Für Menschen, die Gott noch nicht kennen

gospel movement studen

Stefan Gerber
GerberS

Dieses Referat wurde am focusuisse Gemeindegündertag 2002 von Stefan Gerber gehalten.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob wir noch im Stadium sind, in dem wir in die Windeln machen, oder ob wir schon die ersten Schritte gehen - aber auf alle Fälle sind wir am Wachsen...

Ich war froh, dass es auf der Einladung zum Gemeindegründertag hiess, dass Erfahrungsberichte und nicht Konzepte gefragt sind. Darum werde ich jetzt über das Herz und nicht über Konzepte sprechen. Eine Bemerkung im Voraus: Unser Zielpublikum ist, im Gegensatz zu den bisher vorgestellten Arbeiten, gar nicht jugendlich. Wir sind nicht die Gemeinde für die Jungen, sondern für junge Familien mit Kindern. Ich denke aber, dass die von uns angesprochenen Familien viel mit der neuen Generation zu tun haben, weil es häufig nicht so «08-15-Familien» sind.

Studen liegt auf dem Land

Eines Tages kam jemand zu mir und sagte: «Eigentlich bedeutet unser Name auf deutsch ja 'Evangeliums-Bewegung Studen'!» Und das trifft den Nagel auf den Kopf. Studen liegt zwischen Biel und Lyss - ein Dorf mit rund 2 400 Einwohnern. Zusammen mit den umliegenden Ortschaften haben wir ein «Einzugsgebiet» von rund 1 200 Familien. Wir sind ein Gemeindeaufbauprojekt vom Evangelischen Gemeinschaftswerk (EGW) im Kanton Bern. Erst seit einem Jahr bieten wir offene Gottesdienste an, und deshalb bin ich mir nicht sicher, ob wir immer noch in die Windeln machen oder schon die ersten Schritte unternehmen. Erst seit September diesen Jahres sind wir eine «richtige Gemeinde». Vorher waren wir mehr ein Projekt, ein offener Gottesdienst, einmal monatlich. Als Gemeinde sind wir eigentlich noch sehr jung und brauchen immer noch das Fläschchen. Ich möchte euch jetzt einen Bibeltext weitergeben, der das Konzept von Jesus zeigt, das wir abgeschaut haben. In Lukas 15 finden wir folgende Geschichte: «Viele Zollbeamte und andere verrufene Leute kamen zu Jesus, um ihm zuzuhören. Empört zischten die Pharisäer und Schriftgelehrten: Mit welchem Gesindel gibt er sich da ab? Und nicht genug, dass er mit ihnen redet; er setzt sich sogar mit ihnen an einen Tisch. Jesus benutzte wieder ein Gleichnis, um es ihnen zu erklären: Wenn du 100 Schafe hast und eines läuft weg, lässt du dann nicht die 99 allein zurück, um das verlorene zu suchen, bis du es gefunden hast? Glücklich wirst du es dann auf deinen Schultern nach Hause tragen und deinen Freunden und Nachbarn zurufen: Kommt her! Freut euch, ich habe mein Schaf wieder gefunden. So wird man sich auch im Himmel über einen Sünder, der zu Gott umkehrt, mehr freuen, als über 99 andere, die es nicht nötig haben, Busse zu tun.»

Dieser Text illustriert sehr gut, was wir in Studen umzusetzen versuchen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich viele Gemeinden - besonders in unserem Land- vor allem um die 99 Schafe kümmern, die schon im Stall sind. Leider wird dabei das eine verlorene Schaf sehr vernachlässigt. Im Gleichnis spricht Jesus von 100 Schafen. 99 davon sind im Stall, und eines ist verloren. Trotzdem gibt es eine riesige Suchaktion wegen diesem einen Tier. In der Schweiz haben wahrscheinlich fünf von 100 - wenn überhaupt - den Hirten gefunden. Trotzdem scheint es mir, dass wir damit zufrieden sind, wenn wir uns um diese fünf, und nur um diese fünf, kümmern. Manchmal habe ich das Gefühl, es gehe soweit, dass wir schon zufrieden sind, wenn eines dieser fünf Schafe den Stall wechselt. Wir jubeln darüber, wenn eines den Stall wechselt! Das ist dann Wachstum... Ich bin sehr traurig, dass das so ist.

Für Menschen, die Gott noch nicht kennen

Unser Ziel ist ganz klar, die Menschen zu erreichen, die Gott noch nicht kennen. Ebenfalls bewusst haben wir uns entschieden, eine ländliche Gemeinde zu sein. Vielleicht habt ihr vorher lächeln müssen, weil wir ein so kleines Zielpublikum haben. Doch uns ist sehr wichtig, dass wir dort hingehen, wo wir die Menschen erreichen wollen. Wir wollen dort Gemeinde bauen, wo unsere Freunde sind, wo wir wohnen und unseren Glauben vorleben können. Hier liegt eine grosse Chance, die wir noch zu wenig nutzen. Oft bauen wir Stadtgemeinden in einer grossen Ortschaft, in der alles anonym ist. Wir haben bemerkt, dass es von grossem Vorteil ist, wenn wir da hingehen, wo die Leute sind. Bei uns ist es eine Gemeinde im Dorf, in einer Stadt wäre es wohl eine Gemeinde in einem Quartier. Diese lokale Begrenzung hat Vorteile. Einer davon ist: Man ist viel schneller bekannt. Mindestens wenn man seine Arbeit gut macht, ist das ein Vorteil. Daraus ergibt sich ein zweiter Vorteil: Die Leute kommen in einem kleineren Einzugsgebiet eher aus Neugier als in der Stadt. Bei uns im Dorf, wo jeder jeden kennt, kommen viele mal vorbei, einfach weil sie sich fragen, was wohl die Gerbers machen. Ich bin in Studen aufgewachsen, ich komme aus Studen, ich bin einer von ihnen, habe früher die Jungschar geleitet. Sie wissen einfach, wer Stefan Gerber ist. Wenn dann auf einer Einladung oder auf einem Plakat steht, dass ich eine Predigt halte, dann kommen sie. Ich weiss zwar nicht genau wieso. Vielleicht wollen sie wissen, ob ich eine Predigt halten kann, oder vielleicht sind sie einfach gespannt, was ich erzähle. Aber sie kommen, sie sind neugierig. Ein weiterer Vorteil ist, dass man Teil einer Dorfgemeinschaft werden kann. Bei uns in Studen - und das gilt für die meisten Dörfer - gibt es einen Kern von Vereinsmitgliedern, die an allen Unterhaltungsabenden dabei sind. Da kennt man sich einfach. Wenn man als Gemeinde in diesen Dorfkern hineingelangt, dann kann das den Zugang zum Zielpublikum um ein X-Faches erhöhen. Wenn wir es schaffen, in der Dorfgemeinschaft präsent zu sein, dann kann die Post abgehen. Wir sind dann nicht mehr einfach die Komischen, die sich am Sonntag treffen. Man sieht sich ja im Dorf auch unter der Woche. So können die Leute an uns auch prüfen, ob wir das, was wir am Sonntag erzählen, auch leben. Wenn das klappt, ist es ein Vorteil, sonst vielleicht eher nicht.

Wir haben vorher im Bibeltext gelesen, dass Jesus nicht nur mit den Leuten sprach, nein, er pflegte auch Tischgemeinschaft mit ihnen. Im gms (gospel movement studen) wollen wir das auch umsetzen: nicht nur sprechen, sondern auch Gemeinschaft pflegen. Wir ermutigen unseren Kern - das sind ungefähr 15 Familien - Gemeinschaft mit den kirchendistanzierzen Leuten zu pflegen. Aus diesem Grund haben wir kein riesiges Gemeindeprogramm, damit sie genug Zeit haben, mit Nachbarn und Freunden Kontakte zu pflegen. Wir werden am nächsten Sonntag einen Brunch durchführen, an dem alle unsere Nachbarn dabei sein werden - das ist etwas vom Schönsten für mich. Unsere Leute sollen Freundschaften mit unserem «Zielpublikum» pflegen. Es ist sehr wichtig, dass wir die Leute schulen und ihnen zeigen, wie sie das machen können. Wenn man nicht gerade Jungschi-Leiter oder sonst irgendwo aktiv ist, erhält man in der Gemeinde kaum eine Anleitung, wie man den Menschen den Weg zu Jesus erzählen kann.

Gut abgestimmtes Gemeindeangebot

Wir unterstützen diese Bemühungen mit einem entsprechenden Gemeindeangebot. Wir führen offene Gottesdienste durch, die genau auf unser Zielpublikum, d.h. auf junge Familien, ausgerichtet sind. Deshalb legen wir Wert auf ein super Kinderprogramm. McDonald's macht z.B. so gute Kinderangebote, dass die Eltern sagen: «Die Kinder wollen unbedingt dort hingehen. Sie haben Freude, also gehe ich auch hin.» Uns ist egal, ob die Eltern nur wegen den Kindern kommen. Aber wenn unser Kinderprogramm so gut ist, dass die Kids unbedingt kommen wollen, dann werden die Eltern dabei sein, und es wird ihnen auch gefallen. Wir organisieren nicht eine Kinderhüte, einfach weil man muss, sondern das Kids-Programm ist eine der grössten Stärken, über das man auch Erwachsene erreichen kann.

Der Herzschlag einer Gemeinde

Der besucherfreundliche Gottesdienst ist aber nicht das Geheimrezept! Was wirklich zählt, ist der Herzschlag der Gemeinde. Dieser Herzschlag fängt bei dir und mir an. Mitarbeiter und Leiter müssen ein Herz für die Verlorenen und vor allem ein Herz für Jesus haben. Wir versuchen auch, Mitarbeitern Hilfe zu geben, damit diese Herzenseinstellung entwickelt und gefördert wird. Menschen sind Gott wichtig - also sollten sie auch uns wichtig sein.

Noch ein paar herausfordernde Gedanken, die mich sehr beschäftigen: Gott ist sehr traurig über den Zustand der Schweiz. Jesus weinte über Jerusalem. Er weint auch über dein Dorf, über deine Stadt. Jesus weint. Viele Schweizer leben ohne Zukunftsperspektive, ohne Halt, ohne Ziel, ohne wirkliche Liebe. Jemand muss ihnen sagen, dass es all das bei Jesus gibt plus das ewige Leben dazu. Wenn Du nicht gehst, wer geht dann?

Datum: 20.11.2002
Autor: Stefan Suder
Quelle: Focusuisse

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