Nacht des Heilens – Basler Kirchenleute arbeiten mit PSI-Veranstaltern zusammen

psi tage
Bruno Waldvogel
Daniel Hari

Am kommendne Samstag (8. November 03) wollen Geistliche der Basler Kirchen wiederum eine „Nacht des Heilens“ durchführen. Pikant: Sie arbeiten dabei mit den Organisatoren der Basler PSI-Tagen zusammen. Dies weckt Befürchtungen vor Vermischung einer christlichen Handlung mit esoterischen Praktiken. Das Basler Münster steht den Organisatoren jedenfals nicht mehr zur Verfügung.

Die eigentliche „Nacht des Heilens“ findet in der offenen Kirche Elisabethen statt. Bereits ab 14 Uhr jedoch beginnt diese „Nacht“ im grossen Hörsaal des Zentrums für Lehre und Forschung in der Basler Hebelstrasse. Daran schliessen sich Workshops, Vorträge, Diskussionen, Gesprächszirkel, Führungen etc. an neun verschiedenen Orten der Stadt an. Für die Veranstaltungen bezahlen Interessierte 20 Franken.

Heftige Diskussionen

Vor einem Jahr hatte eine ähnliche Nacht des Heilens im Basler Münster für heftige Diskussionen gesorgt. So kritisierten insbesondere Theologen und Aktive aus der Evangelisch Allianz von Basel eine Vermischung von christlichen und esoterischen Praktiken im Heilungsgottesdienst. Innerhalb einer mehrteiligen Diskussionsveranstaltung versuchten später die Verantwortlichen, Vorurteile und Missverständnisse aus der Welt zu schaffen. Mit mässigem Erfolg. Die Basler Münstergemeinde war jedenfalls nicht mehr bereit, den Veranstaltern ihr Gotteshaus zur Verfügung zu stellen.

Dieses Jahr gibt sich das verantwortliche Team alle Mühe, schon im voraus Widerständen und Ängsten zu begegnen. An einem Medienapéro erklärte Lucius Werthmüller, Projektleiter der Basler Psi-Tage, am Dienstag, dass es an den Psi-Tagen darum ginge, „sich mit grenzwissenschaftlichen Methoden mit dem Phänomen des geistigen Heilens auseinander zu setzen“. Er warnte vor Heilern, die mit Drohung und Einschüchterung arbeiten und ihren Klienten verbieten, medizinische Betreuung in Anspruch zu nehmen. Auch dürfe eine Heilerin nie versprechen, jemanden heilen zu können. Er dürfe allerdings die Patienten ermutigen und ihnen Hoffnung geben. Kriterien für glaubwürdige Heilerinnen sind für ihn unter anderem „der Verzicht darauf, den Klienten von sich abhängig zu machen, der Verzicht auf Heilungsversprechen und den Zwang zur Bekehrung zu einem bestimmten Glauben“.

Kriterien des „geistigen Heilens“

Der christkatholische Pfarrer Michael Bangert nannte theologische Kriterien des „geistigen Heilens“. 1. Die heilenden Kräfte sind als Gabe Gottes zu verstehen. Der Heilende orientiert sich am Heilshandeln des Jesus von Nazareth. 2. Persönliche Integrität, Bescheidenheit, Respekt und Zurückhaltung sind für einen verantwortbaren Umgang des Heilenden mit der grossen Macht, über die er verfügt, unverzichtbare Voraussetzung. 3. Heilen im christlichen Sinn heisst auch, mit dem suchenden Menschen das Unheilbare auszuhalten. 4. Es ist eine Schöpfungsspiritualität nötig, die uneigennützig und fair auf die Bedürfnisse des Heilung suchenden Menschen achtet.

Hier hakt einer der Kritiker der Veranstaltung ein. Für Pfarrer Bruno Waldvogel von der Gellertkirche bzw. Münstergemeinde ist die theologische Basis der Heilungsveranstalter zu dünn. Heilung sei im Neue Testament immer mit dem Reich Gottes verbunden. Heilung und Heil (Schalom, Rettung, Versöhnung) gehörten zusammen. Bei den Heilerinnen, auch wenn sie persönlich integer seien, werde nicht immer klar, aus welchen Quellen sie schöpften. Die Bibel verlange aber nachdrücklich eine Unterscheidung der Geister (1. Kor. 12). Mit einer rein äusserlich psychologisierenden Kriterienliste für Heilende würden die wesentlichen Punkte gerade nicht angesprochen. Viele Heilende beriefen sich ja auf spiritisch initiierte Quellen – was gemäss biblischen Texten Gott ein Gräuel sei (5. Mose 18,10f). Der Heilungsdienst der Kirche dürfe nicht ohne die Verbindung mit Jesus (Nachfolge) geschehen, so Waldvogel gegenüber Livenet. Beim christlichen Heilungsdienst stünden weder die Heilenden noch die Heilung im Zentrum, sondern die Person und Botschaft Jesu Christi. Auch wenn derartige Veranstaltungen in einer Kirche stattfänden, seien sie nicht einfach christlich: „Nur weil ich in einer Garage stehe, bin ich ja nicht unbedingt ein Auto!“

Halt in Christus finden

Zum Punkt 3 meint der Theologe, es könne nicht nur darum gehen, das Unheilbare auszuhalten, sondern den Leidenden müsse geholfen werden, Halt in Christus zu finden. Kritisch ist er auch gegenüber dem Begriff „Schöpfungsspiritualität“. Dieser öffne – falsch verstanden – Tür und Tor für einen Synkretismus. So nämlich, dass die christozentrische Offenbarung des Geistes, wie sie im Neuen Testament gezeigt werde, im Raum der Kirche relativiert oder rückgängig gemacht werde.

Bei der Argumentation der Veranstalter fällt auf, dass sie sich wohl um eine theologische Klärung bemühen. Andererseits vermuten sie Kritik noch stärker vonseiten medizinischer und wissenschaftlicher Kreise, welche das Heilungshandeln als Scharlatanerie abtun. Ihnen gegenüber betont man die ethischen Kriterien, welche bei der Heilungsveranstaltung gelten sollen.

Bruno Waldvogel betont im übrigen, dass die Nacht des Heilens keine Veranstaltung der „Basler Kirchen“ sei. Es gebe in den Basler Kirchgemeinden und auch im Pfarrkapitel viele kritische Stimmen gegenüber diesen hochstilisierten Heilungsangeboten. Waldvogel leicht sarkastisch: „Wir bieten jeden Sonntag im Rahmen des normalen Gottesdienstes das Krankengebet an. Wozu das ganze Theater?“

Jesus als Heiler entdecken

von Daniel Hari

Ein paar Kirchen, die auch unter dem Jahr Heilungsveranstaltungen zusammen mit GeistheilerInnen anbieten, gehen mit dieser Nacht des Heilens auf die Sehnsucht von vielen Heilungssuchenden ein und machen somit auch Werbung für die kommenden PSI-Tage.

Vor zwei Jahren war ich als Augenzeuge im Basler Münster anwesend und freudig überrascht, wie viele Menschen in eine Kirche kommen und Heilung suchen. Dies ist sicher ein Verdienst der Kirchen in Basel, die seit ein paar Jahren solche Angebote machen und damit einem sehr wichtigen Bedürfnis nachkommen.

Enttäuschend war für mich jedoch der konkrete Inhalt dieses zwar sehr feierlich und vielen Ritualen gestalteten Heilungsgottesdienstes. Es wurde aus synkretistischen Quellen und der Tradition und Kraft der englischen Geistheiler geschöpft.

Ich fragte mich ständig: Wann erhalten Heilungssuchende endlich eine Chance, direkt mit Jesus Christus in Kontakt zu kommen, dem grössten Heiler aller Zeiten? Warum wird nicht ganzheitlich auf Heilung eingegangen? Jesus Christus befähigt Menschen, sich untereinander und auch mit Gott zu versöhnen. Wann hören und sehen wir ein paar Berichte von kürzlich geheilten Personen. Dies wäre eine grosse Ermutigung für anwesende "unheilbar" Kranke, die in ihrer Not letztendlich nur noch auf Gottes Eingreifen hoffen können und in einer Kirche von Jesus Christus die (Er-)Lösung erwarten.

Solche Angebote sind grundsätzlich in Kirchen sehr zu begrüssen. Doch Besucherinnen und Besucher dürfen mit Recht eine christozentrische Art der Heilung in einer christlichen Kirche erwarten, wie sie in den Evangelien beschrieben und heutzutage weltweit mit Erfolg von vielen Laienchristen praktiziert wird. Um es nochmals zu betonen: Jesus Christus ist nach wie vor die erste Adresse besonders für "unheilbar" Kranke. Dieses Angebot muss dringend ausgebaut werden, wenn christliche Kirchen im neuen Jahrtausend glaubhaft bleiben und die Nöte von vielen kranken Mitmenschen ernst nehmen wollen. Persönlich freue ich mich auf den Zeitpunkt, wo Jesus Christus in den Kirchen im grossen Stil - auch als Heiler - wieder neu entdeckt wird.

Daniel Hari
Freischaffender Pfarrer, Autor des Buches "Heilen wie Jesus"

Datum: 06.11.2003
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet.ch

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