David Thiele

«Ich wollte nicht mehr leben»

David Thiele, 21 Jahre, wohnt in Mellingen
Bereits als Kind ist David Thiele sensibel für Übersinnliches, macht Erfahrungen mit der unsichtbaren Welt. Gefangen zwischen zwei Welten führt er ein Doppelleben. Depression, Aggression, Selbsthass, Selbstverletzung, Alkohol und Marihuana, Frauengeschichten – David macht viel durch. Eine besondere Begegnung ändert sein Leben schlagartig.

Nachts im Kinderzimmer, David, 7, erwacht und erschrickt: Eine grüne, schattenähnliche Gestalt hängt an der Wand. «Sie sah aus wie eine Hexe. Sie kicherte und es roch auf einmal sehr muffig», erinnert sich der heute 21-Jährige. Er schreit auf und rennt aus seinem Zimmer in den Flur. Liebevoll versucht ihn seine Mutter zu trösten, kann sein Erleben jedoch nicht nachvollziehen. Sie betet für ihn und redet ihm die Sache aus: «Das war nur ein schlechter Traum, nichts Reales!» David hat in dieser Zeit sehr viele Alpträume. Seine Mutter bringt ihn zurück ins Bett, doch in derselben Nacht kehrt die Gestalt zurück. David berichtet: «Ich war starr vor Angst. Plötzlich erschien über meinem Bett ein helles Licht und eine donnernde Stimme sprach: 'Hab keine Angst, ich bin bei dir!'»

Engelchen und Teufelchen

Für den Jungen ist klar, dass Jesus zu ihm gesprochen hatte. Seit er denken kann, hatten seine Eltern ihm von Jesus erzählt. Gleichzeitig erlebte er in seinem engeren Umfeld häufig, wie Christen stritten oder entgegen biblischer Richtlinien lebten. Was sie erzählten, klang schön und gut, wirkte jedoch nicht authentisch. Dies irritierte David zunehmend und liess ihn an einem «Gott des Friedens» zweifeln. Trotzdem: «Ich wusste, dass es Gott gibt und er es gut mit mir meint. Ich sehnte mich sehr nach ihm.» Die Hexe besucht David fortan nicht mehr. Auch seine Alpträume verschwinden, aber der sensible Junge bleibt empfänglich für geistliche Dinge. «Gut und Böse kämpften in mir wie Engelchen und Teufelchen auf der Schulter. Ich hörte manchmal Stimmen, fürchtete schizophren zu werden...

«Gut und Böse kämpften in mir wie Engelchen und Teufelchen auf der Schulter.»

Das Dunkel kehrt zurück

Mit zwölf Jahren erleidet David seinen ersten epileptischen Anfall. Er verliert seine Lebensfreude, die Noten sacken ab und er wird zum Aussenseiter. David präzisiert: «Ich war anders, verhaltensauffällig und hinkte auch der Pubertät etwas hinterher. Zusätzlich schränkte mich die Epilepsie sehr stark ein, ich durfte nicht einmal Velo fahren.» Er zieht sich immer mehr zurück, reagiert in schwierigen Situationen laut und aggressiv, sagt: «Ich wollte einfach respektiert werden, dazugehören!» Trauer und Hass richtet David damals auch gegen sich selbst: «Mit dem Sackmesser schabte ich mir die Haut ab. Ich verletzte mich, gleichzeitig schrie ich zu Gott, bat ihn um Kraft und sein Eingreifen.» Halt und Hilfe findet der Junge in jener Zeit bei den Eltern und seinen beiden älteren Schwestern, Kontakt zu einzelnen Freunden hat er nur wenig. Drei Jahre nach dem ersten Anfall schluckt David seine Medikamente zum letzten Mal, die Epilepsie hat sich ausgewachsen. Er weiss: «Gott hat meine Gebete erhört, ich konnte wieder alles tun.»

Untertauchen und Abstürzen

Seine Anfälle ist David los, dafür kommen die Alpträume zurück. In diese Zeit fällt seine Konfirmation. «Das war ein sehr schöner Moment», bekräftigt David. «Ich habe Jesus bewusst in mein Leben eingeladen und liess mich im gleichen Jahr in Israel im Jordan taufen.» Er beschreibt das Geschehen wie folgt: «Vor meinem inneren Auge sah ich ein Licht über meinem Kopf, das in mein Herz wanderte...» Zwei weisse Tauben am Himmel unterstrichen sein Erleben. Konfirmation und Taufe wirken wie ein Booster für Davids Glauben. Er findet Freunde, Anschluss in der Schule, alles scheint gut – bis die Schreinerlehre beginnt: «Ich hielt den zunehmend rauen Umgangston nicht aus, wurde belächelt und fühlte mich überfordert, handwerklich und immer mehr auch in der Berufsschule.» Um dem Druck standzuhalten, lässt David am Wochenende die Sau raus, säuft sich regelmässig fast ins Koma, lebt seine wachsenden Aggressionen in der Freizeit aus.

Hin- und hergerissen

Im zweiten Lehrjahr richtet er Wut und Hass wieder gegen sich selbst, wird depressiv und beginnt zu kiffen. David erklärt: «Es schmerzt, wenn man nicht ernstgenommen wird. Ich bin leicht verletzbar. Ich war der Globi, der Tollpatsch.» Er plant, sein Leben zu beenden, erzählt: «Ich setzte mir eine Frist von einer Woche, dann würde ich von der Brücke springen...»Dazu kommt es nicht. In einem Traum hört er Jesus sagen: «Nur bei mir findest du Erfüllung, Anerkennung und deine wahre Identität.» Im gleichen Zeitraum, David ist 17, verliebt er sich in eine junge Frau. Sie hat ähnliches durchgemacht wie er und versteht ihn gut. Die Beziehung schenkt David Bestätigung und Lebensfreude. Nach einem Jahr kommen erste Zweifel auf: «Ich konnte mit meiner Freundin über alles reden... aber Glaube lässt sich nicht erzwingen.» Der junge Mann hält die Spannung kaum mehr aus. Er sehnt sich nach einer tiefen Beziehung mit Jesus. Zugleich realisiert er, dass ihm sein eigenes Verhalten und die andere Lebensauffassung seiner Freundin im Weg stehen. David erklärt: «Ich hatte die Worte von Jesus aus meinem Traum nicht beherzigt. Ich war zum Heuchler geworden, gehörte zu jenen Christen, die nicht authentisch lebten.» Geplagt von Widerwillen und Angst vor der Zukunft kehren die Alpträume und geistlichen Kämpfe zurück. Verzweifelt stellt der junge Mann sein Leben erneut in Frage, spricht mit niemandem darüber.

Sonnenaufgang

Enttäuscht von sich selbst besucht David an einem Sonntagabend eine Freikirche. Während des Singens spricht ihm eine junge Frau direkt ins Leben, deckt auf, was er krampfhaft versteckt hält. «Sie sprach aus Gottes Perspektive, freundlich und nicht anklagend, aber glasklar. Ich fühlte mich überführt», bekennt David. Die Frau lädt ihn später in ihre WG, das OpenHouse Oftrin-gen, ein. Fortan besucht er es wöchentlich, geniesst die Gemeinschaft und lässt für sich beten. «Zum ersten Mal fühlte ich mich mit meinen Fragen und Zweifeln zum Thema Glaube verstanden», sagt David. Er gewinnt neue Freunde, enge Beziehungen entstehen. David spürt, dass bald ein Wechsel ansteht. Seit Beginn ist die Lehre für ihn eine Tortur. Kurz darauf findet er mit Hilfe von seinem Umfeld einen neuen Betrieb, in dem er sein letztes Lehrjahr absolvieren kann. Im September 2020 beendet er seine Beziehung und zieht ein Monat später in die WG. Wenn er von diesen Wechseln erzählt, strahlt der junge Mann wie die Sonne, die für ihn aufging: «Was Umgangston und Arbeitsklima betrift... das war wie Tag und Nacht. Plötzlich glaubte man an mich, sagte mir, dass ich handwerklich etwas draufhätte. Ich hätte nie geglaubt, dass ich diese Ausbildung je beenden würde – noch dazu mit einer guten Note! Ich bin heute gern Schreiner.»

Autorität

Im September 2021 zieht David mit einem Teil der Wohngemeinschaft von Oftringen nach Mellingen, um dort ein neues OpenHouse zu gründen. Das Leben in der christlichen Gemeinschaft und die intensive, ehrliche Auseinandersetzung mit sich selbst, seiner Vergangenheit und seiner Beziehung mit Jesus haben David aufblühen lassen. Er wünscht sich: «An dieser Gemeinschaft sollen auch andere Menschen teilhaben, ganz egal, wie sie zu Gott stehen.»

«Ich habe gelernt und erfahren, wenn ich im Namen von Jesus bete, habe ich Autorität über die dunklen Mächte.»

Zum Schluss sprudelt es aus dem jungen Mann heraus: «Ich führe kein perfektes Leben. Es muss noch vieles in mir heilen, aber ich habe gelernt und erfahren, wenn ich im Namen von Jesus bete, habe ich Autorität über die dunklen Mächte. Dann verziehen sie sich. Jesus hat sie durch seinen Tod am Kreuz besiegt. Daran glaube ich – und davon sollen alle Menschen hören!»

David auf Instagram

Hast du eine Frage an David? Oder hast du Ähnliches erlebt wie er? Wünschst du ein Gebet?

Im OpenHouse in Mellingen bist du herzlich willkommen! Kontaktiere David über Instagram oder erfahre hier mehr über OpenHouse: www.openhouse4cities.com

 

Datum: 17.10.2022
Autor: Florian Wüthrich / Manuela Herzog
Quelle: HOPE-Regiozeitungen