Kreuz

Kreuz ist nicht ein unbestimmtes Leiden. Das Kreuz tragen bedeutet: ausgestossen sein

Das Kreuz im Leben des Jüngers, dessen er sich nicht weigern soll, bedeutet nicht allerlei Ungemach, Not, Druck der Verhältnisse, Krankheit oder sonst das, was man so im allgemeinen »Schweres« nennt. Nicht ein unbestimmtes Leiden hat Jesus im Auge, wenn er vom Kreuz spricht, das sein Jünger tragen soll, sondern ein ganz bestimmtes. »Will mir jemand nachfolgen, der erleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich« (Matth. 16,24).

Ihr Kreuz auf sich nehmen mussten die Verurteilten (so auch Christus selbst). Der Tod am Kreuz war ein ehrloser; der zu Kreuzigende galt als aus der Gesellschaft ausgestossen. Man kreuzigte Menschen wegen Aufruhrs, wegen frecher Verachtung des geltenden Rechts. Der am Kreuz Hängende galt als verflucht (Gal. 3,13; vgl. 5. Mose 21,22.23).

Das Kreuz tragen heisst: gehasst werden als Feind und Verächter göttlicher und menschlicher Ordnung

Jesus sagt seinen Jüngern: Wollt ihr mir angehören, so müsst ihr es von vornherein auf euch nehmen, dass ihr für eure Umwelt, nicht zum wenigsten die fromme, als erledigte, ausgestossene, verfluchte Leute geltet.

Darin steht der Jünger total anders da als der damalige Rabbinenschüler: dieser wird allgemein geehrt als angehender Gelehrter und zukünftige Säule der kirchlichen und bürgerlichen Ordnung. Der Jünger Jesu wird gehasst als Feind und Verächter der geltenden Ordnung, als ein Krebsschaden in Kirche und Gesellschaft; er gilt als Ignorant, als Barbar, der im rohen Unverstand berühmte theologische Traditionen anzutasten wagt.

Das ist das Kreuz des Jüngers. Wer das nicht auf sich nehmen kann, sagt Jesus, der kann mein Jünger nicht sein.

Datum: 10.12.2009
Autor: Ralf Luther
Quelle: Neutestamentliches Wörterbuch

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