Doch aus der Königszeit? - Disput um die Joas-Inschrift flammt wieder auf

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Im Januar 2003 ging eine Sensationsmeldung um die Welt: In Jerusalem war eine Steinplatte aufgetaucht, auf der angeblich Bauarbeiten am Tempel Salomons im 9. Jahrhundert vor Christus beschrieben waren – die frühste archäologische Inschrift aus der Hauptstadt der israelitischen Könige. Die israelische Antikenbehörde IAA erklärte die Inschrift im April jedoch als Fälschung.

Nun fordern vier prominente Wissenschaftler mit einem Schreiben an Bildungsministerin Limor Livnat eine neue Untersuchung. Professer Chaim Cohen, Linguist an der Ben-Gurion-Universität, der Geophysiker Joel Kornfeld, Professor in Tel Aviv, der führende Jerusalem-Archäologe Dr. Gabriel Barkay und der Sprachwissenschaftler Dr. Joel Elitzur finden sich nicht mit dem Urteil ab.

Die vier kritisieren, dass die Experten die Inschrift nicht unvoreingenommen studierten, sachliche Fehler begingen und deswegen voreilige Schlüsse zogen. Es seien Fachleute beigezogen worden, die die Echtheit zum vornherein leugneten, während andere, die dem Fund wohlwollend gegenüber standen (wie die zwei Autoren des ersten Berichts), nicht mittun konnten.

Das IAA-Komitee hatte festgehalten, dass der Mix der Spuren von Kalk, Lehm, Kohle und Gold, die neben der Inschrift gefunden wurden, in der Natur nicht existiere. Weiter urteilten die Fachleute, der Schreiber der Zeilen habe nicht in der fraglichen Zeit, dem 9. Jahrhundert vor Christus, gelebt.

Die Inschrift schildert Renovationsarbeiten am Tempel Salomos in ähnlichen Worten wie der Bericht der Bibel über die Herrschaft von König Joas (2. Könige 12). Ist sie authentisch, stellt sie einen starken Beweis für die historische Glaubwürdigkeit des Alten Testaments dar.

Die Fragen sollen, so die vier Forscher, von einer neuen Expertengruppe erörtert werden. Chaim Cohen unterstreicht, dass vom Standpunkt der Sprachwissenschaftler aus “nichts auf eine Fälschung hinweist“. Er könne alle Belege, welche seine Kollegen für eine Fälschung angeführt hätten, kategorisch widerlegen. Er und andere Experten könnten alles in die Zeit von König Joas einordnen.

Gleichwohl zweifeln die vier ebenfalls an der Echtheit. Aber sind nach eigenem Bekunden “weit davon entfernt, sie von vornherein abzulehnen, wie es das IAA-Komitee tat“. Zu Zweifeln Anlass gibt namentlich auch die Tatsache, dass die Platte zuerst im Besitz des Antiquitätenhändlers Oded Golan war.

Für Cohen ist klar, dass Golan noch diverse Fragen zufriedenstellend beantworten muss. Der Linguist bezweifelt indes, dass Golan mit seinem Wissensstand eine derart hochklassige Fälschung herstellen konnte: „Entweder ist die Inschrift authentisch, oder der Fälscher ist ein Genie“.

Die IAA gab gegenüber der Zeitung Haaretz, die den Fund im Januar 2003 publik gemacht hatte, vorerst keinen Kommentar ab.

Livenet-Bericht über den Expertenstreit 2003: http://www.livenet.ch/www/index.php/D/article/194/6212/

Datum: 12.03.2004
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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