Adèle Conçalves-Mango

Verliebt, verlobt… «vergiss es!?»

Adèle Conçalves-Mango, 29 Jahre, verheiratet, wohnt in Winterthur
Sie konnte keine Papiere vorweisen. Erst nach mehr als hundert Bewerbungen fand Adèle Gonçalves-Mango aus Winterthur eine Lehrstelle. Später erkämpfte sich die gebürtige Kongolesin das Recht zur Eheschliessung vor Gericht.

1997, als sie vier Jahre alt war, beantragten Adèle Gonçalves Eltern für ihre vierköpfige Familie Asyl in der Schweiz. Das Gebiet im Kongo, wo sie ursprünglich herkommen, wird bis heute immer wieder durch kriegerische Auseinandersetzungen erschüttert. Adèles Vater hatte bei der Kirche der Adventisten ein Theologiestudium absolviert.

«Obwohl ich gute Noten vorweisen konnte, wollte mich als Asylbewerberin niemand ausbilden.»

Dieser freikirchlichen Gemeinschaft schlossen sie sich in der Schweiz wieder an. Adèle und ihre vier Brüder waren ihre ganze Kindheit über oft dort. Die junge Frau beginnt zu erzählen: «Wir trafen uns schon am Freitagabend mit Freunden zum Essen, Bibellesen und Beten.» Adventisten feiern den Sabbat. Er beginnt wie bei den Juden mit dem Sonnenuntergang am Freitagabend und endet mit dem Sonnenuntergang am Samstagabend. Dann wird Gottesdienst gefeiert, ausgeruht, das Zusammensein genossen. «Oft blieben wir als Gemeinde fast den ganzen Samstag beieinander», sagt Adèle. Zuvor war alles vorbereitet worden, sodass am Feiertag keine Arbeit anfiel. Zudem gelten strikte Regeln was Essen, Alkohol oder Unterhaltung betrifft. «Leider gab es in dieser Gemeinde kaum Leute in meinem Alter», erinnert sich Adèle.

Sie besuchte deshalb Gottesdienste in anderen Kirchen und lernte eine persönlichere Art kennen, den Glauben zu leben. «Einmal nahm ich an einem Skilager teil, wo einige Leute für mich beteten», erzählt die 28-Jährige. «Ich hatte eine Verletzung am Fuss. An jenem Tag erkannte ich, dass man in einer persönlichen Beziehung mit Jesus leben kann.» Darauf wollte Adèle nicht verzichten und entschied sich, Jesus in ihr Leben einzuladen. Später setzte sie sich in einem Alphalive-Glaubenskurs noch einmal intensiv mit den Grundlagen des Christentums auseinander.

«An jenem Tag erkannte ich, dass man in einer persönlichen Beziehung mit Jesus leben kann.»

Verzweifelt auf Lehrstellensuche

Was die Möglichkeit einer Ausbildung anbelangt, brauchte Adèle starke Nerven und einen langen Atem: «Ich habe etwa 120 Bewerbungen geschrieben», sagt sie. «Obwohl ich gute Noten vorweisen konnte, wollte mich als Asylbewerberin niemand ausbilden.» Zwei Wochen vor Lehrbeginn bekam sie dann doch noch eine Lehrstelle als Optikerin. Täglich pendelte Adèle von Winterthur nach Zug. Anschliessend holte sie die Berufsmatur nach und studierte Optometrie.

In sein Herz gesungen

Adèle singt und tanzt seit ihrer Kindheit leidenschaftlich gern. Vor elf Jahren durfte sie als Tänzerin einen Auftritt der Kuziem-Familie begleiten, später sang sie bei den «Kuziem Singers» mit. «Und da traf ich Saymon», erzählt die zierliche Frau und strahlt übers ganze Gesicht. Die beiden verliebten sich. Auch Saymon hatte beruflich so manche Hürden zu überwinden.

Erst nach Jahren als ungelernter Angestellter konnte er eine Ausbildung absolvieren und studiert nun Sozialpädagogik. Adèle arbeitet heute in einem Optikergeschäft im Bahnhof in Oerlikon, das sieben Tage pro Woche geöffnet hat. Deshalb kann sie nicht mehr so oft in der Gottesdienst-Band mitsingen, in der sich das Paar engagiert.

«Ich hatte keine gültigen Papiere, keinen Geburtsschein, keinen Pass, nur die Aufenthaltsbewilligung.»

Vor dem Standesamt aufs Gericht

2016 haben sich Saymon und Adèle verlobt, doch heiraten durften sie nicht. Adèle erklärt: «Ich hatte keine gültigen Papiere, keinen Geburtsschein, keinen Pass, nur die Aufenthaltsbewilligung.» Schliesslich musste sie ihren Status und ihre Identität vor Gericht bestätigen lassen. Seit Dezember 2019 sind Saymon und Adèle nun ein Ehepaar. Adèle spricht fliessend Mundart, dazu Französisch und Englisch. Sie könnte sich gut vorstellen, als Fachfrau für die Augen einmal im Kongo ihre Kenntnisse einzusetzen. «Mal sehen, wie Gott uns führt», sagt die talentierte Frau und lächelt.

Zur Person

Einer meiner absoluten Lieblingsplätze in Winterthur:
Heiligberg. Es gibt sehr viele schöne Orte in Winterthur.

Meine Lieblingsbeschäftigung an verregneten (Sonntag-)nachmittagen:
Nähen, Singen, mit meinem Mann Filme schauen oder Tanzen

Meine Lieblingsmusik:
Musik, die gute Laune macht und positive Botschaften beinhaltet

Auf diese App möchte ich auf keinen Fall verzichten:
WhatsApp (leider)

Datum: 17.11.2022
Autor: Mirjam Fisch
Quelle: HOPE-Regiozeitungen