Die "Outward Focused Church": Das auf Jesus fernstehende Menschen ausgerichtete Gemeindeleben

Eine etwas ungewöhnliche Gemeindegründung

Als junges Ehepaar verbrachten Georgia und ich sechs Monate bei Freunden in Zentralindien. Satish und Malee Raiborde hatten uns eingeladen, in Nagpur Erfahrungen im Bereich Evangelisation und Gemeindebau zu sammeln. Eines Nachts - wir waren gerade unterwegs von Kalkutta nach Nagpur - schliefen Satish und ich am Strassenrand auf einer Pritsche. Ich hatte das Gefühl, dass Jesus zu mir sprach und mir sagte, Georgia und ich sollten in die Schweiz zurückkehren und eine Gemeinde gründen. Diese werde Tausende von Mitarbeitern in die Arbeit für das Königreich Gottes aussenden.

Am darauffolgenden Morgen erzählte ich Satish von meinem nächtlichen Eindruck. Dieser war begeistert und bestätigte, dass er einen ähnlichen Gedanken gehabt hatte. Zurück in Nagpur erzählte ich Georgia von meinem Erlebnis. Einige Zeit später machte Satish während eines Gottesdienstes eine Sammlung, und wenig später kehrten wir mit 2 000 Dollar und von den Gebeten vieler indischer Freunde begleitet in die Schweiz zurück.

Warum sollten wir jedoch eine Gemeinde gründen, es gab ja bereits in jedem noch so kleinen Dorf bereits eine Kirche? Und ausserdem existierten sie ja schon seit Jahrhunderten. Wie sollten wir nur vorgehen? Sollte ich meine Freunde aus anderen Gemeinden dazu einladen, mit uns eine neue Gemeinde zu gründen? Das schien mir unmoralisch zu sein. Wie hätte ich bestehende Gemeinden schwächen können, um eine neue zu gründen? Doch was war die Alternative? Nun, wir mussten Menschen finden, die Jesus noch nicht kannten oder noch in keiner Gemeinde ein Zuhause gefunden hatten. Uns wurde klar, dass eine Gemeinde Menschen dienen sollte, die noch keine Beziehung zu Jesus Christus haben, und nicht in erster Linie für die Erhaltung des Glaubens von Christen da sein sollte.

Nach einiger Zeit lernte ich bei einer christlichen Veranstaltung drei Leute kennen, mit denen ich einen Hauskreis gründete. Klara war Lehrerin. Sie litt an Depressionen und war noch von spiritistischem Gedankengut belastet. Dann gab es da noch Petra und Rudolf Hostettler. Petra war Alkoholikerin, Rudolf Geschäftsmann und Jazzmusiker. Diese drei Personen baten mich, sie zu begleiten. Petra und Rudolf hatten erst vor kurzem ihr Leben Jesus Christus anvertraut.

Kurze Zeit später war ich mit Freunden in Bern unterwegs. Wir klapperten ganze Strassenzeilen ab, klopften an Türen und suchten eine freie Wohnung. Wir brauchten eine Heim, das genügend Platz für regelmässige Hauskreise, Gottesdienste und Gebetstreffen bot. Schliesslich landeten wir im 15. Stock eines Hochhauses. Meine drei neuen Freunde lebten im gleichen Gebäude, einige Stockwerke unter uns. Ein weiteres Hindernis für die Gemeindegründung war überwunden.

Durch Rudolf kamen Bene und Thesi Müller zum Glauben. Bene ist heute mein bester Freund und Anbetungsleiter in der Vineyard Bern. Weiterhin stiessen noch Victor und Claudia Bregger zu uns, ein junges Ehepaar, das eine neue Richtung für sein Leben suchte. Ursula Moser, eine junge Frau, zog mit uns nach Bern und lud ihre Schwester Cornelia, die heute mit ihrem Mann Markus im Leiterkreis der Vineyard Bern ist, in die neue Gemeinde ein.

Diese Kerngruppe setzte sich nun ein festes Ziel: Die Region Bern sollte mit dem Evangelium durchdrungen werden.

Die Männer der Gruppe trafen sich fünfmal pro Woche zu einem Frühgebet von 6. 00 Uhr bis 7.00 Uhr morgens. Voller Enthusiasmus gingen Bene und ich drei- bis viermal pro Woche nach Bern, um mit Menschen bei Burger King, Wendy's und McDonald's über Jesus zu sprechen. Doch niemand interessierte sich dafür; es war schrecklich. Trotzdem feierten wir mit viel Erwartung unsere Gottesdienste. Es musste doch einmal jemand kommen. Doch nichts geschah.

Einige Monate später fanden wir ein grosses Haus, das in einem vornehmen Vorort von Bern lag und wie für uns gemacht schien. Mit sechs weiteren Personen zogen Georgia, ich und unsere Kinder um. Das Wohnzimmer war 70 Quadratmeter gross. Mit vereinten Kräften bauten wir das Haus um. Alle waren dazu bereit, ihre Kräfte, ihre Gaben und ihr Geld einzusetzen. Wir waren davon überzeugt, wir würden die Welt verändern. Doch immer noch geschah nichts.

Es dauerte rund fünf Jahre, bis sich die kleine Gruppe zu einer Gemeinde mit rund 100 Personen entwickelt hatte. Wir blieben unseren Grundsätzen treu, nicht für uns zu leben, sondern gemeinsam unserer Stadt zu dienen. Gott führte uns Schritt für Schritt vorwärts. Nach einiger Zeit konnten wir durch die Bekanntschaft mit einem Pfarrer in einer evangelischen Kirche Gottesdienste feiern. Später wurde uns die Französische Kirche, eine der grössten Kirchen von Bern, zur Verfügung gestellt.

In der Zwischenzeit sind Jahre vergangen und viel hat sich getan. Hunderte von Menschen sind zum Glauben gekommen. Alleine in den letzten 12 Monaten haben rund 500 Menschen die Entscheidung gefällt, mit Jesus Christus durchs Leben zu gehen. Hunderte von Menschen haben damit begonnen, ihren Glauben in der Nachbarschaft und an ihrem Arbeitsplatz zu bezeugen. Menschen in Not haben Hilfe empfangen. Die zahlreichen Erlebnisse, von denen ich in diesem Buch berichte, zeugen davon, dass Gott gewöhnliche Menschen gebraucht, um sein Reich in eine Stadt und eine Region hineinzutragen. Es ist erstaunlich, was Gott mit einfachen Menschen tun kann, die sich ihm voller Leidenschaft zur Verfügung stellen.

Datum: 31.05.2006
Autor: Martin Bühlmann
Quelle: Gemeinde leben - Gemeinde lieben

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