Karfreitag – muss das sein?

Die blutige Versöhnung

Karfreitag ist nicht einfach zu verdauen. Wer nicht gerade frommer Katholik ist, sich in einen Kreuzweg vertieft oder sonst leidend veranlagt ist, wird mit dem Geschehen von damals seine Mühe haben. War solch ein blutiger Gewaltakt wirklich nötig?  
Ausschnitt aus dem Film «Son of God»
Kruzifix in der Kathedrale von Riberalta (Bolivien)

Was am Karfreitag geschah, ist auch nach 2000 Jahren nicht einfach zu verstehen. Vordergründig wird hier ein guter Mensch nach einem lächerlichen Scheinprozess von den Mächtigen und den Religiösen brutal hingerichtet. Trauriges Ende einer vielversprechenden Karriere. Die Machthaber der Welt reiben sich die Hände (nachdem sie sie erst in Unschuld gewaschen haben) und gehen dann schnell zur Tagesordnung über. Jesus, den Störenfried, sind sie los.

Aber hinter den Kulissen geschieht Gewaltiges. Der Schrei von Jesus «mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen» zeigt, dass hier Ungeheuerliches geschieht. Für einen Augenblick wird die Gottheit auseinandergerissen, der Sohn Gottes muss die Vaterlosigkeit ertragen oder besser gesagt erleiden. Aber auch Gott der Vater erleidet die Sohnlosigkeit – Gott musste quasi sein eigenes Herz zerreissen, um sich der tiefen Gottverlassenheit der Menschen annehmen zu können.  

Schon Jahrhunderte vor diesem Geschehen wurde vorausschauend erklärt: Auf diesen Jesus wird die Schuld der Welt gehäuft (auch Ihre und meine), durch seinen Tod bezahlt – und damit das Tor zu einer neuen Existenz-Möglichkeit aufgestossen. Unsere eigene Gottverlassenheit kann geheilt werden (Prophet Jesaja, Kapitel 53).

Mit anderen Augen gesehen

In der Kathedrale von Riberalta in Bolivien, wo ich wohne, hängt ein Kruzifix, wie ich es noch nie gesehen habe: der, der da am Kreuz hängt, hat die Hände frei und sie zum Segen über die ganze Welt ausgebreitet. Hier ist ein Künstler mal nicht beim Dunklen stehengeblieben, sondern hat den tiefen Sinn des Todes am Kreuz verstanden und quasi in Doppelbelichtung ausgedrückt: Was wie ein Scheitern aussieht, ist in Wirklichkeit ein Riesen-Segen für uns.

Weil Jesus dem Äussersten – dem Tod – nicht aus dem Weg gegangen ist, ist keiner von uns so gottverlassen, dass er nicht zum Vater zurückkehren könnte. Was da geschah, war ein Akt der ultimativen Liebe Gottes! Gott ist über das Böse, über Schuld und Schlimmes nicht einfach weggeschwebt, sondern hat sich mitten reingegeben – und damit die Macht der Schuldverhaftung und des Todes von innen aufgebrochen.

Gnade für die Welt

Eins kann man den Christen nicht nachsagen: dass sie dem Leiden der Welt aus dem Weg gehen. Die Kirche, die im Zentrum ihrer Existenz ein Hinrichtungsinstrument hat, hat sich zu allen Zeiten um Menschen gekümmert, die litten, krank waren, ausgestossen oder sonstwie geplagt wurden. Spätestens seit Karfreitag ist das Christentum keine Schönwetter-Religion. Wer vom Gekreuzigten gepackt wurde, der packt an. Schaut hin. Mischt sich ein.

Vom Gekreuzigten geht Segen über die ganze Welt aus. Heute werden es wieder Tausende sein, die realisieren, dass dieser groteske Justizirrtum und dieses scheinbare Scheitern in Wirklichkeit der Durchbruch ist, der auch in ihrem persönlichen Leben den Teufels-Kreis von Schuld, Scham und Bindung durchbricht. Menschen aus allen religiösen Hintergründen werden heute erkennen, dass dieser Jesus ihre tiefen Wunden heilt und Sehnsüchte erfüllt. Es ist vollbracht. Etwas Neues hat angefangen. Wann steigen Sie ein?

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Datum: 29.03.2018
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Jesus.ch

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