Solarpreis für Zürcher Architekten

Ein vom Zürcher Architekten Beat Kämpfen - Mitglied des Fachkreises Architektur der VBG (Bibelgruppen) - gebautes Wohnhaus in Zürich-Höngg ist mit dem Europäischen und dem Schweizerischen Solarpreis ausgezeichnet worden. Nationalratspräsident Yves Christen (FDP/VD) würdigte das Gebäude als zukunftsweisend.
Beat Kämpfen bemüht sich schon seit Jahren um ressourcenschonendes Bauen.
Die ganze Dachfläche wird mit Solarzellen belegt. Diese werden voraussichtlich soviel elektrischen Strom liefern, dass das Gebäude für Heizung, Lüftung, und Warmwasser überhaupt keine Fremdenergie mehr braucht.

Das Sechs-Familien-Haus mit dem Namen "Sunny Woods" wurde vollständig aus Holz gebaut. Die Fassade weist eine rund drei Mal dickere Wärmedämmung auf als üblich. Fast alle Räume sind nach Süden ausgerichtet, die Südfassade ist fast vollständig verglast. Der Strom für Heizung, Lüftung und Warmwasser sowie ein Teil der Beleuchtung wird weitgehend von einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach gewonnen. Das Haus, das bereits im Dezember 2002 mit dem schweizerischen und europäischen Solarpreis ausgezeichnet wurde, ist seit mehr als einem Jahr bewohnt. Laut Kämpfen waren die Wohnungen auch während Kälte- und Hitzeperioden durchwegs 21 bis 22 Grad warm.

Nationalratspräsident kritisiert Energiepolitik des Bundes

Nationalratspräsident Yves Christen zeigte sich an der Preisverleihung erstaunt, dass der Bundesrat das Budget von EnergieSchweiz bei den erneuerbaren Energien ab 2005 um 40 Millionen Franken oder 75 Prozent kürzen wolle, nicht aber bei nuklearer und fossiler Energie. Die einheimischen erneuerbaren Energieträger müssten stärker gefördert und der Verfassungsauftrag von 1990 ernst genommen werden.

Pilot- und Demonstrationsprojekt

Der Zürcher Stadtrat Andres Türler, Vorsteher des Departements der industriellen Baubetriebe und Vorsitzender des Elektrizitätswerks der Stadt Zürich, feierte Sunny Woods als Pilot- und Demonstrations-Projekt, welches vom EWZ gefördert wurde. Das EWZ hatte seinerseits 1998 für die Solarstrombörse den Europäischen Solarpreis erhalten, eine Pionierleistung in Europa, die einen Schneeballeffekt auslöste. Türler, der selbst in Zürich-Höngg wohnt, freute sich im Übrigen, dass ein Höngger die beiden Preise gewonnen hat.

"Wenn wir heute zur Verleihung des Europäischen Solarpreises hierher gekommen sind, dürfen wir Sunny Woods als logischen Entwicklungsschritt der Menschen bei der Nutzung der einzigen uns unbeschränkt zur Verfügung stehenden Energiequelle betrachten.", äusserte sich der neue Zentralpräsident der "suissetec", Peter Schilliger, Gemeindepräsident von Udligenswil dazu.

10 Prozent des konventionellen Energieverbrauchs

Beat Kämpfen wies seinerseits daraufhin, dass der Energieverbrauch seit 1950 um das vier- bis fünffache gestiegen sei, auch wenn die Heizungen effizienter und sauber geworden seien. Knapp die Hälfte des gesamten Energieverbrauchs werde heute von Gebäuden konsumiert, weil alle Räume praktisch gleichmässig beheizt würden. Durch Verschärfung der Baubestimmungen in den letzten 25 Jahren konnten zwar grosse Fortschritte gemacht werden. Dennoch gehe Sunny Woods noch erheblich weiter und benötige nur rund zehn Prozent der Energie eines konventionellen Neubaus.

Mit Solarhäusern in die Zukunft

"Der Energieverbrauch von Neubauten konnte in den letzten 30 Jahren halbiert werden", so Beat Kämpfer. "Vielleicht werden in wenigen Jahrzehnten die meisten Gebäude nur noch soviel Energie verbrauchen wie sie selber produzieren können".

In Zürich-Höngg stehen zwei Gebäude, bei denen neue Wege beschritten wurden, um die energetischen und die architektonischen Anliegen zu einem ganzheitlichen Konzept zu verschmelzen. Das 1963 erstellte Gewerbegebäude an der Limmattalstrasse 38 - ein Umbau mit Solarfassade - liegt an einer sonnigen Lage mit Sicht über die Stadt. Da der Bau aufgrund seiner schlechten Bausubstanz nicht mehr brauchbar war, drängte sich so Kämpfen ein tiefgreifender Umbau auf. Die Hanglage erlaubte, Hauszugänge auf verschiedenen Geschossen anzuordnen. In den talseitigen, nur einseitig belichteten Geschossen werde eine Schreinerei eingerichtet, in die oberen Geschosse bergseitig erschlossene Wohnungen eingebaut. Dazwischen bilde ein Bürogeschoss eine schalldämmende Pufferzone.

Die markante Südfassade nutze die Sonnenenergie auf vielfältige Weise. Sie lässt laut Kämpfen Licht in die Wohnungen und produziert zusätzlich Warmwasser und Elektrizität. Die in die Fensterbrüstungen integrierten Sonnenkollektoren liefern Wärme für Bad, Küche und die Heizung. Die Vordächer beschatten im Sommer die grossen Fensterflächen und erzeugen gleichzeitig elektrischen Strom. Dieser reiche aus, um den Bedarf von zwei bis drei Wohnungen zu decken. Der Energiebedarf des Hauses werde durch eine aufwändige Wärmedämmung der Gebäudehülle und eine Lüftungsanlage, die für frische Luft auch bei geschlossenen Fenstern sorgt, minimiert. Wenn die Sonne nicht scheint, schalte sich die automatische Holzheizung ein, die Sägemehl und Holzschnitzel aus der Schreinerei verbrennt. Dank der verschiedenen, sich ergänzenden Nutzungen könne die Wärmeversorgung dieses Hauses autark funktionieren.

Sunny Woods: Mehrfamilienhaus in Holzbauweise

Das Mehrfamilienhaus Im oberen Boden 165, mit sechs Eigentumswohnungen, liegt am Stadtrand an einem sonnigen Waldrand. Trotz der hohen Ausnutzung des Grundstückes sind die zweigeschossigen Wohnungen gemäss Kämpfen hinsichtlich Wohnqualität mit Einfamilienhäusern vergleichbar (Garten oder Dachterrasse, eigener Eingang und flexibel nutzbare Räume).

Aus energetischen und ökologischen Gründen wurde das viergeschossige Gebäude in reiner Holzbauweise erstellt. Jede Wohnung habe ein eigenes, autonomes Energiesystem, das auf das architektonische Konzept abgestimmt sei. So sind fast alle Räume nach Süden orientiert. Die hohen Spezialfenster lassen gemäss Kämpfen die Sonnenstrahlen herein, die Wärme aber nicht mehr hinaus. Die Wärmedämmung von Fassade und Dach seien rund dreimal dicker als üblich. Die unbeheizten Kelleräume wurden konsequent vom beheizten Volumen getrennt. In die Balkongeländer seien röhrenförmige Sonnenkollektoren eingebaut, die Energie für Heizung und Warmwasser gewinnen. In die Wohnungen werde konstant Frischluft eingeblasen, die in einem Erdregister vorgewärmt wird. In den Tagen ohne Sonne sorge eine Wärmepumpe für die notwendige Energie.

Alle Massnahmen zusammen bewirken laut Kämpfen nicht nur, dass der gesamte Energieverbrauch für Heizung, Lüftung und Warmwasser rund sechs Mal tiefer sein werde als bei einem durchschnittlichen Neubau, sondern stellen auch einen hohen Komfort für die Bewohner sicher. Mit der Unterstützung des Bundesamtes für Energie und des Elektrizitätswerkes der Stadt Zürich werde zusätzlich die ganze Dachfläche mit Solarzellen belegt. Diese würden voraussichtlich soviel elektrischen Strom liefern, dass das Gebäude für Heizung, Lüftung, und Warmwasser überhaupt keine Fremdenergie mehr brauche.

Die beiden Gebäude zeigen, so Kämpfen, dass es heute schon möglich sei, komfortable Wohnungen mit attraktiver Architektur zu bauen und gleichzeitig die natürlichen Ressourcen zu schonen. Die Bewahrung der Schöpfung müsse auch für die Architektur zu einem wichtigen Thema werden.

Redigiert: Livenet, Antoinette Lüchinger

Beat Kämpfen ist Architekt ETH/SIA und wohnt in Zürich. www.kaempfen.com

Autor: Beat Kämpfen

Datum: 15.09.2003
Quelle: VBG

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