Floyd McClung: „Ich habe keine Angst vor Minaretten“

„Wir haben andere Waffen“: Floyd McClung.
Mohammed al-Amin Moschee in Beirut.
Stolz ablegen, um Verzeihung bitten: Floyd McClung hat mit vielen Muslimen Freundschaft geschlossen.

Seit vierzig Jahren lädt Floyd McClung Menschen zum Leben mit Christus ein. Als Evangelist auf den Strassen Amsterdams wie in Afghanistan tätig, hat er immer wieder überraschende Erfahrungen gemacht, besonders mit Muslimen.

Livenet: Floyd McClung, Sie haben jahrelang unter Muslimen gelebt und als Christ Zeugnis gegeben von Ihrem Glauben. Wie sollen wir als Christen auf sie eingehen?
Floyd McClung: Ich habe keine Angst vor Minaretten. Sie zeigen mir an, wohin ich gehen kann, um mit Muslimen Kontakt aufzunehmen, damit wir Freunde werden. Furcht hilft uns nicht, gute Entscheide zu treffen. Liebe und Glaube und Weisheit müssen uns leiten. Muslimen den Bau von Moscheen zu verbieten, scheint mir nicht der richtige Weg zu sein in einem Land mit politischer Religionsfreiheit. Wir fechten unseren Kampf mit den Muslimen nicht mit den Waffen der Intoleranz, der Kontrolle und Unterdrückung.

Wir sehen Intoleranz in islamisch geprägten Ländern. In Saudi-Arabien werden Kirchen nicht erlaubt – ja: gläubige Christen werden nicht geduldet, sogar getötet. Es gibt Intoleranz – aber wir sollten nicht im gleichen Geist handeln. Unser Vorgehen sollte von Liebe, Annahme und Glauben geprägt sein. Wir sollten Muslime in unseren Ländern willkommen heissen und sie im Namen von Jesus Christus lieben.

Und wenn sie in grosser Zahl herkommen und eine Parallelgesellschaft errichten?
Das ändert den Auftrag nicht, den wir Christen haben. Muslime sind im Bild Gottes geschaffen; Jesus liebt sie, er starb für sie. Wir sind frei, ihnen zu dienen. Auch wenn ich im Gefängnis bin, kann ich ihnen noch dienen. Mein Herz, meine Freiheit zu lieben kann mir niemand nehmen. Durch den Geist Gottes sind Christen anders. Ich habe in etlichen Ländern der Welt Freunde, die hinter Gittern sind – und sie lieben weiter. Das kann man ihnen nicht nehmen.

Ich denke, wir müssen sehen, dass das Reich Gottes in der Gestalt eines Dieners zu den Menschen kam. Der Diener-König hat uns berufen, seinem Vorbild zu folgen. Es kommt ein Tag, da Jesus als Herrscher erscheinen wird, als Reiter auf einem weissen Ross mit einem Schwert in der Hand – dann wird es anders sein. Dann wird sich jedes Knie vor ihm beugen.

Aber heute geht es darum, die Herzen der Menschen zu gewinnen. Und dies geschieht mit Dienen, mit Liebe. Die Herrschaft von Jesus ist jetzt noch ein Königreich von unten. Als Christen können in allen Umständen lieben – auch wenn wir eingesperrt sind, wenn das Umfeld intolerant ist, auch im Schatten des Minaretts. Wir sind berufen und frei zu lieben und zu dienen – und die gute Nachricht von Jesus dem Retter zu bringen.

Oft wird vom „Islam“ gesprochen, als wäre er ein einheitlicher Block.
Das ist verfehlt. Es gibt intolerante Muslime. Aber jene Muslime im Nahen Osten und Nordafrika, mit denen ich sprach, versuchen einfach über die Runden zu kommen und für ihre Familie zu sorgen. Sie versuchen den Geboten nachzukommen, beten fünfmal am Tag und geben den Armen. Normale Menschen. Gewalt hat bloss eine verschwindend kleine Minderheit – vielleicht ein bis zwei Prozent – im Kopf. Die meisten Muslime, die ich kennenlernte, sind bereit zum Gespräch und zu Freundschaft. Sie lassen ein Gespräch über Jesus zu – und ich kann sogar mit ihnen beten.

Wenn Muslime Sie, den christlichen Gesprächspartner, als gottesfürchtigen Menschen wahrnehmen.
Ja – und dabei bin ich Amerikaner! Es gibt derzeit im Nahen und Mittleren Osten keinen ärgeren Pass als den amerikanischen. Die Leute dort wollen über Politik reden, sobald sie merken, dass ich Amerikaner bin. Ich bitte um Entschuldigung für das, was die USA getan haben. Ich bedaure, was im Namen von Jesus von den Kreuzrittern verübt wurde. Mir tun die Palästinenser in den Lagern leid, und ich scheue mich nicht, dies zu sagen. Dann versuche ich, für eine Freundschaft Boden zu finden, und erzähle von Jesus. Und ich biete an, persönlich für mein Gegenüber zu beten, und frage, wie ich ihm dienen kann. Und wissen Sie: ich habe noch nie erlebt, dass mir Muslime nicht ihr Herz aufgetan haben!

Ich hatte mit einem radikalen, hasserfüllten Muslim zu tun. Jemand bat mich, ihn zu treffen. Er war ein führender Islamist in dem nahöstlichen Land. Wir trafen uns für eineinhalb Stunden. Er redete die ganze Zeit – ein Strom des Hasses. Ich sass da und hörte zu. Als er endete, drückte ich mein Bedauern über die US-Aussenpolitik und das Leiden der Palästinenser aus. Ich bat ihn, mir das nicht weiter zur Last zu legen. Da änderte sich sein Ton. Er wurde sanft wie ein Baby. Er bat mich, für ihn zu beten! Er fragte mich, ob mehr Leute wie ich kommen und zu den Mullahs in seinem Land sprechen könnten, und sprach eine Einladung an die führende Imam-Schule aus.

So glaube ich an Dialog und Gespräch, Freundschaft und Dienen. Zugleich bin ich bestrebt, Jesus in jedes Gespräch und jede Beziehung, die ich herstellen kann, einzubringen. Leute überreden und zu etwas drängen will ich nicht – das klappt auch nicht. Ich bin in einem anderen Reich, habe die Verantwortung und das Vorrecht, wie Jesus ein Diener zu sein. Jesus liess seine Feinde ihn verspotten und töten. Wir sind dazu da, seinem Vorbild zu folgen, und sollen nicht irdische Waffen in die Hand nehmen…

…solange Jesus nicht wieder kommt, um sichtbar zu herrschen.
Ja. Bei alldem bin ich kein Pazifist. Wir brauchen die Armee und die Polizei. Doch jetzt ist die Zeit, in der wir Christen uns durch Dienen und Demut auszeichnen sollen. So bezeugen wir den Glauben an Christus. Nicht Muslime müssen wir fürchten, sondern Gott.

Datum: 16.07.2007
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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