"Kids wollen keine frommen Predigten hören"

Walter Heidenreich: Kids merken, was echt ist - Radikales Leben mit Jesus ist gefragt
"Die Gemeinde reagiert noch viel zu sehr auf fremde Stile. Jede Kids-Generation hat ihre eigene Kultur. Ich habe nie gedacht, dass ich mal geschockt sein könnte über junge Leute. Ich habe immer gedacht, du warst ja auch so ein extremer Typ auf der Drogenszene. Trotzdem war ich geschockt, als die Punks kamen, trotzdem finde ich die Technomusik total blöde. Ich merke: Mit jeder Generation kommen kulturelle Dinge, die gehen Erwachsenen total gegen den Strich.

In der Bibel werden wir an mehreren Stellen aufgefordert zu kämpfen. Was fällt Dir dazu ein?
Walter Heidenreich: Das Kämpfen hat sicher seinen Platz. Bevor wir aber Kraft und Autorität zum Kämpfen haben, müssen wir zunächst in Gott zur Ruhe kommen. An vielen Stellen wird heute gekämpft, wo wir zur Ruhe kommen sollten. Wenn wir unsere Probleme nicht in den Griff kriegen, dann schieben wir das dem Teufel in die Schuhe, und dann fangen wir an zu kämpfen, anstatt zu Gott zu gehen.

Wir leben in einer Welt, die voller Unruhe ist und die Christen davon abhält, wirklich Gemeinschaft mit Gott zu haben. Die grösste Herausforderung heute ist, überhaupt seine Identität und seine Geborgenheit in Gott zu finden. Der Jakobusbrief (Jak 4,7-8) sagt: Widersteht dem Teufel, so wird er fliehen, und naht euch zu Gott.

Grundsätzlich hat Jesus den Sieg am Kreuz errungen. Sind die Christen automatisch auf der Gewinnerseite oder können sie auch verlieren?
Wir werden vielleicht die eine oder andere Schlacht verlieren - natürlich. Ein Beispiel für mich war der 2. Marsch für Jesus. Mir wurde klar, dass ich viel falsch gemacht hatte. Das hatte für mich mit Menschenfurcht zu tun gehabt anstatt mit Gottesfurcht. Der Heilige Geist hatte mir Dinge gesagt für den 2. Marsch für Jesus und ich habe da nicht darauf geachtet und hab einfach mehr auf Menschen gehört. Weil ich der Leiter war, hat sich das natürlich auf alle niedergeschlagen, und es gab dann hohe finanzielle Defizite und viele verletzte Mitarbeiter. Und solche Dinge können dazu führen, dass man Kämpfe verliert. ... Aber Gott geht da mit durch, und wenn man bereit ist, sich zu demütigen, seine Schuld zu erkennen und die Sachen in Ordnung zu bringen, dann kommt man wieder auf die Gewinnerstrasse, und das ist auch passiert.

Gibt es Bereiche, die besonders hart umkämpft sind? Wenn ja, welche?
In der Gesellschaft sind heute unsere Kids und Teenager auf verschiedenen Gebieten sehr umkämpft vom Teufel, z. B. im ganzen Bereich von Sexualität. Und ich glaube, die Gemeinde Jesu hat das noch gar nicht richtig gemerkt.

Es gibt ja gar keine biblischen Massstäbe mehr in der Gesellschaft. Im Grunde genommen ist es doch so: Das, was gerade ist in der Bibel, das ist krumm geworden, aber die Gesellschaft sieht das als gerade an. Lüge ist richtig in Wahrheit verdreht worden auf diesem Gebiet. Das ist eine gewaltige Herausforderung für unsere Kids. Das hängt damit zusammen, dass sie so vielen Einflüssen ausgesetzt sind: Da ist das Fernsehen, da ist die Schule, da sind die Freunde, da sind die Zeitschriften, da ist die Musik. Ich glaube, die Musik spielt eine unheimlich wichtige Rolle in dem Bereich. So vieles läuft ja nur auf Anmache raus. Es gibt kaum noch sinnerfüllte Texte, die die Welt verändern wollen. Statt dessen wird Homosexualität verherrlicht, lesbische Sexualität wird verherrlicht. Da sind die Kids natürlich unheimlich herausgefordert.

Oder der ganze Bereich des christlichen Spiessbürgertums, wie ich es nennen möchte. Oft sind junge Leute radikal, auch als Christen. Dann gehen sie auf missionarische Einsätze, dann sind sie bereit, mit Gott die ganze Welt zu verändern. Dann kommt Stufe eins zur christlichen Spiessbürgerlichkeit: Man lernt einen Partner kennen. Da macht man vielleicht noch gemeinsam etwas Radikales für Jesus. Und dann heiratet man. Und dann kommt das erste Kind. Und dann kommt die Karriere. Natürlich geht man in die Gemeinde, natürlich - wenn alles gut geht - arbeitet man auch in der Gemeinde mit. Aber letztendlich etabliert man sich irgendwo im gutbürgerlichen Mittelstand, Gott wird zur Randfigur und seine Pläne spielen höchstens noch eine Nebenrolle.

Oder man setzt sich innerlich zur Ruhe. Man unterstützt vielleicht mal jenes Projekt und dieses Programm, aber letztendlich bewegt sich nichts mehr. Und das merken Kids. Wenn da nicht die Eltern zurückkehren zur ersten Liebe, zu den ersten Werken... Wie viele haben ihre Berufung aufgegeben, wie viele leben einfach nicht im Willen Gottes. Ich werde das nicht vergessen, wie Floyd McClung mal gesagt hat: Das aufregendste und das sicherste Leben ist immer da, wo der Wille Gottes für dich ist. Egal, ob auf der Müllkippe in Manila, egal, ob in den kriminellsten Gegenden einer Stadt: Wenn du im Willen Gottes lebst, dann ist das aufregend und sicher.

Was sind die Strategien des Feindes, um die Kinder dem Einfluss bzw. der Autorität der Eltern zu entziehen?
Da ist eine Sache, die ich sogar in den frommsten Familien gesehen habe: Was die Kinder sich alles so reinziehen durch Medien, durch Fernsehen und Musik. Eltern wissen oft nicht umzugehen mit der Kultur, in der ihre Kids leben. Um keinen Stress zu kriegen, erlauben sie ihnen dann, sich das alles reinzuziehen. Wenn Kinder sich okkulte Musik anhören, okkulte Literatur lesen, okkulte Fernsehprogramme anschauen, damit die Eltern ihre Ruhe haben, dann geben sie dem Teufel dadurch Anrechte. Dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Kids rebellisch gegen die Eltern und gegen Gott werden.

Ich glaube, da steht oft die Angst vor der Auseinandersetzung dahinter. Auf der einen Seite müssen Eltern sich z. B. darum kümmern, dass ihre Kinder regelmässig in die Schule gehen - da gehen sie meist nicht gerne hin. Da sagen die Eltern dann auch nicht: Ihr müsst das nach eurer eigenen Façon entscheiden, ihr müsst sehen, ob ihr das wollt oder nicht. Da arbeitet man mit einem gewissen Nachdruck und auch mit Disziplin und scheut die Auseinandersetzung nicht. Aber wenn es um die geistliche Ausbildung geht, da scheuen Eltern die Konfrontation. - Oder sie überziehen es total; dann kontrollieren sie alles und erreichen genau das Gegenteil.

Wie können Eltern für ihre Kinder kämpfen?
Indem sie Zeit mit den Kids verbringen, sich wirklich für das interessieren, was sie interessiert. Ich glaube, das ist sehr wichtig. Du musst reingehen in ihre Kultur, und da hat man als Erwachsener keinen Bock drauf. Mir hätte das als Kind wahrscheinlich echt geholfen, wenn man sich für das interessiert hätte, was mich interessiert.

Ein weiterer Punkt ist natürlich das Gebet: In Amerika - ich weiss nicht mehr, wo das war -, da haben sich die Eltern einer Schule zusammengetan. Die Kinder sind von Dealern und Zuhältern angemacht worden, wenn sie aus der Schule kamen, sie sind echt attackiert worden. Da sind die Eltern losgegangen und haben auf dem Schulweg in der ganzen Region immer wieder Gebetsspaziergänge gemacht, und die Situation hat sich total verändert. Ich will nicht sagen, dass das generell ein Schlüssel ist, aber man kann von Gott kreative Einfälle kriegen, wie man seine Kinder schützen kann.

Und dann ist es wichtig, als Eltern selbst aufrichtig und klar zu sein. Junge Leute wollen nicht fromme Predigten hören, sondern sehen, dass ihre Eltern radikal mit Jesus gehen. Kids sind da sehr sensibel, die merken, was echt ist und was nicht echt ist. Die erkennen sofort, ob jemand radikal mit Jesus lebt, oder ob jemand das alles nur als Deckmantel benutzt und darunter doch materialistisch eingestellt ist, oder doch bürgerlich, oder mehr darauf bedacht, was andere wohl über ihn denken. Du brauchst eine erweckte, lebendige Beziehung zu Gott. Du musst den Heiligen Geist hören, sonst wirst du immer wieder falsche Entscheidungen treffen.

Wie können wir an geistlicher Autorität zunehmen?
Busse ist ein ganz wichtiger Schlüssel. Ein Lebensstil der Umkehr, der ständigen Bussbereitschaft und Wiedergutmachung, Reinigung, Heiligung, das ist ein ganz wichtiger Schlüssel. Kurz gesagt, ein heiliges Leben führen. Für mich hat ein heiliges Leben sehr viel zu tun mit Vollmacht. Ich persönlich trinke z. B. keinen Alkohol, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass Alkohol mein geistliches Leben lähmt. Ich glaube auch, dass übermässiges Fernsehen das geistliche Leben lähmt. Ich sage nicht, dass Fernsehen generell Sünde ist. Aber ich kenne kaum jemanden, der das Fernsehen im Griff hat.

Überhaupt hat der ganze Lebensstil viel mit geistlicher Vollmacht zu tun - also kein übermässiges Essen oder massloser Konsum sonstiger Dinge... Ich faste beispielsweise regelmässig einen Tag in der Woche, weil ich gemerkt habe: Wenn ich das nicht tue, dann lässt meine Autorität nach. Und ich höre z.B. keine säkulare Musik. Das hat etwas mit einer inneren Sensibilität für den Heiligen Geist zu tun. Je mehr ich mich solchen Sachen aussetze, desto schwerer ist es für mich, in Autorität zu gehen. Und je mehr ich mich davon fern halte, desto einfacher ist es. Das ist eine ganz nüchterne Feststellung.

Und wir müssen lernen, mit dem Heiligen Geist Gemeinschaft zu haben. Das ist sicherlich ein ganz grosser Schlüssel. Wir haben es gelernt, mit Gott, dem Vater, Gemeinschaft zu haben und mit Jesus. Wir müssen lernen, die Gemeinschaft mit dem Heiligen Geistes zu pflegen - und nicht wieder in Stille-Zeit-Programme zu verfallen. Dann erlebt man, wie der Heilige Geist einen führt, sein Leben in der Gegenwart Gottes zu gestalten: Was soll man lesen, wann soll man beten, was soll man beten, wann soll man in den geistlichen Kampf gehen?

Datum: 15.09.2004
Quelle: come

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