Familienleben

Meine Kinder gehen einen andern Weg

Was ist, wenn Kinder nicht in den Fussstapfen des Glaubens laufen, in denen die Eltern ihnen vorausgegangen sind, sondern einen andern Weg gehen? Oft führt das zu schmerzhaften Zerreissproben in Familien. Der folgende Erfahrungsbericht eines Elternpaars berührt mit seiner Ehrlichkeit. Die Erfahrungen sollen aber auch Mut machen, selber nicht zu verzweifeln, sondern Vergebung im Blick auf vergangene Versäumnisse in Anspruch zu nehmen und den Dialog zwischen den Generationen neu zu fördern.
Spuren
Roger u. Christina Rohner

Die Mutter schreibt: Wir haben zwei Söhne Werner (19) und Berthold (18), die beide unseren Glaubensweg nicht teilen. Wie kann man damit Leben? Es war ein langer Prozess, dem ich mich stellen mussten. Er begann vor etwas zehn Jahren.

Die geistliche Verbundenheit ist zerbrechlich

Werner war sehr engagiert in der christlichen Schülerarbeit. Nach einer längeren Reise kehrte er verändert zurück, löste sich von allem christlichen Engagement und trennte sich sogar von seinen christlichen Freunden. Jedem Gespräch über dieses Thema und allen Fragen von uns Eltern und den Freunden entzog er sich. Ich konnte es nicht einordnen. Was steckte dahinter? War es ein Abstandnehmen von den Werten des Elternhauses, das mit der Ablösung zusammenhing? - Zur gleichen Zeit löste sich Bertholds Jugendgruppe auf und er geriet unter sehr negative Einflüsse. In unserer Familie war etwas, das uns wie ein Geheimbund zusammen gehalten hatte, zerbrochen.

Ich geriet in tiefe Verzweiflung, schrieb die Mutter. Als erstes plagte mich der Gedanke: Was habe ich falsch gemacht? Je mehr ich darüber grübelte, um so mehr Erziehungsfehler wurden mir bewusst. Musste bei solchem Versagen nicht alles so kommen? Ich konnte mich kaum noch in der Gemeinde engagieren. Musste ich nicht mit meiner ganzen Familie ein Vorbild sein? Da war es für mich eine grosse Hilfe, Seelsorge in Anspruch nehmen zu können und zu erfahren, dass mir meine Schuld im Namen Jesu vergeben ist. Danach konnte ich in der Gemeinde offen zu der Situation stehen und machte die Erfahrung, dass sich mir Gemeindeglieder anvertrauten, die in ähnlichen Problemen steckten. Ich durfte einigen ein Stück weiterhelfen.

Bewusst loslassen und vertrauen

Auch gab es anfangs viel Streit zwischen uns Ehepartnern. Dabei warf ich meinem Mann vor, dass die Kinder nur so geworden sind, weil er zu wenig Zeit für sie hatte. Aus unserer wechselseitigen Vorwurfshaltung kamen wir erst heraus, nachdem wir uns gegenseitig vergeben hatten und uns versprachen, neu anzufangen.

Wir merkten, dass wir uns gerade jetzt besonders brauchten. Die Not und unsere Hilflosigkeit lehrten uns, ernsthaft zu beten. Wir erlebten dabei ermutigende Beispiele von Bewahrung und Hilfe. Das gemeinsame Gebet war auch eine grosse Hilfe, wenn mich Ängste überfielen.

Ich versuchte immer wieder, herauszufinden, warum in manchen nicht-christlichen Familien die Kinder den Weg zum Glauben fanden und dabei blieben. Da merkte ich, wie ich mit diesem Denken in eine Sackgasse geriet. Es begann mit Vergleichen und endete im Neid endete. Das alles half mir aber nicht weiter. Ein Bibelwort, das mir eine Freundin gab, traf mich: "Gib mir mein Sohn, meine Tochter, dein Herz und lass deinen Augen meinen Weg wohlgefallen." (Sprüche 23,26). Das hiess für mich: "Gib deinen Kummer und dein Leben Jesus und sage Ja zu den Wegen, die er dich gerade führt".

Oft hatte ich quälende Träume, in denen entscheidende Versäumnisse an meinen Kindern vorkamen. Da half es mir, in Gegenwart eines Seelsorgers die Bindungen an die Söhne zu lösen, sie innerlich freizugeben und biblische Verheissungen für sie anzunehmen, wie zum Beispiel: "Wer den Herrn fürchtet, hat eine sichere Festung, und auch seine Kinder werden beschirmt". (Sprüche 14, Vers 26) und "Ich will meinen Geist auf deine Kinder giessen, und meinen Segen auf deine Nachkommen." (Jesaja 44, Vers 3). Diesen Weg des Loslassens und Vertrauens muss ich immer wieder bewusst gehen. Die Träume sind nie wiedergekommen.

Werner zog dann für die Jahre der Ausbildung von zu Hause weg. Jetzt lebt er weit von uns entfernt. Wenn er heimkommt, ist die Freude auf beiden Seiten gross. Wir bemühen uns sehr, den Anderen in seinem inzwischen ganz anderen Lebensstil und seinen anderen Werten stehen zu lassen.

Trotzdem rutscht bei mir immer mal wieder ein Vorwurf heraus oder eine abwertende Bemerkung. Ich bemühe mich, mich dann, das nicht im Raum stehen zu lassen, sondern mich zu entschuldigen und das Gespräch zu suchen, damit wir in Frieden auseinander gehen können.

Datum: 22.12.2003
Autor: Roger Rohner
Quelle: Teamwork

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