahrungen nun als Coach weiterhin in den Dienst der Gemeinschaft: «Es ist gut so, ich bin dankbar.»

Das Buch «Hüttenzeit» von Daniel Zindel gewinnen:

In seinem Buch «Hüttenzeit» schreibt Theologe und Buchautor Daniel Zindel über seinen Rückzugsort, eine Hütte in den Bündner Bergen.

Wir verlosen vier Exemplare des Buches. Jetzt mitmachen per E-Mail an info@hope-schweiz.ch mit Betreff «Hüttenzeit» (bitte Name und Postadresse angeben).

 

Talk über «Hüttenzeit»:

«Hope»-Chefredaktor Florian Wüthrich war für einen Talk bei Daniel Zindel zu Besuch, um über sein Buch zu sprechen.

Den Talk können Sie sich auf YouTube ansehen:

 

Datum: 17.11.2022
Autor: Mirjam Fisch
Quelle: HOPE-Regiozeitungen