Anatevka: Wenn der Dirigent im Regen steht…

Anatevka
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„Es wird auch bei Regen gespielt“: Auf der Thuner Seebühne wird derzeit das Musical ‚Anatevka’ gegeben – laut Prospekt auch bei Regen. Wirklich? Wie denn? Ich war gespannt.

Zeitig fanden wir uns am Schalter ein, um die Billette für die Vorstellung um 20.15 Uhr abzuholen – und dann verdüsterte sich der Himmel weiter. Ein Gewitter zog über die Stadt hinweg und regnete sich aus, mit Blitz und Donner. Acht Uhr lange vorbei – wir warteten unter einem Dach in der Uferanlage. Über Lautsprecher wurden die Besucher zur Geduld aufgefordert.

Nach halb neun tröpfelte es nur noch, und wir konnten die Seetribüne betreten. Der Hauptsponsor verteilte Plastikregenschütze, die gleich übergezogen wurden. Und das Orchester? Ja, es war da. Es stimmte seine Instrumente unter zwei Blachen. In ihrer Mitte der ungedeckte Raum über dem Dirigentenpodest.

Und dann war es soweit. Tatsächlich: Der Dirigent Iwan Wassilevski begann im Regen zu dirigieren. Der ‚Fiedler auf dem Dach’ hatte einen Begleiter, der einen Schirm über ihn hielt. Die Menschen von Anatevka unterhielten sich, sangen und tanzten, während wir uns von Kopf bis Fuss in Plastik hüllten.

Vor der Tanzszene wischte ein Helfer Regenlachen von der Bühne. Aufführung trotz Regen. Neben den grossartigen Songs, dem Schmerz des Milchmanns Tevje und seiner resoluten Frau und dem bewegenden Grundthema jüdischer Wander-Existenz machte mir diese Entschlossenheit Eindruck.

Umso mehr, als es auch sonst im Leben, an der Arbeitsstelle, in der Partnerschaft, bei erzieherischen Aufgaben darauf ankommt. Entschlossenheit. Bei Regen, auch unter widrigen Umständen. Dranbleiben, nicht abtauchen, sondern die ganze (kreative) Leistung bringen, um Anderen eine Freude zu machen: Das Thuner Anatevka-Ensemble hat mit seinem kollektiven Einsatz gezeigt, was uns auch sonst im Leben weiterführt.

Machen wir uns nichts vor: Jedes Vorhaben, das wir angehen, braucht ein Stück Entschlossenheit. Sonst ist es nicht viel mehr als eine Idee. Das trifft auch auf das Leben mit dem zu, der uns geschaffen hat. Bei Gott haben wir starke Unterstützung zum Dranbleiben.

Er setzt uns zwar diversen Wechselfällen aus. Wir stehen nicht immer auf der Sonnenseite des Lebens. Aber er liebt uns, Jede und Jeden persönlich. Und diese Liebe kann nicht ausgehöhlt, ausgewaschen oder zerrieben werden. Nicht bei ihm. Sie und ich, wir alle können uns auf die Liebe Gottes verlassen, bei jedem Schritt, heute und morgen.

Das macht mir Mut. Gott garantiert Beistand. Ich finde etwas davon in einem Satz im Buch des Propheten Jesaja: „Berge mögen von ihrer Stelle weichen und Hügel wanken, aber meine Liebe zu dir kann durch nichts erschüttert werden und meine Friedenszusage wird niemals hinfällig.“ Wenn Tevje und seine Freunde alles, was ihnen in Anatevka lieb geworden war, hinter sich lassen und ins Unbekannte aufbrechen mussten, dann konnten sie sich an dieses Wort halten.

Datum: 18.08.2004
Autor: Peter Schmid
Quelle: Jesus.ch

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