Tipps und Strategien

Arbeitslosigkeit kann jeden treffen

Tipps und Strategien für Menschen mit und ohne Job Jedes Schicksal ist anders. Unter den vielen Menschen, die arbeitslos sind, gibt es zwar ähnliche Lebenssituationen, aber keine gleicht wirklich der anderen. Arbeitslosigkeit erlebt jeder auf seine eigene oft schockierende, frustrierende und mitunter alles in Frage stellende Art und Weise. Zwei Brüder, nennen wir sie Jens und Steffen, erleben eine fast gleiche Kindheit. Beide erlernen denselben Beruf und finden Arbeit in der Automobilindustrie, Jens bei Opel und Steffen bei VW. Jens erklimmt sehr schnell die Stufen der Karriereleiter und muss täglich zehn bis zwölf Stunden schuften. Steffen ist mindestens genauso fleissig, verliert aber aufgrund drastischer Einsparmassnahmen plötzlich seine Stelle. Jens sieht sich in seinen Lebensentscheidungen bestätigt, Steffen fühlt sich hingegen ungerecht behandelt, ist innerlich verunsichert. Arbeit gibt es wahrscheinlich genug. Das Problem ist nur: Sie ist teilweise wirtschaftlich unbezahlbar geworden oder tatsächlich ungerecht verteilt. Verantwortungsträger in Politik, Gesellschaft und Kirche haben sicherlich für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Doch längst ist dem einzelnen Arbeitnehmer von heute klar: Arbeitslosigkeit kann jeden treffen. Vorbeugen und Eigeninitiative ist unerlässlich. Nutzen Sie aus den folgenden Überlegungen deshalb gezielt die für Ihre Situation neuen oder wichtigen Impulse. Plötzlich arbeitslos Häufig erkennen wir den eigentlichen Wert von Arbeit erst, wenn wir sie nicht mehr haben. Denn neben den finanziellen Aspekten vermittelt ein fester Arbeitsplatz auch Wertschätzung und Selbstbewusstsein. Man ist mittendrin im Geschehen, aktiv beteiligt an fachlichen und organisatorischen Abläufen und Diskussionen. Man steht – wie alle anderen – im morgendlichen Stau, kauft zwischen 18 und 20 Uhr ein und muss sehen, wie man private Dinge einigermassen ordnen und bewältigen kann. Und dann, nach der Kündigung, sind da plötzlich viel Zeit und Raum für Gedanken und Grübeleien. Häufig kommt man in Erklärungsnöte gegenüber Nachbarn und Freunden. Unangenehme Behördenbesuche warten und vieles mehr. Je nach Temperament und Gemüt mögen auch ein paar Tage Genuss darunter sein: Einmal ausschlafen, Dinge ordnen, Kontakte vertiefen. Aber die innere Unruhe bleibt. Wie Arbeitslosigkeit erlebt wird, hängt unter anderem wesentlich von der Unterstützung durch Freunde und Bekannte ab, vom eigenen stabilen Wertesystem und von persönlichen Lebenszielen. Arbeitslos – was jetzt Niemand ist von der Möglichkeit, den Arbeitsplatz zu verlieren, ausgenommen. Doch wir wissen, dass Gottes Liebe in jeglicher Lebenssituation bleibt. Bei Gott ist jeder Mensch wertvoll, ob mit oder ohne Job. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Gott selbst der Erfinder der Arbeit ist. So berichtet die Bibel davon, dass er an sechs Tagen die Erde schuf, am siebten Tag aber ausruhte (1. Mose 1,31–2,3). In der Arbeitswelt folgt der Mensch diesem sinnvollen Rhythmus von Schaffen und Ausruhen, Werktag und Sonntag, der heute aber mehr denn je umgangen wird. Darüber hinaus bekam der Mensch den Auftrag von Gott: „Macht euch die Erde untertan!“ (1. Mose 1,28) – was heute soviel heisst wie: „Arbeitet, verwaltet die Schöpfung, nutzt die Rohstoffe sinnvoll, forscht und entwickelt, verbessert eure Lebensgrundlagen!“ Auch sagt die Bibel Entscheidendes zum Stellenwert der Arbeit. So erzählt sie von einem Mann, der sein ganzes Leben lang hart gearbeitet hat, der sich ein schönes Haus baute und Geld in Fülle anhäufte. „Nun lass es dir bis zu deinem Lebensende so richtig gut gehen“, dachte er zufrieden. Doch in der darauf folgenden Nacht verstarb er (Lukas 12,16–20). Wenn also Arbeit und das Vermögen die Hauptmotivation und das Ziel unseres Lebens sind, dann verpassen wir das Wichtigste. Arbeit hat zwar einen gottgewollten Platz in unserem Leben, um unsere Versorgung und unser Wohlbefinden zu gewährleisten, sie sollte aber nicht unser tiefstes Lebensziel bestimmen. Deswegen bleibt Arbeitslosigkeit häufig immer noch ein schlimmer Zustand, ist aber keine Lebenskatastrophe. Denn wer sich von Gott geliebt und wertgeschätzt weiss, der kann Zeiten harter Arbeit und auch Zeiten ohne Arbeit wesentlich besser einordnen und gelassener darauf reagieren. Arbeitslos – was tun? Oft dringen mit einer bestehenden Arbeitslosigkeit grundlegende Lebensfragen an die Oberfläche. Fragen nach dem Selbstwert, nach Lebensentwürfen, nach Perspektiven. Aber auch verdrängte Probleme, nicht bewältigte Situationen, unglückliche menschliche Beziehungen verlangen geradezu nach Klärung. Nutzen Sie die Zeit, die Sie nun haben, zu Gesprächen, vielleicht auch einmal mit einem Seelsorger, und gehen Sie auf Menschen zu, die Sie verletzt haben. Suchen Sie auch beharrlich das Gebet und die Stille mit Gott. Vermutlich werden Sie unterdessen beginnen, eine neue Stelle zu suchen. Sie werden Anzeigen studieren, Kontakte knüpfen, Bewerbungsunterlagen erstellen, sich bewerben ... Bevor sie aber in einen unermüdlichen Aktivismus verfallen, versuchen sie einmal zu Papier zu bringen, was Ihre Stärken und Begabungen sind. Und was Sie gerne tun möchten. Prüfen Sie dabei nicht nur Ihre Ausbildungen, sondern auch persönliche Faktoren wie Ihr Einfühlungsvermögen, Ihre Kontaktfreudigkeit, logisches Denken und so weiter. Überlegen Sie – oder lassen Sie sich beraten – welche Berufe und Berufsfelder damit für Sie überhaupt in Frage kommen. Beziehungsweise, welche Fortbildungen oder Umschulungen dafür nötig wären. Vielleicht kommen Sie auch zu der Entscheidung, sich selbstständig machen zu wollen und eine eigene Firma zu gründen. Auch Zeitarbeit, befristete oder Teilzeit-Arbeitsverhältnisse sowie einen Wohnortwechsel sollten Sie wenigstens als Möglichkeit bedenken. Wenn nötig und möglich, können auch gezielte Investitionen die Aussichten auf eine Stelle erhöhen: Zum Beispiel für unabhängige Beratungsstellen, solide Bewerbungsunterlagen oder einen Intensiv-Sprachkurs. Natürlich ist es schwer, in seine berufliche Zukunft finanziell investieren zu müssen, wenn die verfügbare Arbeitslosenhilfe sowieso knapp ist und sorgsam verwendet werden muss. Doch erfahrungsgemäss verschlechtern sich die Aussichten, eine Stelle zu finden, mit zunehmender Dauer der Arbeitslosigkeit. In Abwandlung eines bekannten Ausspruches empfehle ich daher in gewisser Weise: „Bete, als ob all deine Bewerbungsaktivitäten nichts nützen, und kümmere dich so um eine neue Stelle, als ob all dein Beten nichts nützt.“ Schon lange arbeitslos Je nach Lebenssituation und Alter muss bei langfristiger Arbeitslosigkeit auch ein Wohnortwechsel in Betracht gezogen werden. Dabei ist natürlich ein 25-Jähriger, der noch zu Hause wohnt, in einer anderen Lage als der 53-jährige Familienvater, der sein Haus fast abbezahlt hat. Rat kann hier nicht pauschal erteilt werden, sondern sollte individuell erfolgen. Ich selbst bin über Jahre hinweg etwa alle zwei Jahre in eine neue Stadt gezogen, immer der Arbeit hinterher, immer neue Wohnungen, neue Kollegen, neue Gemeinden, neue Freunde. Das war nicht leicht. Als Christ fand ich jedoch relativ schnell einen persönlichen Zugang zum Leben am neuen Arbeitsort. Nicht wenige finden auch über Zeitarbeit wieder in feste Anstellungen. Komplizierte Tarifverträge und ein komplexes Arbeitsrecht, unsichere Auftragslagen und eine vereinfachte Personalführung machen die Zeitarbeit als flexibel handhabbare Alternative attraktiv für Arbeitgeber. Doch wer als Zeitarbeiter einsteigt, muss mit bescheidenerem Einkommen und unregelmässigen Arbeitszeiten sowie wechselnden Arbeitsorten rechnen. Nicht ausser Acht zu lassen ist auch das ehrenamtliche Engagement – zum Beispiel bei städtischen Freiwilligenagenturen, christlichen Werken oder Gemeinden. Mitarbeit, egal ob haupt- oder ehrenamtlich, hat immer mit Vertrauen zu tun. Und über ehrenamtliche Mitarbeit kann Vertrauen wachsen und schliesslich sogar in einer Anstellung münden. Ehrenamtliches Engagement schafft zudem Kontakte und man ist anderen eine sinnvolle Hilfe. Arbeitslos – in der Gemeinde Auch eine örtliche Kirche oder Freikirche bleibt von der Arbeitslosigkeit ihrer Mitglieder nicht verschont. Sie wird dadurch herausgefordert, ihre Haltung zur Arbeit und zur Arbeitslosigkeit zu überprüfen. Ausserdem sollten sich die Gemeindeleitung und die Mitglieder fragen, wie sie Arbeitssuchenden begegnen, welche Angebote hilfreich und notwendig sind. An erster Stelle steht das liebevoll zuhörende, wo gewünscht, auch das seelsorgerliche Gespräch. Sicher wäre im Anschluss eine beratende Unterstützung im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe sinnvoll. Ausserdem können Angebote zur (ehrenamtlichen) Mitarbeit gemacht werden, wobei nicht der Mitarbeits-Bedarf der Gemeinde Priorität hat, sondern die Einschätzung, was dem Arbeitssuchenden dient. Zum Beispiel, wo er sinnvoll seine Stärken und Fähigkeiten einsetzen kann. Zur Wertschätzung in einer Gemeinde gehört auch, dass es keine Unterschiede zwischen Arbeitsplatzinhabern und Arbeitsplatzsuchenden gibt. Denn der Wert des Menschen liegt begründet in der Liebe Gottes und nicht in dem Haben von Arbeit, weder bezahlter noch ehrenamtlicher. Noch nicht arbeitslos Kaum einer kann sich wohl wirklich sicher wähnen, seinen Arbeitsplatz dauerhaft zu behalten. Es gibt aber einige Möglichkeiten, um vorbereitet zu sein. Nutzen Sie die Impulse, die Sie in Ihrer persönlichen Situation weiterbringen: 1. Werte.
Gang
Weg
Kantine

Definieren Sie Ihren Wert nicht (und schon gar nicht ausschliesslich) über den Besitz eines Arbeitsplatzes. In Gottes Augen sind Sie wertvoll, egal ob mit oder ohne Arbeit. Bestimmen und überprüfen Sie daher in regelmässigen Abständen Ihre Lebensziele.

2. Kontakte. Pflegen Sie Ihre Beziehungen: Familie, Freunde, Nachbarn, Bekannte, Gemeinde, Kollegen, Geschäftspartner, zufällige Bekanntschaften. Seien Sie dabei nicht nur vorteilsuchend, sondern auch vorteilgebend. Lassen Sie auch andere von Ihren Verbindungen profitieren.

3. Weiterbildung. Ein Beruf erfordert lebenslanges Lernen. Das können Angebote des Arbeitgebers sein, Seminare nach eigenem Interesse, Literatur, ein neues Computerprogramm oder die Begleitung durch einen Mentor. Experten schätzen, dass heutzutage junge Berufseinsteiger Zeit ihres Arbeitslebens wenigstens in fünf ausbildungsfremden Berufen tätig sein werden. Vielleicht haben Sie Lust und die Freiheit, sich zusätzliches „arbeitsplatzfremdes“ Fachwissen anzueignen, sich sozusagen ein zweites Standbein aufzubauen.

4. Sich wertvoll machen. Überlegen Sie einmal, was Sie in den Augen Ihres Arbeitgebers wertvoll macht: ein ausgeprägtes Fachwissen, die Abwicklung unangenehmer Aufgaben, die Verbreitung einer angenehmen Arbeitsatmosphäre, ein umfassendes Mitdenken ... – Behalten Sie diese positiven Eigenschaften ohne falschen Stolz bei.

5. Marktchancen. Beobachten Sie die Stellenmärkte in Zeitungen und im Internet. Ist Ihr Beruf gefragt, welche Kriterien werden verlangt? Bewerben Sie sich doch einfach mal auf eine interessante Stelle, ohne Druck, diese auch unbedingt bekommen zu müssen. Ein intensives Bewerbungsgespräch oder die Teilnahme an einem Assessment-Center können Ihnen hervorragende Erfahrungswerte vermitteln.

6. Finanzielle Rücklage. Das ist vielleicht zunächst ein seltsamer Gedanke. Aber wenn Sie einmal überraschend und kurzfristig auf Stellensuche gehen müssen, tut Ihnen eine zweckbestimmte finanzielle Reserve gut, die Sie in Beratungsgespräche, die Erstellung erstklassiger Bewerbungsunterlagen oder in nicht von der Arbeitsagentur finanzierte Weiterbildung investieren können.

7. Gebet. Und nicht zuletzt sollten wir uns täglich daran erinnern, wer unser eigentlicher Versorger ist. Solange noch an jedem Monatsende der Lohn regelmässig auf dem Konto eingeht, sehen viele nicht die Notwendigkeit zum täglichen Gebet um Versorgung („Unser tägliches Brot gib uns heute“). Doch solches Bitten führt uns immer wieder neu die Abhängigkeit vom Herrn der Welt vor Augen. Das macht uns dankbar und ist in jeder Hinsicht eine gute „Investition“.

Zitate zum Thema:
„Wenn Arbeit und Leistung unser Letztes Ziel und Lebenserfüllung sind, verpassen wir das Leben.“

„Arbeit hat einen Platz in unserem Leben, aber sollte nicht unser Lebensziel bestimmen.“

„Wer sich von Gott geliebt weiss, erkennt, dass Arbeitslosigkeit keine Lebenskatastrophe ist.“

Thomas Weigel ist Geschäftsführer der Stellenvermittlung „Christen im Personalservice“ und Generalsekretär im „Ring Missionarischer Jugendbewegungen“ (RMJ).

Datum: 17.03.2005
Autor: Thomas Weigel
Quelle: Neues Leben

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