Frauen-Emanzipation im Nahen Osten – mit Christus

Araberinnen

In den orientalischen Kulturen des Nahen Ostens ist die Frau fest an ihre Familie und die Traditionen gebunden. Diese Bindungen lassen ihr nur wenig Spielraum. Der folgende Artikel beschreibt die Herausforderungen für christliche Frauenarbeit im islamischen Umfeld. Er stammt aus der Zeitschrift des Schweizer Zweigs des Missionswerks ‚Weltweiter Einsatz für Christus‘ (WEC) und wurde leicht redigiert.

Bekanntlich gilt es grosse Hindernisse zu überwinden, bis ein Mensch in einem islamischen Umfeld sein Leben Jesus Christus anvertraut. Wenn es dann darum gebt, diese Menschen zu unterstützen, dass sie in einer christlichen Gemeinde Anteil nehmen und ihren Platz finden können, beginnt ein Prozess. Dieser ist wiederum oft mit Schwierigkeiten und Rückschlägen verbunden.

Ich denke an Frauen, die mit ehrlichem Herzen einen Anfang mit Jesus machten. Heute, nur ein oder zwei Jahre später, halten sie sich weit weg von der Gemeinde. Sie haben nicht unbedingt dem Glauben an Jesus abgesagt, aber aus verschiedenen Gründen haben sie gewählt, der Gemeinschaft fern zu bleiben. Was sind wohl die Gründe? Warum zieht es sie nicht mehr in die Gemeinschaft mit andern Geschwistern?

Einfluss der Familie

Da ist einmal der äussere Einfluss von Familie und Gesellschaft. In einer orientalisch beeinflussten Kultur ist es von grösster Wichtigkeit, dass eine Frau ihren guten Ruf bewahrt. Wenn dieser ruiniert wird, so steht die Ehre der ganzen Familie auf dem Spiel, und dies kann für die betreffende Frau schwerwiegende Folgen haben.

Der Ort, wo sich eine Frau aufhält und in wessen Gesellschaft sie gesehen wird, sind zwei Faktoren, die ständig beobachtet werden. Hält sie sich nun zum Beispiel in einem fremden Haus auf mit einer gemischten Gruppe von Frauen und Männern, ohne Begleitung eines Familienmitgliedes, dann kann das schon als unsittliches Verhalten beurteilt werden. Bei uns trifft sich die Gemeinde in privaten Häusern. So kann der Besuch der Gemeindeaktivitäten für eine gläubige Frau zu einer ständigen Zerreissprobe werden. Manche entscheiden sich dann, dem Familien- und Gesellschaftsdruck nachzugeben, und verdrängen das Verlangen nach Gemeinschaft.

Abhängigkeit

Zweitens ist es auch wichtig, die Vergangenheit dieser Menschen zu verstehen. Ihre Kindheit verbrachten sie unter dem Einfluss von politisch missbrauchter Macht. Kontrolle durch Angst und falsche Abhängigkeit haben das Denken, Fühlen und Verhalten dieser Menschen geprägt. Sie tragen sehr tief liegende Verletzungen und verzerrte Vorstellungen mit sich.

Von aussen sind diese nicht so schnell ersichtlich, denn man hat gelernt, die nicht gewünschten Tatsachen zu verdecken. Über Jahre hat man ein Verhalten eingeübt, das jeder Person misstraut, die nicht zur Familie gehört. Die Bürde der Vergangenheit lastet auf Frauen und Männern und hindert die Entwicklung von gegenseitiger Annahme und Vertrauen in der Gemeinde.

Diskriminierung

Zusätzlich tragen viele Frauen die Folgen von Diskriminierung mit sich. In einem Englisch-Sprachbuch der öffentlichen Schule sind die folgenden arabischen Sprichwörter übersetzt: „Natürlich gibt es mehr Frauen in der Hölle“, und „Frauen sind ein notwendiges Übel“.

Wenn diese Redewendungen auch nicht die Meinung aller widerspiegeln, so kann man dennoch erahnen, wie solche von Kind auf eingeprägten Zitate das Leben einer Frau beeinflussen. Direkt oder indirekt bekommen viele zu spüren, dass sie zweitrangig sind. In der Gemeinde kann dies zur Folge haben, dass sie sich entweder als wertlose Glieder zurückziehen oder dem inneren Drang nachgeben, um jeden Preis Macht und Einfluss zu beweisen.

Machtkämpfe

Wenn Frauen unter sich sind, werden oft Machtkämpfe ausgetragen. Dies kommt auch in christlichen Kreisen vor. Solche Kämpfe haben bewirkt, dass sich Christinnen verletzt und verbittert von der Gemeinde distanzierten.

Dies ist eine unvollständige Liste von Gründen. Sie haben zur Folge, dass Persönlichkeiten im Glauben nicht wachsen; die Gemeinde wiederum erleidet einen Verlust, da wertvolle Gaben nicht eingebracht werden. Trotzdem, Gott hat gesagt, dass die Pforten der Hölle die Gemeinde nicht überwältigen können. Dies gilt auch für unsere Geschwister im Glauben hier.

Passende Formen finden

Die Gemeinde – das heisst alle, die wir an dieser Arbeit beteiligt sind – steht vor einer zweifachen Herausforderung: Erstens müssen wir die richtigen Strategien und äusseren Formen finden, wie die Gläubigen zusammenkommen können, damit Männer und Frauen frei sind, aktiv teilzunehmen.

Wenn irgendwie möglich, sollte Gemeinde so gelebt werden, dass sie in der örtlichen Kultur akzeptiert werden kann. Zum Beispiel gilt es die Frage zu lösen, wie es für Frauen (vor allem ledige) möglich ist, an einem Gottesdienst teilzunehmen, ohne dass ihr Verhalten in den Augen der Aussenstehenden in einem fragwürdigen Licht erscheint.

Seelische Heilung

Zweitens muss dem grossen Bedürfnis nach seelischer Heilung Rechnung getragen werden. Wenn eine Gemeinde da ist, in der die Menschen fähig sind, einander zu vertrauen und aufeinander zuzugehen, dann möchte man eher dazu gehören, auch wenn es mit Anfechtung verbunden ist.

Wird man sich der vielen inneren Nöte bewusst, dann kann dies einen schon überwältigen.

Können wir ohne spezifische Ausbildung so Einfluss nehmen, dass innere Heilung geschieht? Ist das nicht ein Vorhaben, das über unsere Fähigkeiten hinausgeht? Ja, so ist es. Doch hier, wo wir nicht mehr weiter wissen, können wir mit der verändernden und heilenden Kraft des Heiligen Geistes rechnen.

Er kann unsere Stunden, die wir mit diesen Leuten verbringen, gebrauchen, um ihnen zu zeigen, dass sie geliebt und wertgeschätzt sind. Er kann unsere Gebete nehmen, um sie durch Gottes Wirken in heilende Kraft umzusetzen. Er kann Gottes Wort, das wir weitergeben, in den verletzten Herzen Wurzeln schlagen lassen, so dass Gottes Wahrheit verzerrte Ideen aufdeckt und das Denken erneuert.

Nichts weniger als diese unendliche Macht des Heiligen Geistes ist nötig, damit auch die Frauen den ihnen von Gott bestimmten Platz in der Gemeinde einnehmen können. Ja, durch ihn ist es möglich.

Datum: 10.04.2003

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