Frau und Beruf

Wie bewältige ich den Alltag?

Familienalltag ist anstrengend. Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, ist und bleibt eine grosse Herausforderung.
Wie bewältige ich als Mutter nun diese verschiedenen Schul­besuchszeiten?
Grundsätzlich unter­stützt mich mein Mann wo immer möglich.

Zurzeit ist das Thema Familie wieder aktuell. Die Medien bringen regelmässig täglich Bei­träge zur Familienpolitik oder Er­fahrungsberichte von berufstäti­gen Müttern. Der Grund: Politi­sche Parteien aller Schattierun­gen bis hin zum Arbeitgeberprä­sidenten fordern mehr strukturel­le Angebote, damit Familienfrau­en wieder berufstätig werden können. Konkret werden die Ar­beitgeber aufgefordert, Krippen­plätze zu schaffen. Ausserdem sollen überall Blockzeiten eingeführt werden.

Rahmenbedingungen

Dahinter steckt die Erkenntnis, dass Familien immer mehr zu ei­nem Armutsrisiko werden, weil der Lohn des Vaters oder der al­lein erziehenden Mutter zur Si­cherung der Existenz nicht mehr ausreicht. Die Fakten sprechen für sich. Immer weniger Frauen mit guter Ausbildung sprechen sich für ein Kind aus. In Europa gibt es immer weniger Kinder. Familien haben es also al­les andere als leicht.

Das sind also die gesellschaft­lichen Rahmenbedingungen, in denen wir heute leben. Wenn die­se Fakten so konzentriert vor Au­gen stehen, wird eines klar: Un­sere Gesellschaft ist alles andere als familienfreundlich.

Der Familienalltag heute

Wie sieht denn der Alltag einer Familie mit schulpflichtigen Kin­dern aus? Am Beispiel unserer Familie möchte ich dies veran­schaulichen. Wir leben in einem Dorf mit rund 6000 Einwohnern in der Nähe einer grösseren Stadt. Unsere drei Kinder sind zwischen neun und vierzehn Jahre alt und besuchen Primarschule und Oberstufe. Bis jetzt haben wir das traditionelle Schulsystem erlebt, das heisst keine Blockzeiten. Allerdings wurde vor drei Jahren die Fünf-Tage-Woche eingeführt, deren Einführung viele Ängste auslöste. Inzwischen haben sich alle daran gewöhnt. Es lässt sich jedoch nicht bestreiten, dass der Leistungsdruck unter der Woche eher zugenommen hat.

Wie bewältige ich als Mutter nun diese verschiedenen Schul­besuchszeiten? Ich bin grund­sätzlich Familienfrau, habe aber meine gezielten ausserhäus­lichen Aktivitäten. Fast täglich werfe ich einen koordinierenden Blick auf alle drei Stundenpläne unserer Kinder, um meine ausser­häuslichen Schwerpunkte zu pla­nen. Wichtig ist meine Präsenz vor allem, wenn die Kinder zur Schule gehen und wenn sie nach Hause kommen. Den Abschied am Morgen erlebe ich als wichti­gen Moment. Ich kann meine Kin­der bewusst segnen und sie un­serem himmlischen Vater anbe­fehlen. Oft bete ich auch um Weisheit und Konzentration in den Schulstunden und um Kreati­vität für die Lehrer.

Friede auf dem Schulhausplatz

Wichtig ist mir auch der soziale Friede auf dem Schulhausplatz und auf dem Schul­weg. Vor allem beim Mittagessen, wenn die Kinder abladen müs­sen, ist dies ab und zu ein Gesprächsthe­ma. Eine wesentliche Zeit beginnt zu Hause nach Schulschluss in der Aufgabenphase. Da gilt es zu motivie­ren, die bevorstehen­den Aufgaben kurz durchzusprechen, eventuell auch mitzu­helfen. Wenn immer möglich beginnen wir diese Phase mit einem Zvieri; die noch abwe­senden Kinder bekom­men ihn hingestellt.

Grundsätzlich bejaht mein Mann meinen Wunsch, nicht nur innerhalb der Familie tätig zu sein und unter­stützt mich wo immer möglich. Dies zu wissen ist mir eine grosse Hilfe. Die Verlockung ist natürlich immer wieder da, bei grösser werdenden Kindern die Freiräu­me mit ausserhäuslichen Akti­vitäten zu füllen. Da bin ich manchmal froh um die natür­lichen Begrenzungen durch ver­schobene Stundenpläne, weil dann spürbar wird, dass ich nötig bin, wenn zum Beispiel ein Kind die Stunde alleine mit mir be­sonders genossen hat.

Bewusst planen

Dieser feste Rhyth­mus wird nur dann unterbrochen, wenn ich abwesend bin. Da mein Mann über Mit­tag nicht nach Hause kommen kann, bin ich als Mutter die haupt­sächliche Ansprechperson für die Kinder. Meine ausserhäuslichen Aktivitäten muss ich bewusst pla­nen. Als die Kinder kleiner waren, war das Organisieren eines Baby­sitters oft eine aufreibende Sa­che. Ab und zu kann mein Mann sich beruflich freistellen, vor al­lem wenn ich einen ganzen Tag abwesend bin. Unser Familienle­ben geschieht in relativ traditio­nellem Rahmen: die Mitarbeit des Vaters konzentriert sich vor allem auf die Wochenenden, weil er oft abends später nach Hause kommt. Dies heisst, dass ich per­sönlich gefordert bin herauszu­spüren, wie viel familienexterne Aktivitäten drin liegen. Bei allen Zusagen prüfe ich immer wieder: Liegt das von der Familiensitua­tion her drin?

Der Familienalltag der Zukunft

Es ist nun einmal nicht zu be­streiten, dass der Familienalltag mit grösseren Kindern wesentlich von der Schule bestimmt wird. Deshalb verzichten auch heute viele Mütter auf eine Berufstätigkeit. Ich bin mir si­cher, dass die Familie der Zukunft in dieser Hinsicht ganz neu gefor­dert sein wird. Zwei Untersuchungen der Fakul­tät für soziale Wissenschaften der Universität Utrecht stellen fest: „Die Reize geizen, wenn Mama arbeiten geht. Wenn eine Mutter mehr als 32 Stunden pro Woche arbeiten geht, ist sie nicht mehr in der Lage, die emotiona­len Bedürfnisse der Familie zu befriedigen. Insbesondere geht es mit der Gesundheit der Väter bergab.“

Defizite bei Kindern

Gemäss der Studie wäre eine Kombination, in der die Mutter 25 und der Vater 32 Stunden arbeitet, ideal. Aber welche Berufe lassen eine solche Arbeitsteilung zu? Demgegenüber stellt der Bildungsleiter einer der grössten privaten christlichen Schulen in Deutschland fest: „Die Kinder bringen immer mehr Defizite mit. Die Schule ist damit überfordert. Sie muss anders werden, weil viele Kinder die elementaren so­zialen Fähigkeiten nicht gelernt haben. Aus der Wissensvermitt­lung muss in Zukunft Bildungs­vermittlung werden. Die Schule wird ein „Sozialraum“ und erhält einen ganzheitlichen Auftrag, nicht nur Lernort, sondern auch Ort der sozialen Begegnung zu sein (mit Pausen- und Freizeitan­geboten, offen gestalteten Räu­men in der Schule usw.).“

Autorin: Ingrid Rubli

Datum: 20.03.2007
Quelle: Bausteine/VBG

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung