Wegweiser und Zeichen

Wunder werfen Wellen und Fragen auf

Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Das ist wunderbar – und für manche Zeitgenossen eine Knacknuss. Klar ist: Wunder weisen über sich selbst hinaus.
Erwartungsvolle Offenheit für Gottes Eingreifen: Gebet für Heilung in Thun.

Aus diesem Grund werden Wunder in der Bibel auch «Zeichen» genannt – Zeichen einer umfassenderen Wirklichkeit, die die Naturgesetze übersteigt. Diese übernatürliche Realität verblüfft das rationale Denken, das sich an berechenbare Abläufe hält, und stösst es buchstäblich vor den Kopf.

Geheilt? Wirklich?

Der amerikanische Autor Tim Stafford fragt nach den Gründen, warum neben säkularen Zeitgenossen auch viele Christen mit heutigen Wundern ihre liebe Mühe haben. Sein Freund Larry, ein Arzt, reagiert reserviert auf den Bericht von der Heilung eines jungen Mannes, den Mediziner aufgegeben hatten. Nach einem Gebet konnte er aufstehen und ohne Schmerzen in den Füssen gehen – und tut dies nun schon vier Jahre. Larry fragt, ob nicht die Auferweckung von Jesus von den Toten als Wunder, das alles verändert, genügt. «Warum brauchen wir irgendetwas mehr?»

Als Gott fürs Denken überflüssig wurde

Laut Staffords Beitrag im Online-Portal von Christianity Today geht diese Reserve auf die Reformationszeit zurück. In der Abwehr von «Schwärmern» setzten Protestanten auf die reine Lehre. Wunder waren möglich – denn Gott konnte sie bewirken –, aber für den Glauben nicht wesentlich. Nach den Denkern der Aufklärung, welche Gott zur Erklärung der Welt für überflüssig hielten, hat die Pfingstbewegung im 20. Jahrhundert Wunder wieder auf die Bühne zurückgebracht. Die pfingstlich-charismatische Dynamik im globalen Süden, die sich auch übernatürlichen Geschehnissen verdankt, kann nicht länger als Randphänomen abgetan werden.

Zeichen der Nähe…

Wunder sind Zeichen, betont Stafford, Zeichen von Gottes Nähe und Anwesenheit in seiner Schöpfung. Zeichen (das englische Wort ‚signs‘ bedeutet auch Verkehrsschilder) werden selbst nicht verehrt, sondern haben ihren Sinn als Wegweiser zum Ziel. Jesus hatte die Vollmacht, Wunder zu wirken. Er tat es nicht aus Selbstgefälligkeit oder um ihrer selbst willen. Den Leuten, die ein Wunder von ihm forderten, ohne ihn und seine Botschaft ernst zu nehmen, verweigerte er sich.

…und des Einbrechens in die Realität

Die Wunder von Jesus zeigten an, dass Gott mit seiner Herrschaft in den Alltag der Menschen einbricht. Wer Zeuge von Wundern wurde und dieses Einbrechen – und damit Gottes Nähe – verneinte, verhärtete sich im Unglauben, statt sich zum Glauben bewegen zu lassen.

Tim Stafford weist darauf hin, dass der Apostel Paulus an manchen Orten reihenweise Wunder vollbringen konnte – doch in seinen Briefen plädierte er nie dafür, auf Wunder hinzuarbeiten oder auf sie zu bauen (wie manche moderne Heiler und Exorzisten es tun). Im Neuen Testament, so Stafford, «ist das Tun und Dienen von Christen von Wundern geprägt, aber nicht auf sie fokussiert».

Offen und dankbar

Daraus ergibt sich für den US-Autor eine doppelte Verantwortung: einerseits Offenheit für Zeichen der wunderbaren Anwesenheit Gottes, auch Dankbarkeit und Lob, wenn Wunder geschehen – anderseits die Aufgabe, «nicht Zeichen und Wunder anzustreben, als wären sie das höchste Gut, das Gott vorgesehen hat. Wir sind verantwortlich, nicht Wunder zu fordern als Beweis dafür, dass Gott da ist.»

Datum: 01.10.2012
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet

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