„Der Schule wird zu viel Erziehungs Verantwortung übergeben“

Daniel Kummer

In der Schweiz besteht eine starke Tendenz, der Schule immer mehr Erziehungsverantwortung zu übergeben. Das bedauert der evangelische Pädagoge Daniel Kummer, Leiter der Pädagogikarbeit der Vereinigten Bibelgruppen.

Dies sei vor allem deshalb problematisch, "weil damit der pluralen Schule eine Wertebereich übergeben wird, der ihr aus christlicher Sicht nicht einfach so zusteht". Die Schule unterstütze die Eltern in der Erziehung der Kinder, betont Daniel Kummer. Dieser Grundsatz sei in allen Schulgesetzen der Schweiz festgehalten. Die "primär erziehungsberechtigten" seien die Eltern. Dies leuchte schon deshalb ein, "weil der Staat keine Kinder gebären kann".

Interreligiöser Religionsunterricht

Diese Unterscheidung der Kompetenzen von Schule und Eltern ist für Kummer durch die Tendenz, der Schule immer mehr Erziehungsverantwortung zu übergeben, gefährdet. Exemplarisch sichtbar werde dies in der Diskussion über den Religionsunterricht im Kanton Zürich. Dort sei ein interreligiöser Religionsunterricht geplant, von dem man sich nicht mehr abmelden dürfe, weil ja "bloss" Wissen über Religion vermittelt werde. "Ein Religionsunterricht aber, der alle Religionen prinzipiell auf die gleiche Stufe stellt, ist alles andere als religiös neutral", stellt Kummer fest.

Aufbau religiöser Identität geht vor

Ein solcher Religionsunterricht werde dazu führen, "dass Jugendliche mit der Überzeugung aufwachsen, dass es in religiösen Fragen nicht um Wahrheit geht und jeder denken kann, was er will, solange es ihm hilft". Der Pädagogikfachmann der Vereinigten Bibelgruppen hält fest, dieser Eindruck entstehe nur schon dadurch, dass im Unterricht einander widersprechende religiöse Positionen gleichwertig nebeneinander stünden und kein werbendes Anliegen im Zentrum stehen könne. Das sei in einem Lebensabschnitt, in dem es um den Aufbau einer religiösen Identität gehe, eine Überforderung und klar abzulehnen. Es widerspreche auch grundsätzlich dem Selbstverständnis der Religionsgemeinschaften.

Kummer vermutet, dass hinter dem Projekt des interreligiösen Unterrichts das Interesse steckt, Religion zu zähmen und durch ihre Relativierung Toleranz fördern zu können. Dieser Überlegung widerspricht er kategorisch. Denn tolerant könne aus entwicklungspsychologischer Sicht nur der sein, der einen geklärten und vor allem gefestigten Standpunkt habe und die Wichtigkeit des friedlichen Zusammenlebens von seiner Überzeugung her verstehe. Allenfalls sei deshalb in der Volksschule "kein religiöser Unterricht einem interreligiösen Unterricht klar vorzuziehen".

Quelle: Kipa/idea schweiz

Datum: 28.02.2006

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