Das Modell kehrt ins Heilige Land zurück
Das Modell umfasst auf 4.5 Quadratmetern den ganzen Tempelberg von Jerusalem. Die Anglikanische Kirche hat es der Pilgermission St. Chrischona abgekauft. Diese wiederum hat zuvor das Modell umfassend restaurieren lassen. Eine win-win Geschichte mit mehreren Kapiteln, die in Bettingen bei Basel ihre erste Seite aufschlägt.
Der Auftrag eines türkischen Pascha
Es hört sich an wie aus einem Märchen von tausend und einer Nacht, ist aber eine wahre Geschichte. Da ist ein württembergischer Handwerker namens Konrad Schick. Ein Schlosser, Feinmechaniker, Glockengiesser, Uhrmacher und ein frommer Mann. Nachdem er im Predigerseminar auf St. Chrischona fertig studiert hat, wird er 1846 von Christian Friedrich Spittler nach Palästina geschickt. Nachdem seine missionarischen Bemühungen sich sehr schwierig gestalten, und auch seine Uhren wegen der dortigen Hitze kaputtgehen, passiert etwas Wichtiges. Er wird Arbeitsaufseher einer «Industrieschule» und später Bauinspektor derselben Missionsorganisation. Das Industriehaus beschäftigt Muslime und Juden gleichermassen. Sie erhalten Arbeit, eine Ausbildung und lesen in der Heiligen Schrift.
Industriehaus Jerusalem, Weltausstellung Wien
In diesem Rahmen entwickelt Schick sich immer mehr zu einer bekannten Persönlichkeit in Sachen Archäologie und Stadtplanung. Er fängt an, Jerusalem auszumessen und Modelle der Stadt sowie des Tempelberges anzufertigen. Die türkische Regierung bittet ihn, für die Weltausstellung von 1872/73 in Wien zwei Modelle des Tempelberges anzufertigen. Dies nimmt Schick zum Anlass, den Tempelberg ganz genau auszumessen. Dank seiner guten Kontakte darf er sich dort frei bewegen. Mit Hilfe der Mitarbeiter des Industriehauses und unter grösster Sorgfalt stellt Schick diese Modelle her und liefert sie nach Wien.
Ein Modell findet nach Hause
Danach wandern die Modelle auf nicht ganz genau geklärten Wegen nach Basel und liefern einen Beitrag zu einer Dauerausstellung im Konziliumssaal des Münsters. Irgendwann finden sich die Modelle auf dem Dachboden des Basler Münsters wieder. Ob die Pilgermission sie haben wolle, fragt 1964 der Verwalter des Münsters bei der Pilgermission St. Chrischona nach. Ansonsten würde man sie der Kehrichtverbrennung zuführen. Sofort fährt die Pilgermission die Modelle nach St. Chrischona und verstaut sie auf dem Dachboden der Kirche. 1998 wird das Tempelbergmodell anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der «Arbeitsgemeinschaft für das messianische Zeugnis an Israel (amzi)» restauriert. Im Dezember 2011 schliesslich, fährt es auf Initiative der Anglikanischen Kirche über den Ozean, um nun mitten in Jerusalem Besucher und Besucherinnen zu erfreuen.
Der Leitvision Spittlers treu
Das Beispiel des Konrad Schick zeigt auf anschauliche Art und Weise auf, was Spittler wollte. Handwerksburschen sollten ausgebildet und mit der Bibel in der Hand in die Welt reisen.
«Das ist Auftrag und Kerngeschäft des Theologischen Seminars der Pilgermission St. Chrischona bis heute. Auch wenn sich sehr vieles geändert hat,» so Claudius Buser, Dozent und Kirchengeschichtler am Theologischen Seminar. Er hat massgeblich dazu beigetragen, dass das wunderschöne Modell eines frommen Württembergers zurück nach Jerusalem gefunden hat.
Datum: 27.12.2011
Autor: Dorothea Gebauer
Quelle: Livenet / Pilgermission St. Chrischona