Tagung des Landeskirchen-Forums

Werte, die die Kirche prägen könnten

Die Synodalen der Reformierten Landeskirche Aargau scheinen ein gutes Gespür für die entscheidenden Werte einer Kirche zu haben. Darauf verweist der Beitrag von Kirchenratspräsidentin Claudia Bandixen an der Tagung des Landeskirchen-Forums in Bern am 24. Juni 2006.
Claudia Bandixen
Reformierte Kirche Würenlos

Pfarrerin Claudia Bandixen, Präsidentin des Kirchenrates der Reformierten Landeskirche Aargau, erwähnte im Rahmen der Podiumsdiskussion in Bern die interessanten Ergebnisse der letzten Gesprächssynode ihrer Kirche. Resultat der Gespräche in Gruppen der Synode vom 18. Januar 2006 seien „vier Wertefamilien“ gewesen, so Bandixen. Die Auswertung liegt jetzt in einer Broschüre vor.

1. Die Grundbegriffe

Vier theologische Grundbegriffe stehen als Ausgangs­werte für alle anderen Wertefamilien, welche die Aargauer Kirche in Zukunft prägen sollen. Sie lauten
- Hoffnung
- Gnade
- Orientierung an Gottes Wort
- Gottesliebe

In einer Erläuterung heisst es dazu: „Die vier Grundwerte tauchten durch alle Gruppen und Gespräche hindurch auf, wenn auch in unter­schiedlichem Zusammenhang. Sie belegen, wie Re­formierte in unserem Kanton ihren Glauben formu­lieren und ausdrücken … Es sind offensichtlich jene Glaubensbegriffe, welche unsere Mitglieder in ihrem Alltag bewegen und leiten.“

2. Reformierte Identität

Ihre Identität definieren die Aargauer Reformierten für Aussenstehede eher überraschend mit den Begriffen:
- Glaubwürdigkeit
- Glauben
- Grenzen – Verbindlichkeit – Verlässlichkeit – Verantwortung
- Eigenverantwortung in Freiheit

Zur Erläuterung heisst es: „Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Gesprächssynode haben deutliche Worte dafür gefunden, was für sie heute „Reformiert Sein“ charakterisiert. Glaubwürdig wird die Kirche durch ihren Glauben, durch Verbindlichkeit und Verlässlichkeit nach aussen und nach innen. Was man predigt, soll im Alltag der Kirche und der einzelnen Mitglieder spürbar sein. Die Eigenverantwortung des einzelnen Mitgliedes nimmt dabei eine zentrale Stellung ein.“

3. Gemeinschaft

Die Begriffe, welche die Synodalen erarbeiteten, lauten hier
- Gemeinschaft
- Familie
- Beziehungen

Die Erläuterung dazu: Dass „Gemeinschaft“ gleich in vier Arbetsgruppen explizit als einer der drei zentralen Werte genannt worden ist, weist darauf hin, dass dieser Wert hochgehalten wird, aber wohl auch stark beschäftigt. … Die Gesprächssynode beschreibt den Begriff als „Beziehung zu den Menschen und Beziehung zu Gott“. Wenn überhaupt von einer „Krise des Protestantismus“ gesprochen werden kann, dann im Blick auf die Gemeinschaft.

Zur Familie hält das Papier speziell fest:
Als eine spezielle Form von Gemeinschaft wurde „Familie“ genannt. Familie muss zunehmend nicht mehr gemeinschaftlich gelebt werden, gerade hier ist aber ein Mangel an Gemeinschaft besonders schmerzlich. Die Kirche soll speziell in Pflicht genommen werden, in den unterschiedlichen Familienformen Gemeinschaftliches konkret zu fördern.

In einer oft lebensfeindlichen Zeit ist auch der vierte Punkt von hoher Bedeutung:

4. Achtung vor dem Leben/ Einsatz für das Leben

- Respekt/Achtung vor dem Leben (im Sinn des ökumenischen Mottos GFS: Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung) – Menschenwürde – Gerechtigkeit (Unter Gerechtigkeit verstehen die Teilnehmer: sich für andere einsetzen, Nachhaltigkeit, Verteilgerechtigkeit.
- Solidarität
- Sicherheit und Heimat
- Toleranz (Offenheit)
- Menschlichkeit – Nächstenliebe

Der Kommentar der Kirchenleitung stellt dazu fest: „Für uns gehören Achtung vor dem Leben und Einsatz für das Leben zum zentralen Tatzeugnis unserer Kirche.“

Während hier freikirchliche Christen den Schwerpunkt eher auf auf den Schutz vor Abtreibung und Euthanasie legen würden, betonen die Reformieren Aspekte, die im freikirchlichen Raum eher zu kurz kommen:

- Toleranz, die nicht gleichzusetzen ist mit „Gleichgültigkeit“, sondern die engagierte Offenheit bedeutet.
- Einsatz für Menschenwürde als Gerechtigkeit mit ihren materiellen Aspekten (Verteilgerechtigkeit).
- „Menschlichkeit“ und „Nächstenliebe“. Nicht eine richterliche Gerechtigkeit, sondern Solidarität durch Parteinahme für die Schwächeren, die Verfolgten, jene ohne Stimme.
- Sicherheit und Heimat gehören zu den wichtigen Garanten für Menschenwürde. „Aber“, so wird gefragt, „inwiefern sind wir dazu bereit, sie mit Fremden zu teilen, welche diese Sicherheit gerade nicht haben?“

Datum: 01.07.2006
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet.ch

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