Mission noch nicht erfüllt
Heiss brannte die Sonne auf den Bundesplatz, als die Nationalratspräsidentin Christine Egerszegi-Obrist der Heilsarmee mit warmen Worten für ihren Dienst dankte. Im Gründungsjahr 1882 habe die Schweiz noch nicht über Sozialwerke verfügt. Doch der Sozialstaat, wie er heute bestehe, könne nicht alles tun. Gemeinnützige Arbeit verdiene darum als „unverzichtbarer, kostbarer Pfeiler unseres Staatswesens“ mehr Unterstützung, sagte Egerszegi. Sie drückte ihre Bewunderung für Catherine Booth, die Tochter des Heilsarmeegründers, aus, die für die Frauen am Ende des 19. Jahrhunderts das Recht zu predigen eingefordert habe.
Wohlwollen
In der Öffentlichkeit wird der rüstigen Jubilarin so viel Wohlwollen entgegengebracht, dass die Frage aufkommt, ob wir uns in der reichen Schweiz nicht allzuleicht mit sozialen Missständen – und der grossen Zahl abgestürzter Menschen – abfinden. Wir haben ja die Heilsarmee…
Tatsächlich: Sie lindert Not und hilft Menschen im Elend, wieder Licht zu sehen. Doch sie will auch vermehrt gegen soziale Missstände antreten – wenn nötig öffentlich. Dies machte der oberste Befehlshaber der Salutisten auf dem Bundesplatz und im Interview mit Livenet deutlich. General Shaw Clifton will seine Armee gegen menschenverachtende Praktiken wie Frauenhandel ins Feld führen.
Wer zahlt den Preis?
Der einzigartige Einsatz, für den die Heilsarmee von allen Seiten Lob erhält, hat seinen Preis. Und diesen sind heute weniger Vollzeiter zu zahlen bereit als vor Jahrzehnten. Die jungen Offiziere können die in Pension gehenden nicht ersetzen. So waren die Schweizer Salutisten auch nach Bern gekommen, um zu hören, mit welcher Vision der neue General die Truppe motivieren und ihr neues Personal zuführen will.
Shaw Clifton tat dies in ebenso markanter wie traditionsverbundener Weise. Er erinnerte die Salutisten feierlich an ihre Hauptberufung, Seelen zu retten und für Christus zu gewinnen. Jeder Einzelne, der in den 125 Jahren aus dem Elend zu einem Leben in Würde und Selbstachtung gefunden habe, sei des Gedenkens wert. Die Mission der Heilsarmee ist keineswegs erfüllt. Abgesehen von Diensten der Nächstenliebe seien die Salutisten weiterhin berufen, Frieden zu stiften und versöhnend zu wirken, rief General Clifton.
Deutliche Worte – klarer Quell
Im Festgottesdienst am Sonntag Morgen sprach er über die Motivation der Salutisten und ihren Auftrag. Der Heilige Geist wolle jungen Christen zeigen, wie sie ihr Leben anders als karriere- und genussorientiert gestalten könnten. Entschlossenheit zum ganzheitlichen Dienst an bedürftigen Mitmenschen – und ein unmissverständliches, kämpferisches, auch öffentliches Eintreten für die Würde aller: die Impulse Cliftons dürften der Heilsarmee nicht nur hier gut tun. Der hohen Sendung bewusst, gibt der General der Heilsarmee die Richtung vor. Sie soll aus ihren geistlichen Quellen schöpfen, die auch ein gutes Jahrhundert nach der Gründung klares heilbringendes Wasser geben. Für verwirrte und verirrte Menschen des 21. Jahrhunderts.
Website der Schweizer Heilsarmee
Website des Internationalen Hauptquartiers
Datum: 24.05.2007
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch