Frühlingsputz einmal anders

Welche Frau möchte denn in Schubladen leben?

Kein Haushalt ohne Schubladen. Doch es gibt auch viele unsichtbare Schubladen. Da werden andere Menschen vorschnell einsortiert. Beim Aufräumen könnten wir auch hier von Jesus lernen.
Schublade

«Räumt auf! Heute Nachmittag kommt Tante Renate zu Besuch, sie ist Kindergärtnerin!» Mit diesem Auftrag wurden mein älterer Bruder und ich vor über 30 Jahren ins Spielzimmer geschickt. Dort kam uns eine alte Kommode mit riesigen Schubladen zu Hilfe: Kasten auf, Unordnung rein, Schublade zu – im Nu war Ruhe! Wir hatten wieder Platz zum Spielen und Präsentieren.

Eigentümlicher Duft

Schubladen begeisterten mich schon als Kind, zum Beispiel in Apotheken. Ich staunte über den Überblick der weiss bekittelten Damen, die zielsicher in diesem Dschungel am richtigen Griff zogen, das gewünschte Medikament entnahmen und die Schubladen lautlos auf ihren Schienen ins Schrankinnere zurückschickten.

Geheimnisvoller waren die Schubladen am Schreibsekretär einer Urgrosstante, der verlassen in einem Abstellraum meines Elternhauses stand. Was gab es da zu sehen und zu riechen, wenn es gelang, eine der vielen kleinen sperrigen Schubladen zu öffnen! Mittlerweile steht dieser Sekretär in unserem Wohnzimmer. Seine Geheimnisse sind grösstenteils gelüftet. Der eigentümliche Duft hat das Lüften überlebt...


Falsch sortiert

Ordnung schaffende, Geheimnisse bergende Schubladen – welch segensreiche Erfindung, die ich gerne nutze! Leider ertappe ich mich auch beim Gebrauch unsichtbarer Schubladen, in die ich Menschen oder Situationen vorschnell einsortiere. Aber wehe, wenn die klemmen oder nur selten geöffnet werden! Wie peinlich, wenn der scheinbar frisch bekehrte Drögeler sich als der Pastor entpuppt. Falsch sortiert. Da ist es noch harmlos, wenn man den Bürgermeister als Schreiner tituliert.

Wer lebt schon gern in Schubladen? Man stelle sich die Dunkelheit, Enge, Muffigkeit, Bewegungsunfreiheit und Aussichtslosigkeit hinter solchen Brettern vor: lebendig begraben. Vielleicht wird die Lade nie herausgezogen, oder nur selten dringt durch einen Spalt Licht herein. Wer so einsortiert ist, hämmert möglicherweise so lange, bis die Schublade geöffnet wird, springt heraus, wird aber wieder eingefangen und zurückgelegt. Oder in eine andere Schublade gesteckt... Aber auch eine grosse oder mit Samt beschlagene Schublade ist eine Schublade.

Gewiss ist es utopisch, sich vorzunehmen, niemandem mehr vorurteilsfrei zu begegnen. Menschen und Situationen wollen auch eingeordnet sein, brauchen ihren Platz. Aber es gibt lebensfreundlichere «Ordnungssysteme» als Schubladen. Ich denke an ein offenes Regal – da behält man den Überblick, es fällt Licht darauf, man entdeckt Ungereimtheiten eher und kann viel flexibler gestalten.

Der Ausweg

Wir können da von Jesus lernen. Er, das Licht der Welt, der Einzige, der Menschen und Situationen tatsächlich richtig einordnen und beurteilen kann, hat offene Arme und ein weites Herz statt dunkler enger Schubladen. Er gab und gibt Menschen Chancen, aus ihrer Schublade herauszukommen. Ich denke an die Aussätzigen, den habgierigen Zachäus, den selbstsicheren Petrus und die Pharisäer. Letztgenannte zogen es zwar vor, in ihrer bekannten Schublade zu bleiben. Doch Jesus hätte auch ihnen gerne herausgeholfen.

In die Weite

Uns Frauen fehlt es nicht an Gelegenheiten, um aufzuräumen. Oft übernehmen wir es freiwillig oder unfreiwillig auch für andere. Demnächst steht der Frühjahrsputz vor der Tür. Dieses Jahr könnten wir vor dem Möbelpolieren und Grossreinemachen die inneren Kommoden durchforsten und den Menschen aus unserer Umgebung in unserem Leben einen angemessenen Platz einräumen. Entweder bei einer Tasse Kaffee gedanklich unsere Nächsten durchgehen. Oder hellhörig werden bei Sätzen wie «Ja, die wieder...» und «Typisch! Der ist immer so...» Machen wir doch die Schubladen weit auf und entlassen die Menschen in unsere Herzen und Fürbitte!

Datum: 11.03.2005
Autor: Christa Gatter
Quelle: Chrischona Magazin

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