Vom Holocaust-Leugner zum Friedensengel?

Mahmud Abbas.

Seine Doktorarbeit war ein Werk, welches den Holocaust verleugnet. Nun steht Fatah-Mitgründer Mahmud Abbas als Ministerpräsident an der Spitze der palästinensischen Verwaltung.

Die EU lobte Jassir Arafats Entscheid, Mahmud Abbas (auch als Abu Mazen bekannt) zum Premierminister zu ernennen. Holocaust-Historiker zuckten dagegen zusammen. Grund: Abbas ist Autor eines Buches, dass die Ermordung von sechs Millionen Juden, durch die Nazis, leugnet.

1983 veröffentlichte er ein Buch, dessen Titel heisst aus dem arabischen übersetzt: «Die andere Seite: Die geheimen Beziehungen zwischen Nazismus und der (Führung der) Zionistischen Bewegung». Die Juden seien mit ihren sechs Millionen Holocaust-Toten «hausieren» gegangen, steht darin. In Wirklichkeit seien «nur» zwischen 300.000 und einer Million Juden von den Nazis umgebracht worden. (1) Das Buch wurde nachträglich als Dissertation am Orient-College in Moskau anerkannt.

«Juden wollten Holocaust!»

Den Massenmord an sechs Millionen Juden bezeichnet er als «eine zionistische Fantasie und fantastische Lüge». Laut Abbas wurden «maximal nur 890'000 Juden ermordet, die Opfer eines zionistisch-nazistischen Komplotts gewesen waren.» (2)

Abbas schreibt, von einem Interesse der zionistischen Bewegung, diese Zahl aufzublähen: «Das führte dazu, dass sie diese Zahl betonen, um die Solidarität der internationalen öffentlichen Meinung für den Zionismus zu gewinnen. Viele Forscher haben die Zahl der sechs Millionen diskutiert und sind zu erstaunlichen Schlussfolgerungen gekommen - was die Zahl der jüdischen Opfer auf ein paar Hunderttausend festlegte.» Gemäss Abbas wurde «eine Partnerschaft zwischen Hitlers Nazis und der Führung der zionistischen Bewegung eingerichtet... (Die Zionisten) gaben jedem Rassisten der Welt, angeführt von Hitler und den Nazis, die Erlaubnis die Juden nach Wunsch zu misshandeln, so lange sie die Immigration nach Palästina garantierten.» (3) Die Zionistenführer wollten auch, so Abbas, dass Juden ermordet wurden, weil «mehr Opfer zu haben bedeutete, grössere Rechte und stärkere Privilegien am Verhandlungstisch zu bekommen, wenn die Ausbeute des Kriegs geteilt würde, sobald er einmal vorbei ist. Da aber der Zionismus kein kämpfender Partner war - der Opfer in der Schlacht erlitt - hatte er keine andere Wahl, als Menschen zu opfern, in welchem Namen auch immer, um die Zahl der Opfer zu erhöhen; mit diesen konnten sie dann bei der Abrechnung prahlen.» (4) Zudem bezweifelt er die Existenz der Gaskammern.

In den meisten westlichen Ländern werden Holocaust-Leugner wenig akzeptiert, in Kanada und vielen europäischen Ländern ist Holocaust-Leugnung ein Rechtsverstoss. In den Medien wurde Abbas dagegen hofiert. Ein Dossier der BBC News berichtet über ihn: «Abbas ist ein hoch intellektueller Mann, der Jura studierte, bevor er in Moskau seinen Doktor machte. Er ist Autor mehrerer Bücher.» Die New York Times betitelte Abbas als «einen Juristen und Historiker... Er hat einen Doktor der Geschichte vom Moskauer Orient-College; das Thema seiner Doktorarbeit war der Zionismus.»

Gegenüber der Zeitung «Maariv» sagte Abbas: «Damals herrschte Krieg. Heute würde ich so etwas nicht wiederholen.» Für Israels Regierung war das Thema erledigt. Mit der Unterzeichnung der Osloer Verträge beschloss Jerusalem eine Amnestie zur «terroristischen Vergangenheit» der PLO. (5)

Terror nicht verurteilt

Bei genauerem Hinsehen verurteilt Abbas den Terror als solchen nicht. «Die Intifada muss weitergehen, entlang dem Recht, des palästinensischen Volkes, sich zu erheben und seine Existenz mit allen Mitteln zu schützen. Wenn die Israeli kommen, und auf eurem Land eine Siedlung errichten wollen, ist es Euer Recht dies zu beschützen. Mit allen Mitteln und Waffen, wenn sie zu Euren Häusern kommen. Dies ist das Recht des Aufstands.» (6) Das Zitat gewinnt an Brisanz, wenn man berücksichtigt, welche Landesteile die PLO beansprucht. Der Selbstmordanschlag in French Hill (18. Mai 03), einem der PA unterstellten Teil Jerusalems, bei dem sieben Israeli ums Leben kamen, gehen in Anlehnung an seine arabischen Zitate in Ordnung (7) .Abbas Erklärung, die verlangt, dass Isarel alle gefangen genommenen arabischen Terroristen frei lassen soll, zeigt, dass er es mit der Bekämpfung des Terrorismus nicht ernst meint, stellt die Zionist Organization of America (ZOA) heraus.

Oder doch «Peace Now»?

Abbas gilt für manche Israelis als das geringste der möglichen Übel. Gewisse Hoffnungen scheinen trotzdem nicht fehl am Platz: Abbas war einer der wenigen palästinensischen Politiker, die offen Kritik an Arafat und der Intifada übten. Er sprach von «zerstörerischer Korruption» und von «Verbrechen» im Rahmen der Intifada. Der Volksaufstand müsse «entmilitarisiert» werden.

So verurteilte Abu Mahsen die Methode von «Verbrechern» im Gazastreifen, fünfjährige Kindern mit umgerechnet einem Euro zu verführen, selbstgebastelte Rohrbomben auf israelische Soldaten zu werfen. Abu Mazen behauptete, dass vierzig Kleinkindern dabei die Arme abgerissen worden seien (8).

Zur Person

Abbas (68) gründete mit Arafat die Fatah-Bewegung. Mahm(o)ud Abbas wurde in Damaskus zum Jurist ausgebildet, seine umstrittene Dissertation verfasste er in Moskau am Orient-College. 1993 profilierte er sich als Architekt der Osloer Verträge. Verglichen mit anderen palästinensischen Politikern in Jassir Arafats Umfeld gilt Mahmud Abbas als moderat. So gaben die Terrorgruppen Hamas und Dschihad Ha’Islami bekannt, Abbas nicht anzuerkennen, weil sie ihn ihm nur den Wunschkandidaten der USA und Israels sehen.

Der heutige Ministerpräsident wurde 1935 in der galiläischen Stadt Saffed geboren, 1948 floh er mit seinen Eltern nach Damaskus. Das einstige Elternhaus, in dem sein Vater Muhammad Schafsmilch produzierte, beherbergt heute die lokale Likud-Parteizentrale.

1: Sahm, Ulrich W.; N-TV sowie Stuttgarter Zeitung, beide Freitag, 25. April 2003
2: Nachrichten aus Israel (NAI), Jerusalem, Mai 03
3: «The Other Side: The Secret Relations Between Nazism and the Leadership of the Zionist Movment.» Mahmoud Abbas, 1983, übersetzt vom Wiesenthal Center. Gemeldet u. a. durch Marcus, Itamar; «The Abu Mazen Doctrine – Selective Terrorism», IMRA (Independent Media Review and Analysis); Kfar Saba, 19. Mai 03.
4: «The Other Side: The Secret Relations....
5: Sahm, Ulrich W.; N-TV...
6: Abu Mazen, zitiert in A-Sharq Al Awsat, 3. März 2003
7: Marus, Itamar; «The Abu Mazen Doctrine – Selective Terrorism», IMRA; Kfar Saba, 19. Mai 03.
8: Sahm, Ulrich W.; N-TV

Datum: 30.05.2003
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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