Inspirationstag mit 5 Netzwerken

Afrikanischer Pfarrer fordert deutsche Leiter heraus

Über 130 Verantwortliche und Leiter aus 5 Netzwerken rund um Gemeindegründung und -erneuerung in Deutschland trafen sich am 26. November zu einem Inspirationstag in Niederhöchstadt. Pfarrer Oskar Muriu aus Kenia teilte seine provozierende Sicht der deutschen Kirche.
Oskar Muriu mit Mitveranstalter und Übersetzer Horst Engelmann und Tobias Faix von «emergent»

Es war ein Novum: statt einer regelmässigen Tagung wurde ein vernetzter Inspirationstag durchgeführt. Neben den Teilnehmern der «Konsultation für Gemeindegründung» waren Leiter aus den Netzwerken «Inno», «Gemeinde neu denken», «Jesus Unites 2.0» und «emergent» dabei. Gastgeber war die evangelische Andreas-Gemeinde Niederhöchstadt, die mit der Nairobi Chapel von Pastor Muriu eine Partnerschaft unterhält.

Provozierende Bilder

Oskar Muriu kennt Deutschland von vielen Besuchen und intensiven Beziehungen seit Jahrzehnten. Er stellte seine Sicht der Gemeinde in Deutschland in 5 Bildern dar, die an dem ganzen Tag intensiv diskutiert wurde. Seine Aussagen forderten sichtbar heraus. Wir stellen sie in Kurzform dar:

1.) Simson ohne Haare

«Die Kirche in Deutschland kommt mir wie ein junger, muskulöser Mann vor - Simson, aber sein Haar ist abgeschoren und er ist in Ketten.» Muriu sah Stärke und Lebendigkeit in der deutschen Kirche, aber die Zeichen der Kraft sind «abgeschnitten».

2.) Eine Winterlandschaft im Schnee – kein Mut zur Führung

Das zweite Bild war eine Winterlandschaft, die seit Generationen unter Schnee liegt. Muriu ortete eine weitverbreitete Angst, zu führen. Deutschland sei seit dem «Führer» gelähmt und lasse keine wirkliche Führung in der Kirche zu. «Leiter bilden Mauern um sich herum. Sie werden durch Satzungen, Regeln und Kontrollmechanismen auf allen Ebenen entkräftet.» Dabei brauche es starke, charismatische Leiter, die etwas bewegen würden. «Gott gibt nie eine Vision einem Komitee», so Muriu.

3.) Drohende Wolken von Kampf – Reverse Mission

Die Geburtenrate in Deutschland (wie in den meisten westlichen Ländern) sei so tief, dass das Land sich nicht selbst erhalten könne, hielt Muriu weiter fest. «Ihr habt nicht genug Kinder für Ärzte, Ingenieure und Facharbeiter. Selbst das Steuer- und  Sozialsystem wird zusammenbrechen». Auf der anderen Seite würden Massen von Ausländern – vor allem aus Afrika und der Türkei – kommen, darunter hunderttausende von Muslimen. Muriu forderte die Leiter auf, Christen aus Afrika und Asien als «willkommene Mitarbeiter in der Ernte» einzuladen und zu integrieren – und die Massen von Flüchtlingen als Chance anzunehmen, ihnen Christus zu bringen. «Reverse Mission» sei heute noch kaum willkommen, die Kirche in Deutschland sei noch zu stolz, so Muriu.

4.) Wenn Ingenieure Berge versetzen

«Die besten Produkte der Welt kommen aus Deutschland», meinte Muriu. «Made in Germany bedeutet eine fast lebenslange Garantie. Eure Produkte sind sicher, gut designt, exakt und langlebig.» Das Problem sei aber: deutsche Gemeinden würden im Geist des Ingenieurs geführt. «Alles muss geplant und perfektioniert werden. Man macht nichts, bevor es nicht präzis ist. Wenn ein Traum aufkommt, wird er diskutiert und untersucht und seziert und durchgekaut, bis er stirbt. Keiner wagt, eine Idee zu verwirklichen, bevor man 90% Sicherheit hat.» Damit sei wenig Raum für Glauben da. «Wenn man ingenieurmässig denkt, braucht es keinen Glauben. Wenn Ingenieure Berge versetzen, haben sie Maschinen und Pläne dafür.» Gott reagiere aber auf Glauben, und die deutschen Gemeinden brauchten den Mut, aus Glauben Projekte anzupacken, auch ohne dass alles schon gesichert sei.

5.) Das kleine Mädchen auf dem Baum

Das letzte Bild von Oskar Muriu: er sah die deutschen Kirchen wie ein kleines Mädchen, das einen Baum erklettert hat und nun nicht mehr runterkommt. «Der Vater steht unter dem Baum und bittet das Mädchen, sich im Vertrauen einfach fallenzulassen, er würde es schon auffangen. Aber es traut sich nicht.»

Kirche mit grosser Vision

Pastor Oskar Muriu ist Leiter der «Nairobi Chapel» in Nairobi, Kenia. Die Gemeinde hat in ganz Afrika 30 weitere Gemeinden gegründet, aus denen laut Website mittlerweile 14 weitere «Enkelkirchen» hervorgegangen sind. Für die nächsten Jahre plant die Nairobi Chapel, 30 Gemeinden in 30 Schlüsselstädten auf der ganzen Welt zu gründen. Zu diesem Zweck schickt Muriu regelmässig junge Leiter für mindestens ein Jahr in die verschiedensten Länder der Welt, um so transkulturell wie möglich zu werden.

Webseiten:
Die Gemeinde von Pastor Muriu

Die Konsultation für Gemeindegründung
Jesus Unites
Gemeinde neu denken
Inno 2014

Datum: 28.11.2014
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet.ch

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