Leiterkonferenz in Bern

Ist Jesus mehr als der beste Helfer?

Die Werte der Postmoderne haben einen spürbaren Einfluss auf die freikirchlichen Gemeinden der Deutschschweiz. Die Leiterkonferenz der Freikirchen diskutierte am 28. März in Bern, wie das Evangelium von Christus in der Wohlfühlgesellschaft ankommt.
Geben Gemeinden dem Harmoniebedürfnis nach? Paul Beyeler.
Jetzt engagiert – mit Perspektive für die Ewigkeit: Max Schläpfer.

"Kann Jesus der besondere Wettbewerbsvorteil des Christentums sein?", fragte Paul Beyeler in seinem Votum zum Tagesthema herausfordernd. Vergleichbar einem Produkt, das sich durch seine überlegene Qualität gegen Konkurrenzprodukte leichter vermarkten lässt? Beyeler, Präsident der Vereinigung Freier Missionsgemeinden und Vorstandsmitglied des Freikirchenverbandes VFG, empfindet, dass in der postmodernen Freikirchenkultur Jesus oft einseitig als Lebenshilfe und Heiler unserer Körper und Seelen angeboten wird, was ihn gegenüber anderen Angeboten attraktiv macht. Dabei sei Jesus Christus nicht nur der Heiland, sondern auch "der wiederkommende Herr, der die Welt richten wird und der für die ganze Menschheit der einzige Weg zum Vater ist".

Negatives wird verschwiegen

Die landes- und freikirchliche Kultur komme dem Harmoniebedürfnis der heutigen kirchlichen Welt entgegen und verwische Unterschiede zu anderen Kirchen und Religionen, statt sich ihnen zu stellen. Die "Liebe" der Christen werde einseitig durch Harmonie ersetzt, beobachtet Beyeler. Auf unangenehme Themen wie die Abgabe des Zehnten oder konsequente Nachfolge verzichte man lieber.
Heutige Christen seien daher oft schlecht auf mögliche Zeiten der Verfolgung und des Leidens vorbereitet. Beyeler beobachtet zwar einen Trend in der Gesellschaft zurück zu biblischen Werten. Er will aber darin nicht schon einen "Anfang von Erweckung" sehen.

Engagiert - mit dem Blick auf die Ewigkeit

VFG-Präsident Max Schläpfer wies darauf hin, dass die biblische Botschaft auf kommende Ereignisse zeige, welche die Bereitschaft der christlichen Gemeinde zum Durchhalten erfordere. Dies könne die Christen positiv motivieren, ihre Verantwortung vor Gott und ihre Nachfolge konsequenter zu leben. "Denn es gibt eine ganz persönliche Eschatologie", so Schläpfer, "wir glauben, dass unser Leben eine Fortsetzung in der Ewigkeit finden wird." Die eschatologische Verantwortung bedeute zum Beispiel, dass Christen in der Gesellschaft Profil zeigten und auch nicht davor zurückschreckten, geltende Werte infrage zu stellen, wenn sie dem Evangelium zuwiderlaufen.
Der VFG-Präsident unterschied zwischen Auftrags- und Bedürfnisorientierung. Auftrag der Gemeindeleitung sei es, die Gemeinde mit den weniger angenehmen Wahrheiten des Evangeliums bekannt zu machen. Heute dominiere oft das Wahrnehmen der psychischen Bedürfnisse der Mitglieder und Gottesdienstbesucher. Die Herausforderung liege darin, diese Bedürfnisse zu erkennen, also Jesus als Retter und Heiler zu verkünden, ohne seine Wiederkehr als Herr und Richter zu verschweigen.

In die Nachfolge rufen

In der Diskussion wurde deutlich, dass heutige Leiter und Leiterinnen von Freikirchen die postmodernen Tendenzen zum Teil kritisch sehen, aber nicht die von Endzeit und Wiederkunft Christi geschwängerte Luft der 1970er-Jahre zurückwünschen, die auch als Zeit psychischen Drucks empfunden wurden. Zeiten der Erweckung seien zwar normalerweise mit einer starken Wiederkunftserwartung verbunden und die Naherwartung bewege zu einer konsequenten Nachfolge. Sie könne aber auch dazu missbraucht werden, Ängste auszulösen und die Werkgerechtigkeit zu fördern. Wichtig sei, die Ewigkeitsorientierung des christlichen Lebens wieder zu betonen, verbunden mit der Bereitschaft, als Christ auch gesellschaftliche Diskriminierung in Kauf zu nehmen. Nicht die Gerichtsbotschaft dürfe im Vordergrund stehen, vielmehr der Ruf zur Nachfolge. Die Gemeinde brauche die Balance zwischen Gnade und Wahrheit, sagte zum Beispiel Erwin Imfeld, Vizevorsitzender des Bundes der Freien Evangelischen Gemeinden.

Kasten: VFG begrüsst FAKIR

Die Leiterkonferenz der Freikirchen hat sich positiv zum Projekt FAKIR (Finanzanalyse Kirchen) ausgesprochen. Das Nationalfondsprojekt will zahlenmässig den "gesellschaftlichen Nutzen" der Arbeit von Religionsgemeinschaften in der Schweiz berechnen. Es ist dabei auf die Zusammenarbeit mit den freikirchlichen Verbänden und Gemeinden angewiesen. Der Verband Evangelischer Freikirchen und Gemeinden (VFG) ist am Projekt interessiert und will auch die örtlichen Gemeinden zur Mitarbeit ermutigen, wenn sie nach buchhalterischen Zahlen befragt werden. Die Projektverantwortlichen werden ihrerseits einen Projektbeschrieb erstellen, der den Gemeinden zur Verfügung gestellt werden kann. (im)

Bearbeitung Livenet

Datum: 07.04.2008
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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