Jugendliche im Notstand – viele Ursachen

Berufsberatung. Bild: ag.ch

Die Statistiken belegen es: immer mehr Jugendliche scheitern beim Übertritt ins Berufsleben oder geraten als junge Berufsleute in Arbeitslosigkeit. Die Zahl jugendlicher Sozialhilfebezüger steigt. Medien machen nebst wirtschaftlichen Gegebenheiten vor allem den aktuellen Erziehungsnotstand und schwache Familienstrukturen dafür verantwortlich. Das veränderte soziale und wirtschaftliche Umfeld wird dabei unterbewertet.

Es lässt sich in der Tat nicht bestreiten: Wir ernten die Früchte eines jahrzehntelangen Erziehungsnotstandes. Generationen verunsicherter Eltern gingen mehr oder weniger von der Überzeugung aus, dass Selbständigkeit und Autonomie höchste Werte der "Erziehung" sein müssten.

Höhere Hürden - Jugendliche überfordert

Dass Kinder nebst emotionalen Gütern auch Werte brauchen, die mit Leitplanken und Grenzsetzungen gepflegt und notfalls durchgesetzt werden müssen, geriet in Vergessenheit und wird heute neu entdeckt. Die neuen Erziehungsleitbilder verunsicherten auch die Schule und führten letztlich zu Qualitätseinbussen.

Gleichzeitig stiegen die Anforderungen für Berufseinsteiger(innen). Heute stellen wir einen massiven Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit und steigende Probleme beim Berufseinstieg fest. In der Folge schnellen die Zahlen jugendlicher IV-Fälle und Sozialhilfebezüger in die Höhe.

Heranwachsende zwischen zwei Welten

Mit verursacht ist die Tendenz von einer gescheiterten Immigrationspolitik. Gesellschaft und Behörden nahmen lange nicht zur Kenntnis, dass die Einwanderung aus Kulturen, die sich stark von der unsrigen unterscheiden, nicht problemlos sein kann, ganz besonders für die Heranwachsenden, die wegen der Existenzprobleme ihrer Eltern und dem fehlenden sozialen Netz unter Entwicklungsproblemen leiden.

Falsche Toleranz

Lange fehlte auch die Einsicht, dass die Gesellschaft auf die Einhaltung ihrer Grundwerte drängen muss, gerade auch gegenüber Einwanderern aus andern Kulturkreisen. Rechtzeitig einsetzende Integrationshilfen fehlen weitgehend. Gerade Jugendliche aus andern Kulturen haben oft vergeblich auf die Durchsetzung unserer Werte und Normen gewartet. Falsche Toleranz wurde ausgenützt und führte zu einer Verunsicherung, nicht ohne Folgen auf andere Jugendliche.

Von Werbung überflutet

Noch wenig Beachtung finden andere Entwicklungen, welche die Erziehungsarbeit erschweren. Jugendliche sind heute schon auf der Kindergarten- und Primarschulstufe kommerziellen Angeboten aus dem Medien- und Konsumgüterbereich ausgesetzt.

Diese bewirken Konformitätsdruck ("alle andern haben es schon, ich nicht") oder übernehmen die Funktion von Miterziehern (zum Beispiel Jugendmagazine, welche Wünsche hervorrufen und Tipps geben, sich gegen die Eltern durchzusetzen). Auch neue Kommunikationsmittel wie das Handy schmälern den Einfluss der Eltern.

Verantwortungslos

Die auf Jugendliche gerichteten Angebote fördern gleichzeitig eine Konsumhaltung, welche es den Heranwachsenden schwer macht, die Spannung zwischen Realität (vorhandene Mittel) und Wünschbarem auszuhalten. Die Medien- und Konsumgüterindustrie profitiert von den Idealen einer freien Marktwirtschaft und hat keine Veranlassung, gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen. Unter dem Diktat wirtschaftlicher Ideologien wagen es auch Politiker nicht, neue Regelwerke einzuführen. Das heutige Gesetz schützt aber vor allem die Anbieter.

Eine der Folgen ist die rasant gestiegene Schuldenwirtschaft der Jugendlichen, der man allenfalls mit einer Sensibilisierung der (möglichen) Opfer begegnet. Während die Eltern angehalten werden, Grenzen zu setzen, wagt es die Politik gegenüber unlauteren Profiteuren der liberalen Wirtschaftsideologie noch nicht.

Solide Familien gezielt unterstützen

Andererseits scheut sie sich, stabile Familienformen zu favorisieren und zu unterstützen. Noch tendiert sie zu einer wert- und traditionsfreien Familienpolitik. Stützungsmassnahmen oder Entlastungsmassnahmen für Familie mit verbindlich in einer Ehegemeinschaft lebenden Eltern werden endlos hinausgeschoben.

Damit soll nicht gesagt werden, dass andere Familienformen mit Kindern nicht unterstützt werden sollen. Aber die Gesellschaft und der Staat sollten, allen Modeerscheinungen zum Trotz, sich für Familienformen einsetzen, die ihr auch ein Höchstmass an erzieherischer Qualität bringen.

Die Unterstützung der Familien ist dringlicher als die Entlastung der Wirtschaft. Mutige politische Entscheidungen wären eine gute Investition in die Zukunft.

Datum: 08.03.2005
Autor: Fritz Imhof
Quelle: SSF

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