Glaube und Naturwissenschaft

Plädoyer für einen besseren Umgang mit Ergebnissen der Astrophysik

Der Christ und ETH-Astrophysiker Prof. Dr. Arnold Benz bietet mit seinen Thesen eine tragfähige kommunikative Plattform zum Brückenschlag zwischen physikalischer Kosmologie und Schöpfungsglaube. Theologe Walter Gut hat sich eingehend mit ihnen befasst.
Ausschnitt des Universum der NASA (Hubble Deep Field 2014)
Walter Gut
Big Picture

Seit 40 Jahren beschäftigt sich Walter Gut, lic.oec.publ. und Theologe (73-76 Seminar Chrischona TSC), mit Fragen zu Naturwissenschaft und Schöpfung. Seit 2012 hat er 18 Vorlesungen zum Thema Universum/Astrophysik im Rahmen  der Volkshochschule Zürich besucht.

Als überzeugter Christ vertraut Walter Gut der Zuverlässigkeit des Wortes Gottes, plädiert aber auch für einen kommunikativen Umgang mit Forschungsergebnissen der Astrophysik.

Er bezieht sich dabei auf Thesen des ETH-Astrophysikers Prof. Dr. Arnold Benz.

Livenet publiziert hier das Plädoyer von Walter Gut, das als Brückenschlag zwischen physikalischer Kosmologie und Schöpfungsglaube dienen soll.

 

Plädoyer für einen sprachfähigen Umgang von Christen mit naturwissenschaftlicher Forschung

Im September 2014 hat Dr. Dominik Klenk, Leiter Brunnen Verlag Basel, in seinem Beitrag «Dawkins' Dilemma» mit Blick auf den Oxforder Biologen Richard Dawkins und andere prominente Naturwissenschafter, die sich als missionarische Atheisten gebärden, einen trefflichen Steilpass geliefert:
«Unser Problem sind nicht die Dawkinse dieser Welt, sondern ….der Verlust der Sprachfähigkeit in den Gemeinden… Wo Christen sprachfähig werden, da können sie sich fröhlich in die öffentliche Diskussion einmischen: nicht nur reagierend, sondern agierend; nicht nur reaktiv, sondern proaktiv; nicht nur defensiv, sondern offensiv und Kultur prägend.» (s. Livenet-Artikel vom 17.09.2014)

Schon vor fast 20 Jahren hat der ETH- Astrophysiker Prof. Dr. Arnold Benz das Urknall-Modell so umrissen:

«Der Anstoss zur Urknalltheorie kam ursprünglich aus der beobachteten Expansion der Galaxienhaufen... Es gibt nun aber noch Dutzende weitere Beobachtungsbefunde, von der Hintergrundstrahlung in Mikrowellen, der Helium-, Deuterium- und Lithiumhäufigkeit der Urmaterie bis zur Entwicklung der Quasare, die eine überwältigende Evidenz dafür ergeben, dass das Universum aus einem dichten Zustand expandiert… Laien, inklusive Soziologen, überblicken dieses Netz in den wenigsten Fällen. Sie unterschätzen daher die Robustheit etablierter Theorien und Modelle.» (In: «Arnold Benz, Einheit und Mehrdeutigkeit des Wirklichen: Astrophysik und Kosmologie», 1996)

Brückenschlag zwischen Schöpfungsglaube und physikalischer Kosmologie

Wie das konkret umgesetzt werden kann, zeigt der Astrophysiker Arnold Benz, der sich schon seit Jahren um den Dialog zwischen Naturwissenschaft Glaube bemüht. 2011 ist ihm für dieses jahrelange Engagement  von der Theologischen Fakultät der Universität Zürich die Ehrenpromotion verliehen worden. 

In dieser Perspektive präsentiert Arnold Benz zwölf Thesen zum Brückenschlag zwischen Schöpfungsglaube und physikalischer Kosmologie. Auszugsweise nachstehend 8 Thesen, die als tragende Pfeiler dieser Plattform gelten können:

These 1
Wer von Gott reden will, muss es mit menschlichen Erfahrungen verbinden. Gott als Hypothese zur Erklärung von Naturphänomenen ist nicht beweisbar und unnötig. Der Begriff «Gott» kommt in der naturwissenschaftlichen Fachliteratur nicht vor.

These 2
An Gotteserfahrungen nimmt der Mensch teil und ist davon betroffen. Gott lässt sich nicht unbeteiligt wahrnehmen. Mose hat Gott als ein Ansprechender wahrgenommen, der von sich sagte: «Ich bin, der ich sein werde» (2. Mose, Kapitel 3, Vers 14).

These 4
Das Universum ist nicht im Urknall entstanden, sondern das Resultat einer Entwicklung über 13,8 Milliarden Jahre.

These 5
Die Entwicklung des Universums ist unergründlich komplex, obwohl die Grundgesetze gut bekannt sind. Die Karte des Wissens ist weisser als früher: das uns bekannte Unwissen ist schneller gewachsen als das Wissen. Die Naturwissenschaft kann die Wirklichkeit nicht ausloten.

These 9
Schöpfung ist keine Erklärung der naturwissenschaftlichen Resultate, sondern eine von mehreren möglichen Deutungen. Sie ist nicht zwingend, aber angemessen.

These 10
Die Schöpfungsdeutung ist nur zu verantworten, wenn sie sich letztlich auf teilnehmende Wahrnehmungen bezieht, wie Staunen und Erschrecken, oder transzendente und mystische Erfahrungen. Sie folgt nicht direkt aus der Naturwissenschaft. Die primäre Schöpfungswahrnehmung ist die Erfahrung des geschenkten eigenen Lebens. Schöpfung lässt sich nicht auf den Urknall reduzieren.

These 11
Das Universum und die Natur erkennen wir nur dann als Schöpfung, wenn wir erstaunt wahrnehmen, dass uns die lebenswichtigen Dinge geschenkt werden (nach Hans Weder).

These 12
Schöpfungsglauben bedeutet Schöpfungsvertrauen und ist auf die Zukunft ausgerichtet, nicht auf die Vergangenheit. Auf Schöpfung vertrauen heisst, das Universum in guten Händen zu wissen.

Auf dieser Grundlage können Christen und Gemeinden die Chance nutzen, mit Respekt und Sachverstand die Forschungsergebnisse der Kosmologie aufzugreifen und sprachfähig unseren Schöpfungsglauben zu kommunizieren. Dann werden wir von unserer Wissens-und Bildungsgesellschaft des 21. Jahrhunderts als glaubwürdig wahrgenommen.

Zur Webseite:
Webseite von Arnold Benz

Zum Thema:
Oxford-Professor John Lennox: «Gott will der Wissenschaft keine Konkurrenz machen»
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Zum Buch:
Arnold Benz, Die Zukunft des Universums - Zufall, Chaos, Gott?, 192 Seiten. 7. aktualisierte Auflage 2011, Patmos Verlag
Das geschenkte Universum: Astrophysik und Schöpfung, geb. 176 Seiten. 2. Auflage 2010, Patmos Verlag

Datum: 04.12.2015
Autor: Walter Gut
Quelle: Livenet

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