Anna und Stefan Fink

Rund ums Kind kompetent

Anna (55) und Stefan (61) Fink, wohnen in Spiez
Anna und Stefan Fink aus Spiez haben fünf Kinder. Gemeinsam setzen sie sich dafür ein, dass Kinder einen guten Start ins Leben erhalten und Familien gestärkt werden. Hier schlägt ihr Herz im Gleichtakt.

«Wir haben uns am Wickeltisch kennengelernt», beginnt Anna Fink das Gespräch und schmunzelt. Die Grabserin arbeitete 1988 als Kinder- und Säuglingspflegerin auf der Wöchnerinnenstation, der gebürtige St. Galler als Assistenzarzt im Spital Altstätten. «Wenn ich Zeit hatte, half ich mit, die Neugeborenen zu wickeln», ergänzt Stefan. Er war damals in der katholischen, Anna in der reformierten Kirche beheimatet. Sie stellten fest, dass ihnen die gleichen Werte wichtig sind. Beide wuchsen in Familien auf, in denen der gemeinsame Gottesdienstbesuch dazugehörte. «Unsere Eltern haben uns den Glauben auf gute Art weitergegeben», halten sie fest.

Erster Umzug ins Berner Oberland

Aufgrund ihrer unterschiedlichen Konfession tauschten die heute 55- und der 61-Jährige viel aus über die Art, wie sie ihren Glauben leben, was ihnen wichtig ist und was sie weitergeben möchten. Im August 1990 wurden sie in der reformierten Kirche Grabs von einem Freund Stefans, einem katholischen Priester, getraut. Das junge Paar zog nach Saanenmöser, Stefan arbeitete als chirurgischer Assistenzarzt im Spital Saanen. Wenn der zuständige Gynäkologe aus Zweisimmen bei einer Geburt nicht rechtzeitig anwesend sein konnte, holte die Hebamme ihn jeweils dazu. Bald erwartete Anna ihr erstes Kind. Nun selbst Vater erkannte Stefan, dass es ihm Freude bereitet, Frauen während der Schwangerschaft und der Geburt zu unterstützen. Schliesslich wählte er Geburtshilfe und Gynäkologie als Fachrichtung. Zwischen 1991 und 1999 wurden er und Anna Eltern von drei Töchtern und zwei Söhnen.

Tour de Suisse

Stefans Weiterbildung führte die Familie quer durch die Schweiz. Nach einer Zeit als Oberarzt in Lugano kam er als Chefarzt ans Spital Erlenbach. In Spiez mieteten Finks zunächst das Haus eines älteren Ehepaars. «Sie freuten sich sehr, dass wieder eine Familie die Räume mit Leben füllte», erinnern sich Anna und Stefan, die das Haus später kauften. «Wir wollten in Spiez sesshaft werden und vertrauten Gott, dass er uns gut führt.» Als die regionalen Spitäler 1999 fusionierten und die Geburtsabteilung in Erlenbach geschlossen wurde, wechselte Stefan als Leitender Arzt nach Thun.

«Die ersten drei Jahre sind ausschlaggebend, ob ein Kind eine gute Bindung aufbauen kann.»

Gute Bindung ermöglichen

Hier setzte er sich zusammen mit der Leitenden Hebamme für eine familienfreundliche Geburtshilfe ein. Sie initiierten ein Familienzimmer und erreichten mit ihrem Team die Zertifizierung als «stillfreundliches Spital». Eltern und Kinder können sich hier in einer ruhigen und sicheren Umgebung kennenlernen. «Die ersten drei Jahre sind ausschlaggebend, ob ein Kind eine gute Bindung aufbauen kann», erklärt der Geburtshelfer. Aus seinem Glauben und dem Gebet schöpft Stefan immer wieder Kraft und Zuversicht für seine Arbeit, weiss Gott dabei stets an seiner Seite. Am 1. Februar 1998 eröffnete er in Spiez eine gynäkologische Praxis, später erweiterte er diese mit einer Kollegin zu einer Gemeinschaftspraxis. Als erfahrener Vater wird Stefan nun auch in Sachen Kindererziehung um Rat gefragt. «Es entlastet meine Patientinnen, wenn ich ihnen bestätige, dass auch unsere Kinder herausfordernde pubertäre Phasen durchlebten», sagt er und lächelt.

Bonding fördern

Anna engagierte sich zehn Jahre lang Vollzeit als Mutter und Hausfrau für ihre Familie. Danach bildete sie sich zur Stillberaterin weiter und bot in der Praxis ihres Mannes Beratungen an. «Es hat mir viel Freude gemacht, Mütter in Stillfragen zu begleiten und sie in ihrer Kompetenz zu stärken!», erklärt sie. Einen grossen Wert sieht das Paar im Bonding. Damit sind die ersten Stunden nach der Geburt gemeint, während denen das Neugeborene der Mutter auf die Brust gelegt wird und sie einander in Ruhe spüren und kennenlernen können. «Wenn das aus medizinischen Gründen nicht möglich ist, kann es nachgeholt werden», weiss Anna.

«Es entlastet meine Patientinnen, wenn ich ihnen bestätige, dass auch unsere Kinder herausfordernde pubertäre Phasen durchlebten.»

Politisch aktiv

Kindern ein gutes Umfeld zu bieten und etwas zum Gemeinwohl beizutragen, liegt Anna und Stefan am Herzen. Beide engagierten sich in der Leitung ihrer Landeskirchen. Dabei erlebten sie eine gute Zusammenarbeit von Katholiken, Reformierten und Freikirchlern. Für sie ist wichtig, dass Jesus Christus im Mittelpunkt aller Aktivitäten steht. Mit der Zeit fanden sie im Evangelischen Gemeinschaftswerk (EGW) ihre Gemeinde. Anna engagiert sich bis heute im Bereich Kinder und Familien und gehört zur Gemeindeleitung. Sinnvolle Freizeitbeschäftigungen für Kinder und Jugendliche sind ihr wichtig. Durch Wertschätzung möchte sie deren Entwicklung unterstützen. 2008 wurde Anna politisch aktiv. Für die EVP nahm sie in der Bildungskommission Einsitz, gehörte dem Grossen Gemeinderat an und ist seit sechs Jahren Sozialvorsteherin. «Das brauchte schon Mut», gesteht die engagierte Frau. Gottvertrauen hilft ihr immer wieder, Unbekanntes anzugehen. «Mut ist Angst, die gebetet hat», zitiert sie Corrie ten Boom, die KZ-Überlebende, deren Familie Juden versteckte.

Fokus auf Kleinkinderzeit

«Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die ersten drei Jahre wesentlich sind für die Entwicklung des kindlichen Gehirns und auch für die soziale Entwicklung», erklärt Stefan. Kinder bräuchten Geborgenheit und sichere Bindungen mit verlässlichen Personen, ergänzt seine Frau. Das Paar wünscht sich, dass werdende Eltern auf ihre Aufgaben vorbereitet werden, dass man sie begleitet und entlastet. Der Kleinkinderzeit soll ihr Wert zugestanden werden und Eltern sollen sich, unabhängig von ihrer Rollenverteilung, genug Zeit nehmen können, um für ihre Kinder da zu sein. «Holt Hilfe, nehmt sie an, wenn ihr an den Rand eurer Kräfte kommt», ermutigen Anna und Stefan junge Eltern. «Die Grossfamilie existiert kaum mehr – daher sollten wir alle aufeinander achten und uns beistehen!» Um Familien zu stärken, braucht es alle, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Auch das Ehepaar Fink möchte sich weiterhin für die Stärkung von Familien engagieren; die eigenen Kinder sind unterdessen ausgeflogen. (mf)

«Praxis für die Frau»

Stefan Fink betreibt seit 25 Jahren in Spiez eine Praxis für Frauenheilkunde, seit über 15 Jahren führt er diese zusammen mit einer Kollegin als Gemeinschaftspraxis. Im Praxisteam arbeiten Hebammen, Pflegefachfrauen und medizinische Praxisassistentinnen. Weiter besteht eine enge Zusammenarbeit mit Stillberaterinnen. Stefan Fink verfügt selbst über diese Ausbildung und hat im Rahmen seiner Diplomarbeit ein Still-Nachschlagewerk für Assistenzärzt/innen verfasst. Er arbeitet als Belegarzt im Spital Thun.

www.praxisfuerdiefrau.ch

Datum: 13.10.2022
Autor: Mirjam Fisch
Quelle: HOPE-Regiozeitungen