Busse und Vergebung im Islam

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Der Islam kennt nicht nur den strafenden Gott. Allah sei auch "gnädig und barmherzig". Aber wem und unter welchen Bedingungen? Ein genauer Blick in den Koran zeigt auch die Unterschiede zum Gott der Bibel.

Gott ist gnädig und barmherzig

Zu den grundlegenden Aussagen des Koran gehört, dass "Gott gnädig und barmherzig" sei (Sure 4,16). Alle 114 Suren des Koran ausser Sure 9 beginnen mit dieser Einleitung: "Im Namen des gnädigen und barmherzigen Gottes", oder, anders übersetzt, "Im Namen Gottes, des Gnädigen und Barmherzigen". Auf dieses Erbarmen kann ein Mensch stets hoffen. Wenn er gesündigt hat, über seine Sünde Busse tut und sich von ihr abkehrt, wird ihm Gott seine Verfehlungen verzeihen, seien es grosse oder kleine, denn Gottes Barmherzigkeit "kennt keine Grenzen" (Sure 7,156). Sure 3,135-136 verspricht allen gläubigen und bussfertigen Moslems Vergebung ihrer Sünden und den Eingang ins Paradies: "Diejenigen, die, wenn sie etwa Schändliches getan oder sich gegen sich selber vergangen haben, Gottes gedenken und um Vergebung für ihre Schuld bitten - und wer könnte Schuld vergeben, ausser Gott? - und in dem, was sie begangen haben, nicht verharren, wo es ihnen doch klar ist, deren Lohn besteht in Vergebung von ihrem Herrn und in Gärten [gemeint ist das Paradies], unter denen Bäche fliessen und in denen sie ewig bleiben werden. Welch trefflicher Lohn für die, die so handeln!" (Sure 3,135-136; ähnlich Sure 4,110).

Busse ist eine Umkehr zu Gott

Interessanterweise bedeutet der im Koran verwendete Begriff für "Umkehr, Busse, Reue" (arab. "tauba") eigentlich Kehrtwendung. Busse tun, das heisst also nicht nur, der Sünde formell absagen, sondern auch, Gott um Vergebung bitten und mit diesem falschen Tun brechen. Als Antwort darauf wendet er sich dem Sünder wieder gnädig zu und leitet ihn recht. Sure 57,28-29 fasst zusammen: "O Ihr Gläubigen! Fürchtet Gott und glaubt an seinen Gesandten, dann wird er euch den doppelten Anteil an seiner Barmherzigkeit geben. Er macht euch ein Licht, in dem ihr umhergehen könnt, und vergibt euch! Gott ist voller Barmherzigkeit und bereit zu vergeben. Die Leute der Schrift [gemeint sind Juden und Christen] sollen deshalb wissen, dass sie über nichts von der Huld Gottes verfügen, sondern dass die Huld vielmehr in Gottes Hand liegt. Er schenkt sie, wem er will. Gott ist von grosser Huld" (vgl. auch Sure 9,104-106).

Kein Erbarmen für die Ungläubigen

Was aber, wenn der gläubige Moslem ins Gericht kommt, ohne dass er noch zu Lebzeiten seine Sünden bereut hätte? Die meisten moslemischen Theologen meinen, dass Gott ihm dennoch verzeiht und ihn ins Paradies aufnimmt, wenn auch vielleicht erst nach einer gewissen Zeit in der Hölle. Unglaube ("kufr") kann jedoch nicht vergeben werden. Ein solcher Mensch wird auf ewig die Höllenstrafe erleiden. So sagt Sure 4,18: "Auch diejenigen (haben keine Vergebung zu erwarten), die als Ungläubige sterben. Für sie haben wir eine schmerzhafte Qual bereit."

Auch Juden und Christen müssen Busse tun

In diese Kategorie der Ungläubigen fallen alle, die von Gott nichts wissen wollen, sowie die Götzendiener, also Menschen, die mehrere Götter verehren und damit weitere Wesen auf dieselbe Stufe wie Gott stellen. Dazu gehören die Buddhisten und die Hinduisten und alle verwandten Religionen. Aber auch die Juden und die Christen gelten als Polytheisten, als Verehrer mehrerer Götter: Die Juden hätten nach Auffassung des Koran Esra zum Sohn Gottes erklärt haben (Sure 9,30), und die Christen glaubten an drei Götter, nämlich an Gott selbst, an Jesus und Maria als drittet Gottheit. Nach moslemischer Auffassung müsse Maria durch eine Ehebeziehung zu Gott die Mutter Jesu geworden sein - eine für einen Moslem unvorstellbare Gotteslästerung!

Alle diese Polytheisten haben den obersten Grundsatz des Islam verletzt, nach dem es nur einen Gott gibt. Sie können daher per definition nicht gläubig sein. Auf Vergebung können sie erst dann hoffen, wenn sie über ihre Vielgötterei Busse getan und den Islam angenommen haben. Nur wer seinen Unglauben bereut und Moslem wird, kann im Jüngsten Gericht mit Gottes Gnade rechnen.

Die endgültige Abkehr von Gott

In dem Moment, wo ein Mensch sündigt, hat er sich nach Auffassung des Koran von Gott abgewandt und einer Einflüsterung Satans nachgegeben. Seine Busse bewirkt, dass auch Gott sich ihm wieder zuwendet. Der Ungläubige nun wendet sich nicht durch eine Einzelsünde, sondern durch seine ganze Haltung von Gott ab, und diese Abwendung ist endgültig. Deshalb ruft der Koran immer wieder eindringlich dazu auf, die Barmherzigkeit Gottes zu suchen, bevor es zu spät ist und im Jüngsten Gericht die Strafe plötzlich und unerwartet über einen hereinbricht. Denn dann kann kein Ungläubiger mehr auf Gottes Erbarmen hoffen. So sagt Sure 39,53-55: "Sprich: Ihr meine Diener, die ihr gegen euch selber die Übertretung begangen habt! Gebt nicht die Hoffnung auf die Barmherzigkeit Gottes auf! Gott vergibt alle Sünden. Er ist es ja, der barmherzig ist und voller Vergebung. Und wendet euch eurem Herrn voll Reue zu und ergebt euch ihm, bevor die Strafe über euch kommt. Dann habt ihr keine Hilfe mehr zu erwarten! Und folgt dem Besten von dem, was von eurem Herrn zu euch herabgesandt worden ist, bevor die Strafe plötzlich über euch kommt, ohne dass ihr es merkt!"

Ebenso wie vor der endgültigen Abkehr von Gott warnt der Koran vor der absichtlich begangenen Sünde und der berechnenden Reue kurz vor dem Tod: "Nur diejenigen haben bei Gott Vergebung zu erwarten, die in Unwissenheit Böses tun und beizeiten davon umkehren. Gott wendet sich ihnen wieder zu. Gott ist allwissend und weise. Diejenigen aber haben keine Vergebung zu erwarten, die Übles begehen, so dass einer erst, wenn der Tod zu ihm kommt, sagt: 'Jetzt bereue ich' ..." (Sure 4,17-18).

Aus diesen Koranstellen haben moslemische Theologen folgende drei Bedingungen für die Sündenvergebung geschlossen:
1. Der Sünder muss bereuen, weil er gesündigt hat, und nicht aus Berechnung, weil er sich vor Gott und seinem Gericht fürchtet.
2. Der Sünder muss sich fest vornehmen, die Sünde nicht wieder zu begehen.
3. Der Sünder muss in Zukunft jede mögliche neue Verfehlung meiden.

Gottes Erbarmen und die Sühne des Menschen

Und doch ist es mit der Vergebung allein noch nicht getan. Sie hat für den betreffenden Menschen auch praktische Konsequenzen. Wenn er mit seiner Sünde einen anderen geschädigt hatte, so muss der Bussfertige nun Wiedergutmachung leisten. Der Koran enthält dazu etliche Ausführungsbestimmungen; zum Beispiel, wer bei einem Totschlag Sühnegeld zu bezahlen hat. Der Volksislam hat diesen Ansatz dahingehend weiterentwickelt und betrachtet auch bestimmte gute Werke wie zusätzliche Fastentage oder besonders grosszügige Almosen als sühnewirkend.

Der Märtyrertod eines Moslems im Kampf gegen die Ungläubigen tilgt nach dieser Auffassung alle Sünden eines Menschen. Er geht sofort ins Paradies ein und wird nicht wie alle übrigen Moslems erst im Jüngsten Gericht nach seinem Glauben befragt. Ebenso tilgt nach Auffassung des Volksislam eine Wallfahrt nach Mekka alle grossen Sünden und macht den Pilger gottgefällig. Seine Gebete an der Ka'ba, dem grössten islamischen Heiligtum in der Hauptmoschee in Mekka, sind weitaus wirkungsvoller als ein Gebet in einer gewöhnlichen Moschee oder zu Hause. Das Streben nach diesen "guten Werke" kann für den einzelnen Moslem sogar an die Stelle des eigentlichen Glaubens mit all seinen Geboten treten, auch wenn sich sich darüber natürlich nicht pauschal urteilen lässt.

Vergebung aus Allmacht oder aus Liebe?

Ein interessanter Unterschied zwischen Bibel und Koran liegt in der Frage, warum denn eigentlich Gott vergibt. Gemäss der Bibel macht er es aus Liebe zu den Menschen. Sie allein bewog dazu ihn dazu, seinen Sohn Jesus Christus in die Welt zu senden und für die Sünden der Menschen sterben zu lassen: "Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben" (Joh 3,16). Aus Liebe ruft er Sünder zu sich, damit sie durch seine Vergebung mit ihm Gemeinschaft haben können.

Im Koran hingegen ist es nicht seine Liebe, sondern seine Allmacht, aus der heraus er letztlich vergibt. Der Gott des Koran vergibt, wem er will, und nicht als Beweis seiner Liebe. Zwar ist sehr häufig von den Wohltaten Gottes und seiner Barmherzigkeit gegenüber den Menschen die Rede, aber was diesen Gott wirklich kennzeichnet, ist seine Allmacht und seine erhabene Grösse. Er ist nach den Aussagen des Koran so allmächtig, dass es zwischen ihm und dem Menschen, zwischen dem Schöpfer und seinem Geschöpf, niemals einen Vergleich geben kann. Der Mensch kann und darf sich von Gott keine Vorstellungen machen, die dessen Allmacht begrenzen würden. Niemals können wir sein Verhalten im voraus berechnen oder auch nur erahnen, und so kann auch der gläubige Moslem nur darauf hoffen, dass ihm vergeben wurde und er am Jüngsten Tag errettet wird. Es gibt hier keine letzte Gewissheit, denn das würde ja bedeuten, dass der Mensch Gott vorschreibt, wie er nach dem Urteil seiner Geschöpfe zu entscheiden hätte.

Demgegenüber betont die Bibel an vielen Stellen eine tatsächliche Gewissheit der Gläubigen. Sie können wissen, dass sie Gottes Kinder und das ewige Leben erhalten werden: "Wer den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht. Dies habe ich euch geschrieben, damit ihr wisst, dass ihr ewiges Leben habt, die ihr an den Namen des Sohnes Gottes glaubt" (1. Johannes 5,12-13).

Weiterführende Links:
www.islaminstitut.de
www.lausannerbewegung.de

Datum: 23.03.2003
Autor: Dr. Christine Schirrmacher
Quelle: Jesus.ch

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